Steuerdeal: Die hübschen Geschenke werden sich in Luft auflösen

Alle haben etwas gegeben, alle etwas erhalten. Ist die Basler Reform der Unternehmenssteuern der lange gesuchte goldene Kompromiss? Misstrauen ist angebracht.

Mit dem Hinterzimmer-Deal zur Steuerreform wird erneut mit wertvollem Vertrauen gespielt. 

Als die Schweizer Bevölkerung die Unternehmenssteuerreform 3 an der Urne zerstörte, war das ein Sieg des gesunden Misstrauens. Nicht seltsame Finanzinstrumente oder tiefere Steuersätze schreckten die Leute ab. Was zum deutlichen Nein von fast 60 Prozent führte, war das fehlende Vertrauen – in Konzerne, in die Weisheit der Wirtschaftsverbände und die Ehrlichkeit bürgerlicher Wirtschaftspolitik.

Der Tag des Neins war ein grosser in der Schweizer Demokratie. Er zeigte, dass sich die Menschen allem Druck und allen Drohungen zum Trotz von freien Entscheidungen nicht abhalten lassen. Friss oder stirb? Das hat seit dem 12. Februar 2017 ausgedient.

Jetzt steht eine Neuauflage der missglückten Steuerreform an. Und bereits wird in Basel wieder Vertrauen verspielt.

In einem Akt von Kabinettspolitik haben sich die Präsidien aller Parteien bis auf BastA! mit der Regierung auf eine Umsetzung geeinigt und sich schriftlich verpflichtet, für die Reform zu kämpfen. Klar, das Vorgehen sei nicht ideal, heisst es, aber schliesslich gehe es in der Politik doch darum, in schweren Stunden gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Alle an einem Tisch, alle kriegen etwas, alle geben etwas – sieht so nicht der goldene Kompromiss aus?

Noch problematischer als das Vorgehen ist das Resultat. Die Steuerreform ist, wir erinnern uns, nötig geworden, weil die Schweiz ihre Schlupflöcher auf internationalen Druck hin schliessen muss. Eine diskreditierte Steuerpraxis sollte durch eine akzeptierte abgelöst werden, so lautete die Ansage.

Herausgekommen ist nun aber ein Millionengeschenk an die Unternehmen. Alleine in Basel-Stadt werden Firmen mit 100 Millionen Franken im Jahr entlastet. Davon profitieren übrigens nicht die Multis Roche und Novartis, sondern Unternehmen, die gar nicht im Fokus der Reform standen.

Unter dem Strich bleibt eine unappetitlich hohe Steuersenkung, die wir bald zu spüren bekommen.

Immerhin fordert die Basler Lösung eine gewisse Kompensation von der Wirtschaft. Die Aktionäre müssen ihre Dividenden höher besteuern als bisher und die Firmen mehr Kinderzulagen bezahlen. Unter dem Strich bleibt aber eine unappetitlich hohe Steuersenkung, die wir bald zu spüren bekommen werden.

Verzuckert haben die Politiker diese Steuersenkung mit einer Reihe von Ersparnissen für die Bevölkerung. Höhere Prämienverbilligungen, höhere Abzüge, weniger Steuern. So will man eine weitere Abfuhr durch das Volk verhindern. Aber ob sich so das Vertrauen der Menschen erkaufen lässt?

Misstrauen ist durchaus angezeigt. Durch all die Massnahmen wird dem Staat und damit der Gesellschaft viel Substrat entzogen. Aus Rekordüberschüssen in den vergangenen Jahren dürften in den kommenden strukturelle Defizite werden. So prophezeit das jedenfalls die aktuelle Finanzplanung der Regierung.

Das Parlament wird sich in den kommenden Jahren weniger mit dem Gestalten dieser Stadt beschäftigen als mit deren Rückbau.

Finanzdirektorin Herzog und die bürgerlichen Politiker beschwichtigen, die Reform werde dynamische Effekte haben, Steuersenkungen hätten noch jedes Mal höhere Einnahmen bewirkt. Das ist möglich. Doch die heutigen Berechnungen erfolgen in Zeiten der Hochkonjunktur. Kein seriöser Ökonom glaubt, dass diese auf ewig anhält.

Ein Bekenntnis, rote Zahlen und eine höhere Verschuldung in Kauf zu nehmen, leisten die bürgerlichen Parteien nicht. Man muss kein Pessimist sein, um vorauszusagen, dass noch bevor irgendwelche Effekte spielen, heftige Spardebatten folgen werden. Das Parlament wird sich in den kommenden Jahren weniger mit dem Gestalten dieser Stadt beschäftigen als mit deren Rückbau.

Anders als die Steuerrabatte für Firmen dürften sich die hübschen Geschenke an die Bevölkerung, die jetzt verteilt werden, schon bald in Luft auflösen.

Wenn schon die Debatte über die Steuervorlage 17 nicht stattgefunden hat, dann muss zumindest die Frage nach deren Folgen im Parlament geklärt werden. Ansonsten ist dieser Deal nur schwer zu akzeptieren.

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