Die Rega-Basis auf dem EuroAirport Basel Mulhouse Freiburg ist Rettungsstützpunkt, Hangar und Wohnzimmer für hochspezialisierte Experten. Keine andere Basis der Schweiz fliegt mehr Einsätze als die «Rega 2».
Ein Rettungssanitäter der Rega muss ein Tausendsassa sein. Er assistiert nicht nur dem Notarzt und bedient die Winde, wenn ein Verunfallter aus der Luft zu retten ist. Er unterstützt den Piloten beim Navigieren, hält Funkkontakt mit der Einsatzzentrale in Zürich, überwacht den Luftraum. Und – gemeinsam mit den Kollegen – staubsaugt er, kocht und macht das Bett.
Einer von ihnen ist Jean-Jacques Erne, gleichzeitig Leiter der Rega-Basis am EuroAirport Basel Mulhouse Freiburg. «Wir sind hier wie eine Familie, eine richtige, kleine Wohngemeinschaft, und da muss man halt auch mal einen Staubsauger in die Finger nehmen», sagt er lachend. Die Dienste dauern 24 oder 48 Stunden am Stück. Da bleibt in der Regel etwas Zeit zwischen den Einsätzen. Zeit, die das Team, das jeweils aus Notarzt, Pilot und Rettungssanitäter besteht, nicht ausschliesslich auf Einsätzen verbringt.
Jeder Handgriff muss sitzen
Natürlich gibt es auch viel im Büro zu tun, das Administrative braucht Zeit, das Wetter ist stets im Blick. Und jeden Morgen müssen das medizinische Equipment und der Helikopter gründlich gecheckt werden, ein Eurocopter EC 145, HB-ZRA. Er ist die Alphamaschine unter den Rega-Helis und der älteste der Flotte. Seit 2003 ist er im Einsatz. 6000 Flugstunden hat er in den Rotoren. «Ein guter Heli», zwinkert Erne, «wir wollen keinen anderen.»
Die Beziehung von Mensch und Maschine ist wichtig bei der Schweizerischen Rettungsflugwacht. Um Leben zu retten, bedarf es ebenso des vollen Vertrauens in die Technik wie in die Mitstreiter. Hat einer die Nacht schlaflos verbracht oder ist einer gesundheitlich angeschlagen, müssen die anderen das wissen. Denn im Einsatz muss jeder Handgriff sitzen. Deshalb gilt es auch, die gesetzlich geforderten Ruhezeiten einzuhalten. So kommt es vor, dass das Team für einige Stunden nicht in den Einsatz geschickt wird. Dann springen die Kollegen aus Bern, Zürich oder St. Gallen ein.
Stets startklar
Der Tag beginnt mit einer Personenkontrolle. Gürtel, Jacke, alles Metallische müssen vom Körper. Die Basis liegt auf dem Flughafengelände. Für die Mitarbeiter gelten praktisch dieselben Regeln wie für Fluggäste. Während des Frühstücks findet das allmorgendliche Briefing statt. Tête de Moine steht auf dem Tisch, Nutella und frisches Brot. Die Kaffeemaschine surrt, während sich Notarzt Michael Casanova und Pilot Stephan Bühler unterhalten.
Einer von ihnen wird auch das Mittagessen kochen, einer das «Znacht». «Man bringt dann gleich für alle etwas mit, für Kantinenbesuche reicht die Zeit nur selten», sagt Erne. Oft genug komme es vor, dass der Alarm just dann aufheult, wenn die Mahlzeit gerade auf dem Tisch stehe. Aus diesem Grund, sagt Erne, koche man auch nicht zu aufwendig.
Der Alarm ist eigentlich vielmehr ein Funk. Der piepst, dann spricht die Einsatzzentrale. Danach geht alles schnell. Sind ungefährer Einsatzort und Einsatzgrund übermittelt, geht es in die Luft, den Rest erfahren die Retter unterwegs. Keine fünf Minuten brauchen sie, um vom Esstisch in der Luft zu sein, nachts sind 30 Minuten vorgeschrieben, «doch wir brauchen oft weniger», sagt Erne. Ein Leben auf dem Sprung.
Dauernd im Einsatz
An diesem Morgen bleibt es für einmal ruhig. Durchschnittlich werden ab der Basis Basel aber drei Einsätze pro Tag geflogen. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt 1099 Einsätze, bis Ende April bereits mehr als 400. Über die vergangenen drei Jahre hat keine der zwölf Rega-Basen mehr Einsätze geflogen als die «Rega 2» im Dreiländereck. Und sie fliegt als Einzige auf ausländischem Boden.
Das Einsatzgebiet ist gross. Es reicht bis ins Solothurnische, bis Aarau, Porrentruy, Waldshut und Freiburg im Breisgau. Bis vor ein paar Jahren gehörte das Elsass bis hinauf nach Mulhouse ebenfalls zum Perimeter. Nun hat das Département Haut-Rhin dort seine eigene Maschine stationiert. Die Grösse des Einsatzgebiets und die enge Zusammenarbeit mit dem Land Baden-Württemberg sind die Hauptgründe für die zahlreichen Einsätze. Rund die Hälfte davon sind Verlegungen von Patienten von kleineren Spitälern in Zentrumskliniken, die andere Hälfte grösstenteils Verunfallte sowie Herz- und Hirnschlagpatienten.
Mit dem Klischee des roten Rettungshelis in verschneiter Berglandschaft hat das alles wenig zu tun. Die höchsten Berge, die von Basel aus angeflogen werden, sind im Jura.
Jean-Jacques Erne erzählt von der Arbeit, die oft aufreibend, stets aber auch befriedigend sei. Überhaupt gebe einem der Beruf bei der Rega viel. «Manchmal hat man allerdings auch Mühe, Erlebtes zu bewältigen. Einen Psychologen haben wir hier aber noch nie benötigt. Wir führen Gespräche, verarbeiten gemeinsam – wie in einer Familie eben.»