Der neue Bundesrat ist aus guten Gründen fast der alte.
Geschlagene sieben Wochen lang hatten es vor allem jene Leute schwer, die sich einen Deut um Politik kümmern oder sie zumindest nicht so wichtig finden. Da stellt man den Fernseher ein, schlägt eine Zeitung auf oder klickt auf ein Internetportal – und was schaut einem entgegen? Ein Kopf, der Bundesrat werden will. Und das nach einem monatelangen Wahlkampf um Parlamentssitze.
Jetzt, am 14. Dezember, ist alles vorbei und im Bundesrat bleibt alles beim Alten – mit Ausnahme eines einzigen Wechsels. Alain Berset ersetzt Micheline Calmy-Rey. Es liegt auf der Hand, dass man da zum Schluss kommen kann, es sei etwas viel Aufwand für wenig Ertrag betrieben oder eben viel Lärm für nichts erzeugt worden.
Das ist aber nicht so. Die parteipolitische Zusammensetzung des Bundesrats ist zwar tatsächlich die alte – aber sie musste neu erkämpft, neu begründet werden.
Rein rechnerisch hat die SVP zwei Sitze verdient, egal auf wessen Kosten. Sie ist die grösste Partei, hat den höchsten Wähleranteil. Doch trotz guter Resultate bei den Nationalratswahlen hat sie sich in der Folge dermassen in den Schlamassel geritten, dass die anderen Parteien ihr das inhaltliche Potenzial für einen zusätzlichen Bundesratssitz nicht mehr zutrauen konnten. Es begann damit, dass die SVP ihre führenden Köpfe in aussichtslosen Ständeratswahlkämpfen verheizt hat und dann schlichtweg feststellen musste, dass auf der Ersatzbank keine überzeugenden Leute mehr sassen. Und als dann der eine dieser Ersatzspieler (Bruno Zuppiger) über eine Erbschafts-Affäre stolperte, verwarfen viele Politiker in der Mitte und bei der Linken die Idee, der SVP zu zwei Sitzen zu verhelfen. Dass die Blocher-Partei mit ihrem unverhofften Angriff auf die FDP am heutigen Wahltag den letzten Partner vor den Kopf stiess, rundet das Bild ab, dass sie noch nicht reif ist für zwei Sitze im Bundesrat. Denn wer als Partei in der Regierung mitreden will, braucht ein gewisses Mass an Kompromissfähigkeit und nicht vor allem die Gabe, nach allen Seiten ausschlagen zu können.
In diesem Sinn ist die Einer-Vertretung der SVP in der Landesregierung nicht einfach ein Verharren beim Alten, sondern die in vielen Debatten errungene Einsicht, dass die SVP fachlich und inhaltlich noch etwas zulegen muss, bis sie vollends ernstgenommen werden kann.
Auch der Umstand, dass Eveline Widmer-Schlumpf Bundesrätin bleibt, ist nicht einfach ein Festhalten am Status quo. Als sie vor anderthalb Jahren eigensinnig ins Finanzministerium wechselte, war der Ärger bei der SP, die ihr den Weg in den Bundesrat ermöglicht hat, gross. Damals hätten nicht viele auf eine zweite Amtszeit der Bündnerin gewettet. Auch hier musste der alte Zustand erkämpft werden – in erster Linie durch die ausgezeichnete Arbeit von Widmer-Schlumpf. Ausschlaggebend war aber der Wahlsieg der Mitte-Parteien, die in den Wochen seit den Nationalratswahlen diesen Sitz hartnäckig erkämpften.
Kurz: Es steckt einiges an Auseinandersetzungen, Kräftemessen, Koalitionsabsprachen hinter der Wahl eines Bundesrats, der nun aussieht wie der alte. Aber das muss nicht von Schwäche des Parlaments zeugen, sondern von der Einsicht, dass es sinnvoll sei, statt auf tollkühne Experimente auf Erfahrung und Kontinuität zu setzen. Etwas bieder vielleicht, etwas schweizerisch, aber die Aufgaben der kommenden vier Jahre erfordern Bewährtes.