Die Basler Fasnacht ist eine durchorganisierte Angelegenheit – im grossen Ganzen. Wie die Sonderausstellung «Kuttlebutzer Narreschiff» im Restaurant L’Unique zeigt, gibt es in der fasnächtlichen Geschichte der Stadt aber durchaus närrische Querulanten.
Nur Nicht-Basler, so dachte ich als Zugezogene stets, wundern sich über die Ernsthaftigkeit, mit der die Basler ihre Fasnacht betreiben. Nur fremde Fötzel würden nicht begreifen, weshalb der Ablauf dieser «drey scheenschte Dääg» so strengen Regeln unterworfen ist – und weshalb die Basler, wenn es um ihre Fasnacht geht, keinen Spass verstehen. Wer nämlich einmal einen blöden Spruch darüber gemacht hat, tut das nie mehr. Aber, auch das ist Fakt: Man lernt in Sachen Basler Fasnacht nie aus.
So erfuhr die Zugezogene unlängst, dass sich nicht nur die autonomen «Schyssdräggzyygli» einen Deut um die strengen Vorgaben des «Comité» scheren, sondern, dass es einmal sogar eine richtige Clique gegeben hat, die die Basler Fasnacht mit provokativen Aktionen (etwa derjeniger namens «Bumm») aufmischte: Die «Kuttlebutzer», ein aus Künstlern und Intellektuellen zusammengewürfelter Haufen. Unter anderen gehörte Jean Tinguely dazu. Die Auftritte der «Kuttlebutzer» sorgten damals immer wieder für empörte Aufregung unter den seriösen Fasnächtlern, heute verzeiht man ihnen alle Regelverstösse und präsentiert sie im Rahmen einer Ausstellung im Tinguely-Museum stolz als Teil der Basler Fasnachtsgeschichte.
Kein Trittbrettfahrer
Doch den «Kuttlebutzern» würde man nicht gerecht, würde man sich ihrer nur im musealen Umfeld erinnern. Besser in der Vergangenheit schwelgen lässt sich da, wo es auch einmal etwas lauter zu und her gehen darf, wo man gemütlich mit einem Glas Wein am Tisch sitzen und sich über Geschichten von den «Kuttlebutzern» austauschen kann: in einer Beiz. Das dachte sich auch Andy Ibach, kunstaffiner Wirt im L’Unique, der seit fünf Jahren regelmässig während der Fasnachtszeit eine Sonderausstellung organisiert und ausserdem zum Freundeskreis ehemaliger, noch lebender «Kuttlebutzer» gehört.
Einer von ihnen ist der bekannte Birsfelder Künstler und Karikaturist Christoph Gloor. Er hat nicht nur die gesamte Sonderausstellung «Kuttlebutzer Narreschiff» im L’Unique gestaltet, sondern sie auch mit vielen Werken bestückt, die er in seiner fast 20-jährigen «Kuttlebutzer»-Ära geschaffen hat. Ursprünglich hatte er diese Ausstellung schon für letztes Jahr geplant, sagt Wirt Andy Ibach und tritt so dem Vorwurf entgegen, ein Trittbrett-Fahrer des Tinguely-Museums zu sein. Aber weil 2012 die «Stainlemer», denen Ibach selber angehört, ihr hundertjähriges Bestehen feierten, widmete er ihnen damals die Ausstellung.
Gegen den Strom
Christoph Gloor sagt, er habe bewusst dem Tinguely-Museum nur ein paar Zeichnungen zur Verfügung gestellt, damit er noch genügend Material für die Ausstellung im L’Unique habe. So präsentiert sich die Beiz im Gerbergässlein nun als ein herrlich schräges Panoptikum einer Fasnachtsclique, die sich vorgenommen hatte, «immer gegen den Strom zu schwimmen», wie Gloor sagt. Zwei seiner Freunde, André Jaeggy und Werner Huber, ebenfalls ehemalige «Kuttlebutzer», pflichten ihm bei.
Und eine Minute später ist das Trio schon mittendrin im Geschichtenerzählen – über die vielen Rechnungen für Pelzmäntel-Reinigungen, die ihnen nach der Bumm-Aktion auf dem Marktplatz zugestellt wurden. Weil, als es knallte, alle Tauben auf dem Platz vor Schreck aufgeflattert und geschissen hätten. «Ja», sagt Gloor und grinst, «offenbar auf so viele Pelzmäntel, wie ich noch nie in dieser Stadt gesehen habe». «Und weisst du noch», sagt Huber, «wie wir dann in einer Auktion Suuri Dääfeli versteigerten, um das Geld zusammenzubringen?» – «O ja, und damals, als der Jeannot eine ganze Autowaschanlage kaufte, und wir mit den Borsten Larven und Kostüme machten» …
Die geneigte Leserschaft ahnt es: Diese Ausstellung birgt nicht nur einen Fundus an merkwürdigen Objekten – sondern auch an denkwürdigen Anekdoten.
Vernissage: Donnerstag, 14. Februar, 18 Uhr. Die Ausstellung dauert bis zum letzten Bummelsonntag am 10. März.