Volk muss beim Sparen helfen

Die Managed-Care-Vorlage wurde mit gut Dreiviertel Nein-Stimmen deutlich abgelehnt, kein einziger Kanton stimmte der Vorlage zu. Dies mit gutem Grund. 

Die Managed-Care-Vorlage erlitt Schiffbruch. (Bild: Martina Rutschmann)

Die Managed-Care-Vorlage wurde mit gut Dreiviertel Nein-Stimmen deutlich abgelehnt, kein einziger Kanton stimmte der Vorlage zu. Dies mit gutem Grund.

Die Politiker, die an der Vorlage gearbeitet haben, waren sich einer Sache nicht bewusst: Kein Thema ist so lebensnah und emotional wie der Gesundheitszustand der Menschen. Und kein Thema betrifft so viele Menschen – nämlich alle. Der Gesundheitszustand bestimmt das ganze Leben, ist er schlecht, gibt es nichts Wichtigeres, als das zu ändern. In der Hand der Ärzte liegt es, jemanden richtig zu behandeln und zu beraten.

Ärzte sind Vertrauenspersonen, mehr als andere Berufsgruppen. Habe ich ein Problem mit meinem Vermieter, gehe ich zum Anwalt. Der muss mir aus der Patsche helfen, danach sehe ich ihn vielleicht nie wieder. Bei Ärzten ist das anders. Es ist nicht immer leicht, über gesundheitliche Probleme zu sprechen, die einem vielleicht peinlich erscheinen – oder psychische Sorgen auszusprechen. 

Jetzt gilt: Hausärzte stärken

Die Befürworter der Managed-Care-Vorlage haben das unterschätzt. Für sie war vor allem ein Punkt wichtig: das Sparen. Gewiss, im Gesundheitswesen muss gespart werden, aber nicht so. Jeder Patient soll selber entscheiden können, welchen Arzt oder Ärztin er aufsucht. Die freie Wahl soll nicht am Portemonnaie scheitern. 

Gefordert sind jetzt alle Menschen. Wer auf freiwiliger Basis immer zuerst den Hausarzt aufsucht, hilft mit, die Gesundheitskosten im Lot zu behalten. Bei vielen Problemen kann der Hausarzt helfen, ohne dass man zu einem Spezialisten gehen muss. Von letzteren gibt es schon genug. Seit der Aufhebung des Zulassungsstopps für Arztpraxen Anfang Jahr werden wieder an jeder Ecke Praxen eröffnet: Bis Ende Mai haben bereits 856 Spezialärzte eine Zulassung erhalten. Letztes Jahr waren es im gleichen Zeitraum gut 300. 

Wo ein Angebot ist, ist eine Nachfrage. Das muss sich ändern. Und das kann sich ändern, indem jeder Patient und jede Patientin nachdenkt vor dem Arztbesuch. So kann den Politikern bewiesen werden, dass auch ohne Zwang gespart werden kann. Zugleich wird die Rolle der Hausärzte gestärkt. Sie sind die Vertrauenspersonen, sie begleiten einen. Und sie wissen, wann der Spezialist an der Reihe ist.

Ohne das vernünftige Verhalten der Patienten droht eine weitere Keule aus Bern. Möglicherweise eine härtere als die Managed-Care-Vorlage. Das kann verhindert werden – durch Umdenken. Die Vorstellung, den Arztbesuch gleich vor Ort aus dem eigenen Sack berappen zu müssen, reicht. Das Argument, «ich bezahle genug Krankenkasse», zieht nicht mehr. Die Beiträge sind nie gerecht, manche Menschen zahlen auf ein Leben gerechnet viel zu viel. Andere viel zu wenig. Und eben weil das so ist, hat jeder in diesem Land die Möglichkeit auf eine gute Behandlung. Das macht unser System aus. Und das soll auch so bleiben.

Nächster Artikel