Als man noch «schnell äs Telifon» machte

Telefonapparate waren bis vor Kurzem fester Bestandteil des privaten und öffentlichen Raumes. Heute sind sie fast ganz verschwunden.

(Bild: Carol Engler)

Telefonapparate waren bis vor Kurzem fester Bestandteil des privaten und öffentlichen Raumes. Heute sind sie fast ganz verschwunden.

Die Telefonie mit Fernsprechapparaten hat mehrere Väter. Im Jahr 1876 reichten sowohl Elisha Gray wie Alexander Graham Bell jeweils eigene Patentanträge für entsprechende Geräte ein. Sie stützten sich dabei auch auf Erfindungen, die Johann Philipp Reis und Antonio Meucci gemacht hatten.

Die ersten Telefonmodelle kamen bescheiden designt daher. Sie erfüllten aber ihren Zweck. Waren zuvor Briefe und Postkarten beliebte Mittel der Kommunikation, so erwuchs ihnen mit dem ebenfalls in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfundenen Telegrafen und dem Telefon starke Konkurrenz.

Allerdings waren die auf ein Netz von fest installierten Leitungen angewiesenen Telefonapparate in manchen Gegenden anfänglich dünn gesät.

Gefragte Apparate

In den Dörfern des oberen Baselbiets gab es in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in der Regel nicht mehr als ein, zwei Apparate. Deren Besitzer wurden oft gebeten, Nachrichten an Drittpersonen im Dorf auszurichten oder erhielten Besuch von Nachbarn, die noch «schnell äs Telifon mache» mussten.

Ein Gemeindepräsident soll seinerzeit den Telefonapparat im Nachbarhaus derart in Anspruch genommen haben, dass ihn dessen Besitzer schliesslich fragte, ob es nicht einfacher wäre, wenn er sich ein eigenes Telefon anschaffen würde. Darauf sah ihn der Gemeindepräsident erstaunt an, schüttelte den Kopf und sagte: «Ouw nai, das geb mer es z grosses Gläuf.»

Ein Kästchen an der Wand

Der erste Telefonapparat, an den ich mich erinnern kann, war ein kleines schwarzes Kästchen mit einer Wählscheibe, einer Klingel und einem Hörer. Letzteren nennt man in der Fachsprache Mikrotel, da er neben der Hörkapsel auch ein Mikrofon enthält. Der Apparat war an eine Wand im Hausgang montiert, der Hörer durch ein kurzes Kabel mit dem Kästchen verbunden. Telefoniert wurde im Stehen.

Mit der Zeit wurde die Bewegungsfreiheit beim Telefonieren jedoch grösser. Die Geräte standen nun auf kleinen Möbeln oder thronten auf Schreibtischen. Und war das Kabel zwischen Steckdose und Apparat lang genug, dann konnte man sich bei einem längeren Gespräch aufs Sofa setzen oder es sich in einem Fauteuil bequem machen.

Siegeszug der Mobiltelefone

Mit dem Mobiltelefon, das in der Schweiz als Natel seinen Siegeszug begann, wurde die Bewegungsfreiheit des Telefonierenden grösser. Gelegentlich war zwar mit Funklöchern zu rechnen. Mit einem immer dichteren Funknetz wurden diese aber weitgehend gestopft.

Das Natel und seine Nachfolger, das Handy und erst recht das iPhone, versetzten dem klassischen Telefonapparat den Todesstoss.

Der Vormarsch der Mobiltelefone hatte einen weiteren Effekt. Während Jahrzehnten gehörten Telefonzellen zum Erscheinungsbild der Städte und Dörfer. Manche waren freistehend, andere in Postgebäude oder Bahnhöfe integriert. Heute sind sie weitgehend verschwunden. Der rapid abnehmende Bedarf an öffentlichen Fernsprechgeräten und die anfallenden Betriebs- und Unterhaltskosten machten sie zum Auslaufmodell.

Ausgemustert

Nun sind auch die Tage des Telefonfestnetzes gezählt. So teilt etwa Swisscom ihren Kunden mit: «Die herkömmliche Festnetztechnologie ist veraltet und stammt aus der Zeit vor dem Internet. Weltweit wird daher derzeit auf die zukunftsorientierte IP-Technologie umgestellt. So auch in der Schweiz. (…) Daher plant Swisscom bis Ende 2017 alle Dienste wie Sprachtelefonie, TV oder Daten einheitlich auf die IP-Technologie (IP: Internet Protokoll) zu überführen. Bestehende Geräte (analog) können danach weiterhin an der analogen Schnittstelle des Routers verwendet werden (mindestens bis Ende 2020).»

Jetzt schon nicht mehr verwenden kann ich mein letztes «klassisches» Telefongerät, einen roten Apparat, der statt einer Wählscheibe über moderne Drucktasten verfügt. Ich weiss nicht, warum ich das Ding nicht schon längst entsorgt habe. Vielleicht liegt es daran, dass es mich an jenes berühmte rote Telefon erinnert, zu dem man während des Kalten Krieges im Weissen Haus und in Moskau jeweils dann gegriffen haben soll, wenn sich die Spannungen zwischen dem Osten und dem Westen derart verschärften, dass ein (Atom-)Krieg drohte.

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