Eva Herzog (SP) leitet seit fast zwölf Jahren das Finanzdepartement des Kantons Basel-Stadt. Ihre Aussichten, vier weitere Jahre zu regieren, sind gut. Und 2019 könnte noch Höheres auf Herzog warten.
Eva Herzog hat einen schlechten Ruf unter Journalisten. Auf Persönliches angesprochen, verdreht sie die Augen. Wer ein Detail zur Steuerpolitik falsch zitiert, erntet einen Rüffel. Launisch, unnahbar, ungehobelt – das sind die Adjektive, mit denen sie von Journalisten beschrieben wird.
Unter Politikern und Wirtschaftsbossen hat die mächtigste Frau von Basel hingegen einen guten Ruf. Selbst politische Gegner sind voller Ehrfurcht und schätzen ihren politischen Stil – unnachgiebig, schlagfertig, tough.
Herzog nennt ihre Ausbrüche Engagement und Temperament: «Man weiss bei mir immer, woran man ist.» Und wenn ihr etwas rausrutsche, würde sie sich danach hinstellen und entschuldigen.
Bestes Ergebnis 2012
Ihre direkte Art hat die 54-Jährige weit gebracht. Seit fast zwölf Jahren kontrolliert die Sozialdemokratin die Finanzen des Kantons und präsentiert Erfolg um Erfolg. Im Oktober will sie für weitere vier Jahre im Finanzdepartement bestätigt werden.
Dass sie das schafft, ist so gut wie sicher. Vor vier Jahren wurde sie mit dem besten Resultat wiedergewählt, eine Mehrheit der TagesWoche-Leser sah sie im März erneut als beste Kandidatin – auch für das Regierungspräsidium.
Doch dieses schlägt Herzog aus. Repräsentieren und Cüpli trinken – damit wäre sie wohl unterfordert. Herzog braucht ein Projekt, in dem sie aufgehen kann. Ihr Projekt, das ist die Unternehmenssteuerreform III. Kaum jemand kennt die Details der Reform so genau wie Herzog, niemand verbindet damit so viel Herzblut wie sie. Und fast jedes Gespräch endet in einem zehnminütigen Monolog zur Megareform.
Beim Thema Unternehmenssteuerreform blüht die Finanzdirektorin auf. (Bild: Nils Fisch)
«Wenn die Unternehmenssteuerreform nicht wäre, hätte ich als Finanzdirektorin vielleicht schon Routine-Gefühle entwickelt», sagt sie. Herzog braucht die Herausforderung, die komplexen Steuerfragen, die sie in zwei Sätzen so herunterbrechen kann, dass sie am Stammtisch verstanden werden.
Ihr Engagement für die Steuerreform sagt viel aus über die Finanzpolitikerin. Es zeigt ihren Pragmatismus und den Willen, im Zweifelsfall vom Kurs der eigenen Partei abzuweichen. Denn die SP sammelt Unterschriften gegen die Reform, Herzog verteidigt sie mit allen Mitteln.
Hier zeigt sich auch die wirtschaftsliberale Seite der gebürtigen Prattlerin. Nichts nervt Herzog so sehr wie der Vorwurf, sie mache eine bürgerliche und keine soziale Finanzpolitik: «Bürgerliche Finanzpolitik geschieht immer nach demselben Muster: Einnahmen runterfahren, dabei einzelne Gruppen steuerlich bevorzugen und dann mit unschuldigem Blick auf die Schuldenbremse die Ausgaben runterfahren, sprich die Leistungen für alle kürzen.» Das habe sie in Basel nicht gemacht.
Beliebt unter Bürgerlichen
Vielmehr habe man in den vergangenen elf Jahren Schulden abgebaut, Ausgaben massvoll gesteigert und Steuern gesenkt, als der Handlungsspielraum gegeben war. «Warum es bürgerlich sein soll, wenn man dabei auch den Unternehmen gute Bedingungen bieten will, verstehe ich nicht.» Denn die Unternehmen schafften Arbeitsplätze und zahlten Steuern – «und das kommt doch der Bevölkerung erst recht zugute».
Es sind solche Sätze, die die linke Finanzdirektorin auch bei Bürgerlichen beliebt machen. Der CVP-Grossrat Oswald Inglin sagt: «Herzog hat stets das Gesamtinteresse des Kantons vor Augen. Ihre Art, mit den Finanzen umzugehen, hat sich, seit sie im Amt ist, bewährt.»
Auch der ehemalige Novartis-Chef und Beinahe-SVP-Regierungsratskandidat Pascal Brenneisen hat nur lobende Worte für Herzog übrig: «Ich erlebte Eva Herzog als konziliante, konstruktive und lösungsorientierte Politikerin.»
Fragen, die ihr familiäres Umfeld betreffen, beantwortet Herzog nur widerwillig. (Bild: Nils Fisch)
Herzog ist die Antithese zur SP-Ständerätin Anita Fetz. Fetz spricht laut und überall, wo es etwas zu sagen gibt. Herzog spricht leise und nur dort, wo sie etwas zu sagen hat – was natürlich auch mit ihrem Amt als Exekutivpolitikerin zusammenhängt.
Und ausgerechnet die leise Finanzdirektorin schielt auf die Nachfolge der lauten Ständerätin. 2015 stand Herzog für den Ständerat bereit. Sie spielte jedoch ein undurchsichtiges Spiel. Eine Gruppe um Herzog stimmte damals gegen die Aufhebung der Amtszeitbeschränkung von Fetz – und damit für einen Wechsel im Ständerat. Doch der Putschversuch scheiterte. Am Ende stimmte eine Mehrheit der SP-Delegierten für längere Amtszeiten und Fetz blieb deswegen Ständeratskandidatin. Herzog trat nicht gegen Fetz an.
Rückblickend sagt Herzog: «Es wäre ein guter Zeitpunkt für einen Wechsel gewesen. Ich war elf Jahre im Regierungsrat, für mich hätte jemand nachrücken können.» Es sei jedoch «keine Existenzfrage» gewesen, da ihr auch ihr Amt als Regierungsrätin gefalle und es ihr wichtig sei, die rot-grüne Mehrheit im Regierungsrat zu halten.
Verhältnis zu Journalisten bleibt kompliziert
Wer weiss, vielleicht stelle sie sich 2019 als Ständeratskandidatin zur Verfügung, sagt Herzog. «Für mich ist das eine Option. Ich habe aber nie so weit geplant und bin damit bis jetzt recht gut gefahren.»
Das Gespräch in den Räumen der TagesWoche endet nach eineinhalb Stunden. Herzog stellt sich dem Fototermin. «Ich kann auch freundlich schauen, wenn Sie wollen», sagt sie zum Fotografen. Dann eilt sie zum nächsten Termin.
Eine halbe Stunde später schreibt sie eine E-Mail, die beginnt: «… und schon habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich ungehalten war, sehen Sie, so ist es immer!» Danach folgen zwei weitere Mails, in denen sie mögliche Missverständnisse vorab klären will.
Nach Autorisierung der Zitate und zusätzlichen Fragen umfasst der Mailverkehr rund 30 E-Mails. Das Verhältnis zwischen Herzog und Journalisten bleibt kompliziert.
Was beschäftigt die Basler Bevölkerung aus Ihrer Sicht am meisten?
Für die Menschen steht sicher an erster Stelle, eine Arbeit zu haben und dass die Kinder eine gute Ausbildung bekommen. Dafür setzt sich Rot-Grün seit zwölf Jahren erfolgreich ein.
Wieso sollte man ausgerechnet Sie wählen?
Ich stehe für einen sorgfältigen Umgang mit den Staatsfinanzen. Seit Rot-Grün im Regierungrat in der Mehrheit ist und ich dem Finanzdepartement vorstehe, schreibt Basel-Stadt schwarze Zahlen.
Welches Buch liegt auf Ihrem Nachttisch?
Das ist eine «Gala»-Frage…
Steckbrief:
Geboren:1961
Im Regierungsrat seit: 2005 (Finanzdepartement)
Werdegang: Studium in Geschichte, Wirtschaftswissenschaft und Spanisch, danach Promotion (Titel: «Frisch, frank, frau – Frauenturnen im Kanton Basel-Landschaft. Ein Beitrag zur Sozialgeschichte des Breitensports»), später Mitglied im Leitungsteam der Kulturwerkstatt Kaserne und Koordinatorin des Vereins Frauenstadtrundgang Basel. Danach Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Vizerektorat Forschung der Universität Basel. Ab 1999 im Verfassungsrat, 2001 in den Grossen Rat und 2004 in den Regierungsrat gewählt.
Familiäres: Lebensgemeinschaft mit Thomas Müller, zwei gemeinsame Kinder. Die Familie lebt im Neubad.
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Die TagesWoche porträtiert während dem Wahlkampf alle bisherigen Regierungsräte und neuen Kandidaten. Demnächst im Porträt: Conradin Cramer (LDP).