Schnaufen, schwitzen und pudern: An der Fitnessexpo geht es längst nicht nur um Sport. Makelloses Aussehen zählt mindestens genauso viel. Ein Rundgang.
Das rechts gibts mit dem links (und mit fünfmal Training die Woche, sagen hauptberufliche Knackpos).
(Bild: Alexander Preobrajenski)Doppelt wertvoll: Das Proteinpulver dieses Herstellers lässt sich nicht nur konsumieren, sondern auch stemmen.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Wer fit werden will, muss leiden und sich in eine angriffig bemusterte Yogahose quetschen.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Elektrisiert vom harten Training: Teilnehmerin der Fitnessmesse.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Macht einfach Spass: Fäuste verteilen.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Kann jeder: Kungfu-Kick auf Höhe Kummerbund.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Kann nicht jeder: Kungfukick auf Höhe Panamahut.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Publikumsmagnet Frauengewichtheben: ausserhalb von Fitnessmessen leider völlig unterbeachtete Sportart.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Pärchengewichtheben: Wer zuerst unter der Stange begraben wird, verliert.
(Bild: Alexander Preobrajenski)Gut drauf: die Gewinnerinnen des Bräunungswettbewerbs samt Entourage.
(Bild: Alexander Preobrajenski)In Halle 3 beendet Renata Rado ihr erstes Training im Gruppen-Fitness. Es ist Samstag, kurz nach 11 Uhr. Etwa dreissig Frauen (und zwei, drei Männer) stehen reihenweise in einer düsteren Turnhalle im Untergeschoss der St. Jakobshalle, die blauen Vorhänge sperren das Licht weg. Vorne ist ein Podest aufgebaut, von schummrigen Scheinwerfern beleuchtet. Dort setzt die Instruktorin zur Schlusssequenz an: «We are slick, sexy and powerful», schreit sie ins Mikrofon und zeigt eine kleine Schrittfolge. Wir sind glatt, sexy und stark.
So lautet das Motto von Piloxing, einer neuen Fitnessmethode aus Amerika, die an dieser Fitness-Expo ausprobiert werden konnte. Eine Mischung aus Pilates und Boxen. Die Teilnehmerinnen boxen abwechselnd links und rechts in die Luft und machen dazu kleine Schrittfolgen und Sprünge. Das ist gut für den Kreislauf. Wer auch die Muskeln stählen will, trägt dazu Handschuhe mit eingenähten Gewichten. Jane Fonda hat es in den 1980er-Jahren vorgemacht, Piloxing ist eine Variation davon.
In der Halle krachen die Hitparadennummern durch die Musikboxen, dazu kommen die schrillen Ansagen der Instruktorin. Ihr Mikrofon zischt, der Ton pfeift. Eine neue Lektion beginnt.
Hier zählt das Outfit mindestens genauso viel wie die eigene Sportlichkeit.
Ich lasse meine Turnsachen im Beutel drin. In meinen verwaschenen Trainerhosen, dem hellblauen Kapuzenshirt und den schwarzen Sketchers-Latschen kann ich mich hier unmöglich blicken lassen. Hier zählt das Outfit mindestens genauso viel wie die eigene Sportlichkeit.
Ein Stockwerk höher herrscht Gedränge. Dort reihen sich Aussteller an Aussteller und präsentieren ihre Produkte. Für Eingefleischte eine Pflichtveranstaltung. Optimieren lässt sich schliesslich alles, nicht nur der eigene Körper. So gibt es Fitnessgeräte, die das stilvolle Design in der Stube ergänzen: Zugeklappt sieht das Gerät aus wie ein kleiner Schrank. Montiert neben dem Esstisch an der Wand, können nach Schweinshaxen und Kartoffelstock kurz Klimmzüge demonstriert werden, während die Familie langsam aufisst.
Fünf Mal die Woche Training für den Knackpo
Karl Ess schüttelt den Kopf. Sicher keine Schweinshaxen, sagt der Personal Trainer aus Deutschland. Er habe komplett auf die vegane Ernährung umgestellt: keine tierischen Produkte mehr. Er fühle sich jetzt leichter, sauberer, klarer und brauche weniger Schlaf. Das verrät er dem Publikum an einem der Fitness-Talks.
Eingeladen ist auch JJ aka Julia Jasmin Rühle, Schauspielerin, Model und Djane. Wie sie es denn geschafft habe, so einen Knackpo zu bekommen, fragt die Moderatorin. Fünf Mal die Woche Training, sagt JJ.
Zeit für einen Snack. Am Stand mit den vielen Proteinriegeln und Vitamingetränken versichert mir die Verkäuferin, dass ich mir diesen Energy Bar verdient habe, auch wenn ich heute noch keinen Sport gemacht habe.
Doch noch sexy
Ich knuspere an 22 Gramm Proteinen, Geschmacksrichtung «Crispies», während mich die Menschenmenge zur Bühne mit den Poletänzerinnen drängt. Kaugummikauend werfen sich die Frauen an die wackelige Stange und stemmen sich mit den Armen scheinbar mühelos waagrecht in die Luft. Das ist wirklich sexy und vor allem stark.
Etwas weniger aufregend, dafür aber sehr technisch ist die Trainingsmethode am nächsten Stand: Um Muskeln aufzubauen, zieht man sich eine Weste über, die mit vielen kleinen
Elektroden versehen ist. Elektrische Reize stimulieren die Muskeln.
«Tun Sie weniger für Ihre Fitness», sagen die Hersteller. Das hört sich an wie ein Gegentrend inmitten aufgepolsterter Oberarme, Brustkörbe und Hintern. «Make your body your machine», lockt eine andere Trainingsmethode. Dieses Motto deckt sich schon eher mit dem, was ich an dieser Fitness-Expo sehe. Dein Körper ist deine Maschine. Glatt, poliert und immer einsatzbereit.
Organe optimieren
Dafür musst du deinen Motor kennen. Für fünf Franken testet ein Gerät den Fettanteil im Körper, das Cholesterin, die Blutwerte, kurz: alle Organe werden auf ihre Funktion gecheckt, um sie danach auf die optimalen Werte zu pushen.
Wenn die inneren Werte jetzt Purzelbäume schlagen und die Schweissperlen auf die Stirn treten: Die Visagistin am Make-up-Stand hilft fürs Erste. Die inneren Werte sieht man ja zum Glück nicht auf den ersten Blick.