25 Kerzlein für die ProgrammZeitung

Die ProgrammZeitung entstand einst als Stimme für die lokale Kulturszene. Jetzt wird sie 25 Jahre alt – ein stolzes Alter für ein derartiges Projekt.

Happy Jubiläum, ProgrammZeitung! (Bild: Artwork: Hans-Jörg Walter)

Die ProgrammZeitung entstand einst als Stimme für die lokale Kulturszene. Jetzt wird sie 25 Jahre alt – ein stolzes Alter für ein derartiges Projekt.

25 Kerzlein darf die ProgrammZeitung am Freitag ausblasen – wer hätte das 1987 gedacht! Damals, gegründet als Sprachrohr der alternativen oder freien Kulturszene, glaubten nur wenige daran, dass das Blatt sich längerfristig halten würde. Doch jene, die daran glaubten, taten das umso stärker, und es scheint, als seien die Gründer nicht nur idealistisch, sondern auch so klug gewesen, dem Blatt eine Struktur zu geben, die auch ein Vierteljahrhundert danach noch den Bedürfnissen entspricht.

Zwar blieb nicht alles ganz so wie zu Beginn. Ziemlich schnell etwa merkte man, dass die ProgrammZeitung den Institutionen nicht die eigene Werbung ersetzen konnte, wie diese sich erhofft hatten. Ebenso schnell hatte man erkannt, dass die Zeitung eine unabhängige Redaktion braucht. Sechs unterschiedliche Personen beziehungsweise Zweierteams haben diese in den letzten 25 Jahren geleitet. Am längsten sitzt Dagmar Brunner auf dem Posten, seit 1995 schon. Das gibt dem Blatt eine Kontinuität, die von aussen gleichermassen geschätzt wie kritisiert wird. Denn bei einer Redaktion, die gerade mal 130 Stellenprozente umfasst, setzt die Leitung gezwungenermassen die inhaltlichen Akzente. Das gefällt den einen und missfällt den anderen.

Die rund 3500 Abonnentinnen und Abonnenten aber wissen, was sie einmal monatlich in ihrem Briefkasten vorfinden. Und jene, die etwas vermissen, die Anhänger der Popmusik etwa, holen sich ihre Informationen anderswo. «Natürlich habe ich mir darüber auch schon Gedanken gemacht, dass diese Sparte bei uns fast gar nicht vorkommt», sagt Brunner. Es sei keineswegs so, dass sie Popmusik nicht möge. Doch eine Kooperation mit dem Rockförderverein (RFV) habe einerseits gezeigt, dass sie ihre Leserschaft nicht unbedingt dort suchen müsse. Andererseits sei die Szene in der Basler Zeitung (und heute auch in der TagesWoche) immer gut abgedeckt gewesen, was es für eine Monatszeitung schwierig gemacht habe mitzuhalten, da die Popszene sich dafür zu kurzfristig organisiere.

Kritische Kritik

So setzt die ProgrammZeitung auf jene Bereiche, in denen sie stark sein kann. Hauptsächlich sind das Vorschauen auf kommende Veranstaltungen in den Sparten Theater, Film, Kunst und Literatur, aber auch Kritiken, und in jedem Heft auch ein, zwei Seiten Kulturpolitik. Wobei das mit der «Kritik» so eine Sache sei, gibt Dagmar Brunner zu. Zwar sei die Redaktion unabhängig, doch die Nähe zu den Veranstaltern sei manchmal schwierig. Schliesslich ist es auch schon mal vorgekommen, dass die Kaserne für zwei Jahre ihre Inserate gestoppt hatte, weil ein Bericht nicht gefiel – man überlege sich deshalb eine kritische Äusserung lieber zweimal.

Andererseits bedeutet natürlich schon die Auswahl der besprochenen Veranstaltungen eine Form von Kritik; was thematisch nicht passe oder zu wenig relevant sei, so Brunner, komme im Heft gegebenenfalls nicht vor. «Das Kriterium für die Beiträge ist ganz klar die Qualität einer Veranstaltung», sagt die 56-Jährige. «Grundsätzlich aber haben wir sicher eine kulturfreundliche Einstellung. Kritik sollte meines Erachtens deswegen etwas Unterstützendes haben.» Aus eigener Präferenz setze sie auch lieber einmal auf etwas Experimentelles als auf kommerzielle Kultur. «Aus dieser Szene heraus ist die ProgrammZeitung ja auch entstanden», erklärt sie – damals, 1987, nachdem die Basler Zeitung als Monopolzeitung vor Ort ihre Vorschauseite gekippt hatte und in ihrem Feuilleton verstärkt auf nationale und internationale Kulturthemen setzte.

Konstanz

Die ProgrammZeitung besetzte für die lokale Kulturszene die Nische und fand schnell ihr Publikum. Heute lässt ihre Konstanz und ihre Beschränkung auf bestimmte Themen zwar keinen grossartigen Expansionskurs zu, doch die Schwankungen bei den Leserzahlen halten sich in Grenzen: Jährlich fielen rund 400 Abos weg, dafür würden etwa gleichviele neue abgeschlossen, sagt Brunner. 35 bis 65 Jahre alt, gebildet, vielseitig kulturinteressiert, umweltbewusst, oft sozial oder politisch interessiert – und weiblich: so sehen typische ProgrammZeitungs-Lesende aus, hat eine Umfrage ergeben. Tatsächlich stehen 55 Prozent Leserinnen 45 Prozent Lesern gegenüber, eine auffällige Zahl. Obs damit zusammenhängt, dass auch eine Frau die Zeitung leitet, wer weiss. Jedenfalls ist auch dies in der Basler Zeitungslandschaft eine Ausnahme.

Überhaupt, die Konkurrenz: Spürt die ProgrammZeitung die Veränderungen auf dem Basler Zeitungsmarkt im letzten Jahr? «Nein», sagt Dagmar Brunner, «bis jetzt jedenfalls nicht.» Weder seien die Abonnenten weniger geworden noch die Inserateakquisition zusammengebrochen. «Da hat uns die Finanzkrise 2008 viel stärker zugesetzt», erzählt sie. Damals fielen plötzlich vor allem ganzseitige Inserate von Grosskunden wie Versicherungen oder Banken weg, was bei einem Preis von 4000 Franken pro Farbseite stark ins Gewicht fällt.

Dass das Modell ProgrammZeitung heute allen Unkenrufen zum Trotz immer noch funktioniert, liegt wohl an der Konkurrenzlosigkeit des Modells. Darauf stossen die acht Angestellten am Freitag deshalb wohl an, an ihrem «Fest des langen Atems». Wir gratulieren und wünschen, dass dieser noch viel länger anhält!

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