Anekdoten von damals und heute

Tausend Jahre, das ist eine lange Zeit. So lange steht die St. Ottilien-Kirche schon. Um den Ort ranken sich verschiedene Mythen und Legenden. Auch die jüngste Zeit liefert Geschichten zum Weitererzählen.

Aussicht über Berg und Tag: Basel liegt eingebettet zwischen Hügeln. (Bild: Noëmi Kern)

Im Dreiländereck gibt es viele Orte, die mit Mythen und Legenden belegt sind. Die St. Ottilien-Kirche ist die erste Station auf der Liste mystischer Orte, die wir in den nächsten Tagen besuchen werden. Zu entdecken und erfahren gibt es hier oben eine ganze Reihe von Geschichten.

Von hier oben kann man den Blick schweifen lassen. Über die Stadt Basel und die umliegenden Hügel, zwischen denen sie eingebettet liegt. Wäre das Wetter klarer, man könnte die verschiedenen Hügelketten besser sehen: die Vogesen, den Jura, die Burgunder Pforte. Der Tüllinger Hügel ist einer von drei Hügeln rund um Basel, auf dem eine kleine Kirche steht. Es ist der südlichste Punkt der Vorbergkette des Schwarzwalds.

Unterschiedliche Legenden ranken sich um die drei Kirchen. Die wohl bekannteste ist jene, dass in jeder der drei Kirchen – auf dem Margarethen-Hügel in Binningen, auf St. Chrischona oberhalb von Bettingen und eben auf dem Tüllinger Hügel – je eine Frau wohnte. Doch was für Frauen waren das? Heilige, die im Gefolge der heiligen Ursula nach Basel kamen, oder doch die Töchter oder Schwestern eines Ritters vom Schloss Pfeffingen, der die drei Frauen in die Einsiedelei schickte. Dies, nachdem er ihre Liebhaber hatte enthaupten lassen, weil er nicht mit ihnen als Gatten für seine Schwestern einverstanden war.

Die drei Schwestern sollen sich gegenseitig täglich Lebenszeichen gegeben haben. Morgens mit dem Glockenläuten, abends durch das Anzünden einer Öllampe.

Erzähl mal, altes Haus

Die St. Ottilien-Kirche hat aber noch mehr zu erzählen: Sie wurde 1955 als erste Kirche nach dem Krieg wieder aufgebaut und sieht seither wieder aus, wie sie wohl im Mittelalter ausgesehen hat. Bei den Arbeiten entdeckte man Wandmalereien, die hinter dem Putz verborgen waren. Heute kann man sie wieder bewundern. Restauriert wurden sie nie, die Farben sind noch original, verblassen aber langsam durch den Einfall des Tageslichts.

Zudem fand man unter den Fliesen in der Apsis eine Grabtafel eines Pfarrers, der in der Zeit des 30-jährigen Krieges verstorben war. Sie hängt nun an der Wand im Chor der Kirche.

Auch heute gibt es um die Kirche viel Anekdotisches: So wurde eine rege Diskussion geführt, als es um die Anschaffung eines neuen Redepultes ging. Wer sollte bezahlen? Die Apsis gehört dem Land, der Kirchturm der Stadt Lörrach und das Schiff der Kirchgemeinde. Daher musste also erst geklärt werden, wo das neue Pult stehen wird, um die Finanzierungsfrage beantworten zu können. Mittlerweile ist es da und steht in der Apsis, wurde also vom Land bezahlt.

Es scheint fast, als sei dieser Ort dafür prädestiniert, mythisch-anekdotische Stoffe zu liefern. Damals wie heute.

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    von Edith Schweizer-Völker (Text) und Martin Schulte-Kellinghaus (Bilder)
    Dritte, aktualisierte Auflage
    Christoph Merian Verlag

 

 

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