An Aktionärsversammlungen herrscht offenkundig nicht das Volk, sondern das Geld.
An der Novartis-Generalversammlung vom letzten Dienstag trat die Aktionärsdemokratie der Marke Thomas Minder erstmals ansatzweise in Aktion, indem die GV konsultativ über die Vergütungen von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung abstimmen durfte. Sie genehmigte die Anträge des VR mit grosser Mehrheit. Der Demokratie war Genüge getan.
Der Demokratie? Dort gälte doch der Grundsatz «one man, one vote», ein Mensch, eine Stimme. An der Novartis-GV gab es 2,706 Milliarden Stimmberechtigte – Aktien zum Nennwert von je 50 Rappen nämlich. 62 Prozent davon oder 1,673 Milliarden nahmen an den Abstimmungen teil. 1,478 Milliarden Stimmrechte wurden vom «unabhängigen Stimmrechtsvertreter» ausgeübt, der – falls er, was häufig geschieht, keine anderslautenden Instruktionen hat – im Sinne des Verwaltungsrates abstimmt. Nur 199 Millionen Stimmrechte, 7,3 Prozent des Totals, wurden von physisch anwesenden Aktionären ausgeübt.
Nicht, dass das juristisch falsch wäre, im Gegenteil: So funktionieren Aktiengesellschaften eben – im Gegensatz zum Beispiel zu Genossenschaften. Man sollte aber mit wichtigen Begriffen behutsamer umgehen. Vergleichbar ist die Abstimmung nach wirtschaftlichem Gewicht an einer Unternehmens-GV am ehesten mit dem bismarckschen Dreiklassen-Wahlrecht; und das war nun alles andere als demokratisch.
An einer Aktionärsversammlung, ob bei Novartis oder anderswo, herrscht offenkundig nicht das Volk, sondern das Geld: 50 Rappen Nennwert ergeben eine Stimme. Das wäre dann wohl eher eine Monetokratie.
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Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 28.02.14