«Kreativität ist mega anstrengend» – Dominik Asche ist Radioreporter, KV-Stift und Fotograf

Zur Kultur zwang ihn das KV. Nun kennt Radio-X-Lehrling Dominik Asche (17) bereits die Polit-Prominenz beider Basel und mit seiner ersten Fotoausstellung macht er den ersten Schritt auf seiner grossen Mission: Stadt und Land vereinen.

Dominik Asche

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Zur Kultur zwang ihn das KV. Nun kennt Radio-X-Lehrling Dominik Asche (17) bereits die Polit-Prominenz beider Basel und mit seiner ersten Fotoausstellung macht er den ersten Schritt auf seiner grossen Mission: Stadt und Land vereinen.

Abstimmen darf er noch nicht. Und auch für die meisten Clubs und Konzertlokale ist er zu jung. Dennoch ist Dominik Asche in Basel omnipräsent. Sein Auftreten in Signalorange, mit Metallbrille und Kahlkopf sticht ins Auge. «Ich möchte mich nicht in Szene setzen», sagt Asche und fragt: «Warum kleiden Erwachsene Kinder bunt, sich selber aber nicht?»

Mit den Farben will er dem gängigen Grau der Gesellschaft etwas entgegenhalten. Die Glatze sei einem missglückten Besuch beim Coiffeur geschuldet. Doch nun ist sie wie die Brille sein Markenzeichen – und Statement gegen Vorurteile: «Mit Glatze halten mich viele für krank. Das ist so falsch, wie die Annahme, dass alle Dreadlock-Träger kiffen.» Da arbeitet einer störrisch an seiner Individualität, wie es sich für einen kritischen jungen Geist gehört.

Asche ist kein cooler Schnösel, der sich in die Szenen dieser Stadt einschleichen will. «Party zu feiern ödet mich an. Ich mag mich nicht kaputt trinken», grenzt er sich von vielen Gleichaltrigen ab.

Landkind, Einzelkind und Einzelgänger

Seit eineinhalb Jahren muss er trotzdem regelmässig an Anlässe, als rasender Reporter, auf Geheiss vom Radio X. Dort hat er sich nach der Schule für eine kaufmännische Lehrstelle beworben. Die bekam Asche vom Sender mit der Auflage, erst ein einjähriges Radiopraktikum zu machen, damit er einmal im Büro weiss, wie der Betrieb funktioniert und was draussen geht.

Vom kulturellen und politischen Leben der Stadt hatte Asche davor kaum einen Schimmer. Aufgewachsen in Rodersdorf, bezeichnet er sich als Landkind, Einzelkind und Einzelgänger, der die Masse meidet. Das Radio X kannte er nicht. Der Tipp kam von seiner Lehrerin.

Eigentlich wollte er ja Fotograf werden. Doch gibt es in der Region Basel kaum mehr Lehrbetriebe, und mit der Schule in Zürich hätte er vom Land wegziehen müssen, was für ihn keine Option war. Also entschied er sich für eine sichere Grundausbildung und dachte: Ob Foto oder Mikrofon – Hauptsache Medien.

Trotzdem war das Praktikum für Asche alles andere als eine Tortur: «Das war die interessanteste Zeit meines Lebens. Durch meine Rolle beim Radio lernte ich so viel Neues wie in den 15 Jahren davor und hatte das Privileg, Menschen zu erfahren, an die ich sonst gar nicht herangekommen wäre.»

Asche mag Menschen, nur nicht in der Masse.

Ein Misanthrop ist er nämlich nicht. Asche mag Menschen, nur nicht in der Masse. Er liebt das Zuhören und das Analysieren. Schon früh lauschte er den Problemen am Erwachsenentisch statt mit anderen Kindern zu spielen.

Er mag auch Diskussionen – am liebsten, wenn er im Recht ist, denn er versucht immer, sich und die Situation unter Kontrolle zu behalten. Schokoladenkuchen mag er wegen den Schmutzfingern nicht mit blossen Händen essen, und wenn die Ampel vor der Nase auf Rot springt, versucht er sich nicht zu nerven: «Es bringt ja nichts.»

Mit diesem Selbstverständnis machte es Asche auch nichts aus, als er für den ersten Radioauftrag gleich ins kalte Wasser geworfen wurde. Als 16-Jähriger musste er ohne grosse Qualifikationen gleich den Baselbieter Ständerat Claude Janiak interviewen.

Doch war er bestimmt gewissenhafter vorbereitet als all jene Reporter, die ihn im Abstimmungszentrum bei den Basler Wahlen letzten Herbst mit einem Regierungsrat verwechselten, der die gleiche Frisur trägt. Zwar ist Asche seit letztem August KV-Stift, doch das bedeutet nicht, dass er seine Tage nur im Büro verbringt.

«Die Masse braucht anscheinend Lichtgestalten, um sich zu messen. Aber jeder hat doch etwas Spezielles.»

Heute trifft man Asche längst nicht mehr nur mit Mikrofon an. Immer öfter zieht er mit der Kamera los, etwa für die Kunsthalle Basel. «Ich nahm für eine Radioreportage die Kamera mit, um den Beitrag auf Instagram zu bebildern.» Die Kunsthalle übernahm eines der Bilder für die eigene Website, fragte nach mehr Fotos und engagiert ihn seither regelmässig.

Auch für das Sommercasino, das Imagine Festival oder im Badhüsli dokumentiert Asche kulturelle Veranstaltungen von und für Junge. «Viele Freunde verstehen nicht, dass ich an Wochenenden abends arbeite – und erst noch freiwillig. Aber mich interessiert es und ich bin sicher, das bringt mich weiter.»

Mit dem Praktikum änderten auch seine Motive: «Vor vier Jahren fotografierte ich vor allem Blumen und Sonnenuntergänge, heute fokussiere ich auf Menschen.» Es muss nicht unbedingt Polit- oder Kultur-Prominenz sein: «Die Masse braucht anscheinend Lichtgestalten, um sich zu messen. Aber jeder hat doch etwas Spezielles.»

15 solcher Geschichten von Menschen aus seiner realen Umgebung sowie Facebook-Bekanntschaften, von denen er mehr wissen wollte, präsentiert Asche nun in seiner ersten Ausstellung, zu der er auch ein 44 Seiten starkes Heft mit 93 Fotografien produziert hat.

Städter, raus aufs Land!



Der Titel 6515/15 spielt mit der Einheitsbreinummer 0815, steht aber für die Anzahl Worte, welche die 15 Frauen und Männer zwischen 14 und 76 Jahren über sich selbst geschrieben haben. «Schreibt eine A4-Seite zu: Was macht mein Leben aus», war Asches Vorgabe.

Er begleitete die Menschen dann mit seiner Kamera zu Orten, welche die Porträtierten definieren. 53 Bilder daraus hängen mit den Texten ab Samstag im Gemeindesaal Rodersdorf.

«Ich will die Städter auf das Land locken», erklärt Asche den Veranstaltungsort. Wenn sie doch so spontan und offen sind, sollen die Basler ruhig mal ins Leimental fahren. Dort gibt es nebst der Ausstellung auch das lokale Stocha Bräu zu entdecken und man kann den Ausflug mit einem wunderbaren Spaziergang kombinieren – ein weiterer Grund, warum Asche nicht in die Stadt ziehen will.

Eine Wohnung kann sich der Lehrling ohnehin nicht leisten und «für eine WG bin ich zu sehr Einzelgänger». Doch was macht er nun, da die Lehre begonnen hat und er vermehrt in der Administration verschwindet, mit seiner Leidenschaft für Medien und Menschen? «Kreativität ist mega anstrengend. Da ist eine Kopfpause vielleicht ganz angenehm.»

Dem Fotografieren und den Reportagen wird er dennoch weiter frönen, «doch habe ich dann immerhin eine Ausbildung in der Hinterhand». In der Kontrolle liegt die Kraft.

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Samstag, 21. Januar, 13 Uhr, Vernissage 6515/15, Gemeindesaal. Leimstr. 2, Rodersdorf.
http://dominikasche.ch/My-work

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