Anarchie, Chaos, Kinderfasnacht

Nie ist die Fasnacht anarchistischer als am Dienstagnachmittag. Wir haben uns vor einen Wagen spannen lassen und im Kampf um einen Platz im Umzug alle Mittel eingesetzt.

«Zerscht ä Hampfle Räppli denn ä Dääfi» heisst das Motto. (Bild: Stefan Bohrer)

Nie ist die Fasnacht anarchistischer als am Dienstagnachmittag. Wir haben uns vor einen Wagen spannen lassen und im Kampf um einen Platz im Umzug alle Mittel eingesetzt.

Als eingebetteter Reporter bei der Kinderfasnacht unterwegs sein ist ein Kinderspiel? Grundfalsch! Nie ist Fasnacht chaotischer, nie aufregender, nie anarchistischer als am Dienstagnachmittag. Beherrschen die Binggis und die Wilden die Strassen, gilt nur noch ein Gesetz, das des Stärkeren. Wobei Niedlichkeit definitiv als Stärke gilt. Wir wissen das. Wir sind niedlich.

Ich habe mich spontan vor einen Wagen spannen lassen, darin sitzen zwei «Schneeglöggli», Amelie und Lily. Amelie ist mein Göttimeitli (fun fact: Lily ist das Göttimeitli von Kollege Philipp Losers Angetrauten, wie sich später herausstellt). Nachdem die erste grosse Herausforderung, das Versammeln der ganzen Gruppe, gemeistert ist, reihen wir uns ein auf Höhe Hauptpost. Wobei «einreihen» nicht wirklich zutrifft, denn eine geordnete Reihe gibt es nicht. Um hier die Übersicht zu behalten, benötigt der Fasnächtler eine gehörige Portion dieser mütterlichen Gelassenheit (bevor es hier zum #Aufschrei kommt, es waren tatsächlich überwiegend Mütter).

Anspruchsvolles Multitasking

Irgendwann haben auch wir unseren Platz im Kinderumzug gefunden. Schnell wird klar, weshalb sich «richtige» Cliquen einen Vortrab halten. Den Wagen zu ziehen und gleichzeitig Weg zu schaffen, bleibt anspruchsvoll (ich weigere mich, mich für geschundene Schienbeine und Kinderzehen zu entschuldigen, das habt ihr davon!). Multitasking ist etwas für Mütter.

Die beiden Schneeglöggli haben beide Hände voll zu tun, um die ihnen entgegengestreckten Kinderhände mit Süssigkeiten zu füllen. Amelie und Lily sind zu Beginn vor allem süss und nett, auch etwas scheu. Es braucht einiges an elterlicher (vor allem väterlicher) Überzeugungsarbeit, um die beiden Mädchen zum etwas aggressiveren Einsatz von Räppli zu bewegen. Schliesslich soll es bei uns nichts umsonst geben.

Ignoranz wird bestraft

Ihre Zurückhaltung lässt Schneeglöggli Lily erst fallen, als sie von den Kindern am Strassenrand wiederholt als «Waggis» bezeichnet wird. Eine solche Ignoranz gehört aufs Schärfste geahndet. Mit einer gehörigen «Hampfle Räppli» mitten in das erwartungsfroh grinsende Kindergesicht. Do heschen!

Die Stimmung an der Kinderfasnacht ist ausgelassen, fröhlich, wild. Wir konkurrenzieren mit Guggen und mit wilden Waggis um die Plätze im Umzugreigen. Nützt alles Drängeln nichts, verweisen wir auf die weiter oben bereits besungene Niedlichkeit der beiden Mädchen. Das hilft. Fast immer. Irgendwann erreichen wir die Kasernenwiese und finden eine Parklücke für das Schneeglöggli-Mobil. Lily schläft bereits, Amelie hat sich vom Verteilen der Süssigkeiten aufs Verzehren derselben verlegt. Auch gut, wäg isch wäg.

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