AC/DC in Bern, Coldplay in Zürich und in Basel eine Coverband aus Lörrach – warum?!

Die Konzerte im alten Joggeli waren Kult: Ob die Rolling Stones, Pink Floyd oder Guns N‘ Roses – wer schwärmt nicht heute noch davon? 2016 aber machen die grössten Weltstars einen Bogen um Basel. Warum eigentlich? Die Gründe.

Die Tourbusse der grössten Popstars machen 2016 einen Bogen um Basel. 

(Bild: Nils Fisch)

Die Konzerte im alten Joggeli waren Kult: Ob die Rolling Stones, Pink Floyd oder Guns N‘ Roses – wer schwärmt nicht heute noch davon? 2016 aber machen die grössten Weltstars einen Bogen um Basel. Warum eigentlich? Die Gründe.

Im Schweizer Fussball ist Basel unschlagbar. Bei den Stadionkonzerten aber spielt man in der Challenge League. Herausgefordert von Zürich und Bern – und mittlerweile auch von diesen überholt. AC/DC rockten neulich im Stade de Suisse, Coldplay locken am Wochenende zweimal ins Letzigrund. Und heute Abend schmückt sich zudem auch St. Gallen mit einem Stadionkonzert, wenn dort Herbert Grönemeyer in der AFG Arena auftritt.

Nur in Basel spielt derzeit weder ein Fussballteam noch die Musik. Warum nicht?

«Es hat sich nicht ergeben», sagt Jonas Blechschmidt, Leiter Stadion & Gastronomie beim FC Basel. Es sei ein bisschen wie an der Börse: Jedes Stadion versucht sich anzubieten, am Ende seien es aber mehrere Faktoren, die passen müssen: Die Grösse der Bühne, die Grösse des Stadions, der Tourplan der Bands.

Fussball über alles

Im Fall des St.-Jakob-Park spielt der Fussballkalender eine dominante Rolle. Allein die jährlichen Aussichten des FCB, international spielen zu können, erschweren langfristige Reservationen für Konzerte. In diesem Jahr habe zudem der Final der Uefa Europa League viele Ressourcen absorbiert, sagt Blechschmidt.

Der FCB scheint andere Prioritäten zu setzen. Er blockiert in der spielfreien Zeit das Stadion gleich selbst mit seiner Generalversammlung. Diese findet erstmals im St.-Jakob-Park statt: Am Nachmittag des 18. Juni lädt der Verein zudem zum öffentlichen Stadion-Tag mit Festbetrieb. Musik gibts auch, von der Lörracher Coverband Live Time.

«Andere Städte bemühen sich stärker um Konzerte.»
Thomas Dürr, Act Entertainment 

Die Urheber der grossen Hits aber, sie treten allesamt andernorts auf. «Wir hoffen, dass wir im nächsten Jahr wieder eines nach Basel holen können», sagt Blechschmidt. «Im Moment laufen erste Gespräche mit Veranstaltern.» Allerdings müssen die Daten in einen bestimmten Slot fallen, im Juni und Juli 2017. «Denn während der Fussballsaison ist es uns kaum möglich, das Stadion ganze zehn Tage lang zu blockieren, die für den Auf- und Abbau eines Stadionkonzerts erforderlich sind», sagt Blechschmidt. «Wir lieben Konzerte im St.-Jakob-Park, aber der Fussball hat klar Vorrang.»

Nicht so in Zürich, mag man nun hämisch sagen. Dafür aber weise Zürich den Konzerten eine grössere Bedeutung zu als Basel. Das sagt Thomas Dürr, der mit seiner Agentur Act Entertainment mittlerweile zum gewichtigsten Veranstalter der Schweiz aufgestiegen ist und in diesem Sommer Coldplay, Rihanna und Beyoncé in den Letzigrund bringt. 

Dürr hat seinen Hauptsitz noch in Basel und würde gerne im St.-Jakob-Park Konzerte durchführen, so wie zuletzt 2015, als er Helene Fischer engagierte. Aber auch er stellt fest, dass der Fussball hier über allem steht. «Die Kosten für einen Ersatzrasen machen den St.-Jakob-Park teuer», sagt Dürr. Hinzu komme, dass sich die Konzertstadt Basel habe abhängen lassen. «Andere Städte bemühen sich viel aktiver um Grosskonzerte – und kommen Veranstaltern auch mehr entgegen, etwa bei den Sicherheitskosten.»

Lange her: die goldenen Jahre der Joggeli-Gigs

Tatsächlich hat Basel seit dem Abbruch des alten Joggeli an Attraktivität bei Konzertveranstaltern eingebüsst. Die Stadt verspielte sich vor allem 2004 Sympathien, als sie für das Konzert von Simon & Garfunkel so viele Polizisten aufbot wie für ein Hochrisikospiel gegen den FCZ – und eine entsprechend hohe Rechnung stellte. Good-News-Gründer André Béchir ficht diese damals rechtlich an und verlor. Also kehrte er, der seit den 1980ern die Rolling Stones, Michael Jackson oder Pink Floyd nach Basel gebracht hatte, der Rheinstadt den Rücken.

Das Standortmarketing bemühte sich zwar, die Wogen wieder zu glätten. Aber zusammen mit anderen Mängeln – für Lastwagenanlieferungen und den Bühnenbau ist der St.-Jakob-Park weniger ideal wie etwa das Leichtathletikstadion Letzigrund – geriet Basel nach drei Jahrzehnten Stadionrock ins Hintertreffen.

Und auch wenn die Stadt davon abgekommen ist, pro Konzertbesucher 2.40 Franken aufs Ticket zu schlagen, seien die Sicherheitskosten in Basel noch immer zu hoch. «In Basel zahle ich als Veranstalter 1.80 pro Besucher, wie bei einem Fussballspiel. Nur kann man das doch nicht vergleichen», sagt Dürr. Und rechnet vor, dass die Sicherheit ums Stadion so bei einem ausverkauften St.-Jakob-Park mit 73’800 Franken zu Buche schlagen würde. «Zürich kommt uns viel mehr entgegen, da zahlen wir ungefähr halb so viel.»

St. Gallen stellt keine Sicherheitskosten in Rechnung

Noch attraktiver ist St. Gallen: Oskar Schmucki von der Stadtpolizei sagt auf Anfrage, dass für das Grönemeyer-Konzert heute keinerlei Sicherheitskosten in Rechnung gestellt werden. «Wir zählen diesen Einsatz zur Grundversorgung. St. Gallen verlangt erst ab 200 Einsatzstunden Geld von Veranstaltern», sagt Schmucki.

Die Basler Polizei will die Vereinbarungen in anderen Kantonen «wie üblich nicht kommentieren», sagt Mediensprecher Andreas Knuchel. Er teilt aber mit, dass «das Justiz- und Sicherheitsdepartement derzeit daran ist, die Struktur der Verrechnungen zu überprüfen». Mehr könne er dazu aber nicht sagen. So kann man nur vermuten, dass Basel den Standortnachteil erkannt hat und reagieren will.

Coldplay gaben Zürich den Vorzug 

Im Fall von Coldplay aber sprach am Ende ein anderer Grund für den Standort Zürich und gegen die anderen Schweizer Stadien: die Grösse. Denn während im St.-Jakob-Park 41’000 Konzertbesucher Platz finden, sind es im Letzigrund mit seiner Tartanbahn 48’000.

Bei zwei Konzerten heisst das: 14’000 Tickets mehr im Verkauf. Im besten Fall macht das einen Mehrumsatz von fast zwei Millionen Franken aus. Und den wollte sich die britische Band nicht entgehen lassen.  

«Am Ende waren es Coldplay selber, die sich für Zürich entschieden», sagt Thomas Dürr.

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