Ab dem 12. August ist der Circus Monti in Basel zu Gast. Mit in der Manege steht auch der Basler Artist Jason Brügger. Nachdem er die Zirkusschule in Montreal absolviert hat, führt ihn seine erste Anstellung nach dem Studium zurück in die Heimat.
Jason Brügger wirkt ruhig und bedacht, fast schon schüchtern. Auf den ersten Blick entspricht er so gar nicht den Vorstellungen von extrovertierten Zirkusleuten. Der 22-jährige Basler sagt selbst: «Die Zirkusleute sind ein sehr eigenes Volk.» Doch er könne sich keine bessere Ersatzfamilie vorstellen. Als 18-Jähriger reiste Brügger direkt nach der Matur am Sportgymnasium Bäumlihof für drei Jahre nach Kanada, um die renommierte Zirkusschule in Montreal zu absolvieren.
Diesen Juni hat er die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, nun kehrte er für längere Zeit zurück in die Schweiz: Brügger wurde als Artist im Circus Monti engagiert, einem der grössten und beliebtesten hierzulande. Von August bis November ist er auf Tournee, seit Juni laufen die Proben. Vom 12. bis am 23 August gastiert der Zirkus auf der Rosenthalanlage in Basel.
Als Kind einer zirkusbegeisterten Familie erinnert sich Brügger an viele Monti-Besuche. «Es fühlt sich total komisch an, in einem Zirkus mitzuwirken, der zu den Kindheitserinnerungen gehört», sagt Brügger. Manchmal kann er es kaum fassen, dass er nun selbst in der Manege steht – und ist einfach nur froh, im professionellen Team mit dabei zu sein. «Ich habe einige sehr intensive Jahre hinter mir», sagt er, «doch nach einer Pause habe ich mich bisher nie gesehnt, dafür macht mir die Zirkusarbeit zu viel Spass!»
«Ich erlebe nun endlich das richtige Zirkusleben. Das ist mir jeden Verzicht wert.»
Der junge Artist schätzt sich glücklich, sofort nach dem Studium ein Engagement gefunden zu haben. Die Montrealer Zirkusschule sei zwar generell ein gutes Karrieresprungbrett, doch von Jahr zu Jahr seien es mehr Absolventen – längst nicht alle kämen direkt in einer Produktion unter, sagt Brügger. Der nahtlose Übergang vom Studium ins Berufsleben war aber auch fordernd: «Am 13. Juni bin ich in die Schweiz geflogen, zwei Tage später begannen die Proben.»
In Basel habe er bisher nur wenig Zeit verbracht, viele seiner Freunde habe er gar noch nicht gesehen, seine Familie auch nur kurz. Doch er habe von Anfang an gewusst, worauf er sich mit seiner Berufswahl einlasse. «So ist nun einmal das Zirkusleben», sagt er, «und das endlich einmal richtig mitzuerleben, ist mir jeden Verzicht wert.» Vieles ist für Brügger noch neu und aufregend, so zeigt er uns etwa bei einem Rundgang über das Gelände seinen Wohnwagen mit sichtbarem Stolz.
Entspricht nicht dem Klischee eines extrovertierten Zirkusartisten: Jason Brügger im Gespräch mit der TagesWoche. (Bild: Jonas Grieder)
Artist und Schauspieler
Der Circus Monti hat für Brügger die ideale Grösse für ein erstes Engagement. Bei den grossen Kompanien, wie dem kanadischen Cirque du Soleil, würden die Artisten in schönen Hotels übernachten und vom Aufbau wenig mitkriegen. «Hier im Circus Monti schlafen wir alle auf dem Zirkusplatz, und packen auch beim Aufbau der eigenen Turnelemente mit an.» Dadurch lerne er enorm viel über die ganzen Abläufe. Der eher kleine Zirkus mit rund 60 Mitarbeitenden ist sehr familiär: «Alle haben mit allen zu tun.» Auch den einzelnen Artisten kommt in dieser mittelgrossen Kompanie mehr Beachtung zu: «In einem riesigen Zirkus droht man in der Menge von über 60 Artisten unterzugehen, gerade als Einsteiger. Hier im Monti nehmen alle elf Artisten wichtige Rollen im Stück ein.»
Brügger selbst zeigt im Monti-Programm eine Strapatendarbietung, seine Hauptdisziplin, bei der er an zwei Bändern in der Luft turnt. In der Geschichte, welche die artistischen Nummern verbindet, spielt er Gaby, der mit Daisy zusammen ein Paar aus dem traditionellen Zirkus repräsentiert. «Während ich im Programm nur Augen für meine Partnerin habe, interessiert sie sich auch für andere Männer und ist oft abgelenkt», sagt Brügger. Der junge Artist mag seine Rolle, «man kann so viel daraus machen», sagt er. Denn neben der körperlichen Herausforderung gefällt ihm auch das Schauspiel, darin werde er in dieser Rolle stark gefordert.
Alles andere als entwurzelt
Obwohl Brügger nun seit langem wieder einmal eine längere Zeit in seinem Heimatland verbringt, bekommt er im intensiven Zirkusalltag von der Ausssenwelt wenig mit: «Ich vergesse manchmal fast, dass ich in der Schweiz bin», sagt er lachend. Dazu trägt wohl bei, dass er einige aus Kanada bekannte Gesichter um sich hat. Die beiden Regisseure des aktuellen Stücks «Tourbillon» sind Dozenten an der Montrealer Zirkusschule, zudem wurden neben Brügger drei weitere Artisten aus seiner Abschlussklasse engagiert. Auf die Zeit in Basel habe er sich sehr gefreut, «an eine Vorführung kommen 20 meiner Freunde, das macht mich schon ein bisschen nervös», sagt er.
Es bedeutet ihm viel, mit seinem ersten beruflichen Engagement ausgerechnet in der Heimatstadt aufzutreten. Denn im Gegensatz zu vielen Kollegen, die im Studium nicht einmal während den Semesterferien nach Hause reisten, ist Brügger alles andere als entwurzelt. «Die Kontakte mit meiner Familie und meinen Freunden liegen mir am Herzen», sagt Brügger.
Doch bei aller Liebe zu Basel und der Schweiz: Wenn der Vertrag beim Circus Monti ausläuft, zieht es Brügger wieder ins Ausland, das weiss er schon jetzt. Denn seine Lust, andere Länder und Kulturen kennenzulernen, war mit ein Grund, weshalb er beim Zirkus landete. Wohin es als nächstes gehen soll, will Brügger noch nicht festlegen. «Mein Back-up-Plan wäre Brasilien, nicht schlecht, oder?»
Jason Bruegger – Aerial Straps from Jason Bruegger on Vimeo.