Der Historiker Beat von Wartburg hat seine ganze Berufskarriere bei der Christoph Merian Stiftung gemacht. Am 1. Juni wird er Direktor.
Wenn immer man sein verschmitztes Lächeln sieht, vermittelt einem Beat von Wartburg das Gefühl, als habe er etwas Verbotenes angestellt. Nur distanziert wirkt er nie. Ob spätnachts mit einer Bierdose in der Hand wie an der Oslo Night letzten Samstag auf dem Dreispitzareal oder an einem förmlicheren Anlass – von Wartburg ist immer für einen lockeren Schwatz zu haben. Der neue Direktor der Christoph Merian Stiftung (CMS) hat eine gesunde Portion Humor, nimmt sich selber nicht zu wichtig und zählt zu den geselligen und unverkrampften Typen.
«Angenehm aufgeregt» sei er wegen seines neuen Jobs, meint der 55-Jährige in seinem soeben bezogenen Büro in der St.-Alban-Vorstadt. Seit einem halben Jahr steht bereits fest, dass von Wartburg der neue Chef der CMS wird. Er merke, dass er seither anders angeschaut werde, sagt er. «Ich konnte jedoch schon als Leiter der Kulturabteilung damit umgehen, dass man aufgrund des Portemonnaies der Stiftung geschätzt wird und nicht persönlich.» Es gehöre zu diesem Job, dass Gesuchsteller eben netter zu einem seien.
180 Personen wollten den Posten von Christian Felber, der am Mittwoch vorzeitig in Pension ging – von Wartburg hat sich durchgesetzt. Zu seinem eigenen Erstaunen, wie er selber sagt. Eigentlich hatte der Historiker andere berufliche Pläne. 2013 beendete er eine Ausbildung als Organisationsentwickler und wollte die letzten Jahre vor seiner Pensionierung als Berater arbeiten. Doch nachdem Felber überraschend seinen Rücktritt bekanntgegeben hatte, konnte er gar nicht anders, als sich für diese «einmalige Stelle» zu bewerben.
Selbstbewusster Sesselkleber
Von Wartburg ist ein Sesselkleber, sein ganzes Berufsleben verbringt er schon bei der Christoph Merian Stiftung. «Ich habe mich auch gefragt, ob ich etwas falsch gemacht habe. Es ist unüblich, dass man so lange am gleichen Ort bleibt», räumt er ein. Aber er habe so unterschiedliche Sachen bei der CMS gemacht, dass es ihm nie langweilig geworden sei. Und andere Jobs, die er hätte haben können, seien nicht so attraktiv gewesen. «Ich wäre blöd gewesen, wenn ich die Stelle gewechselt hätte.»
Angefangen hat von Wartburg ganz unten bei der Stiftung. Nach seinem Geschichtsstudium («die Welt der Vergangenheit hat mich schon als Kind fasziniert») suchte er sich eine Stelle, die es ihm erlaubte, nebenbei die Dissertation über den Politiker und Historiker Peter Ochs zu schreiben – und so landete von Wartburg 1988 im Keller der CMS. Drei Jahre räumte er dort das Archiv auf, wurde anschliessend «Stadtbuch»-Redaktor und dann Leiter des Christoph Merian Verlags.
Seit 2006 ist er Chef der Kulturabteilung – und nun, am 1. Juni, übernimmt er den ganzen Laden mit seinen 136 Mitarbeitenden. Er wäre auch noch ein paar Jahre bei der CMS geblieben ohne die Ernennung zum neuen Direktor, sagt von Wartburg. «Die Situation wäre schon komisch gewesen. Aber ich wäre nicht gegangen, dafür fühle ich mich der Stiftung zu stark verpflichtet. Ich identifiziere mich mit ihr.»
Gärtnern als Ausgleich
Der Abschied von der 13-köpfigen Kulturabteilung fällt von Wartburg schwer. «Ich habe mich mein ganzes Berufsleben für die Kulturförderung eingesetzt. Das Ende dieses Abschnitts erfüllt mich auch mit Wehmut», sagt er. Nun gehe es bei seiner neuen Stelle nicht mehr primär darum, Geld auszugeben, sondern auch welches einzunehmen. «Gerade der Immobilienbereich ist ein wichtiges Fundament der Stiftung. Insbesondere die ganze Entwicklung Dreispitz ist eine grosse Herausforderung.» In Teilen des Dreispitz werden Wohnungen für 3000 Personen und 6000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen.
Auf die Frage, ob die Kultur aufgrund seiner Vergangenheit künftig einen grösseren Stellenwert bei der CMS haben wird, antwortet von Wartburg: «Vielleicht in einer Form – etwa in der Unternehmens- oder Baukultur. Kulturelles Verständnis in andere Bereiche der Stiftungstätigkeit hineinzubringen, kann nie schaden.»
Von Wartburg scheint keiner Fliege etwas antun zu können, er mag es harmonisch. Er finde, dass man auch mit Humor und Harmonie zum Ziel kommen könne, meint er. «Ich liebe es jedoch trotzdem, über Themen streiten zu können.»
Seine Wurzeln hat Beat von Wartburg im Kleinbasel. Dort fühle er sich zu Hause, sagt er. Seit seiner Kindheit marschiert er als Pfeifer einer Kleinbasler Clique mit. Inzwischen lebt er jedoch in Riehen, weil er dort das Elternhaus übernehmen konnte. Mit dem Erbe hat er auch ein neues Hobby gefunden – das Gärtnern. «Das ist für mich ein wahnsinnig schöner Ausgleich zum Berufsalltag», erklärt er mit seinem unverwechselbaren Grinsen.