Applaus im Raucherzelt

An der zweiten Generalversammlung des Vereins Fümoar am Mittwoch herrschte Einigkeit unter den gut 200 Anwesenden: Es muss weitergekämpft werden für das Recht der Raucher – wenn nötig bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Während Fümoar-Sekretär Thierry Julliard Juristisches erklärt, gönnt sich Vereins-Präsident Mario Nanni eine kleine Rauchpause. (Bild: Martina Rutschmann)

An der zweiten Generalversammlung des Vereins Fümoar am Mittwoch herrschte Einigkeit unter den gut 200 Anwesenden: Es muss weitergekämpft werden für das Recht der Raucher – wenn nötig bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Einzig bei den Aschenbechern sparte der Vorstand des Vereins Fümoar, da fehlte das massive Geschütz aus Glas oder Porzellan – und die Gäste mussten sich mit Alu-Förmchen begnügen. Sonst aber: Grosszügigkeit an allen Ecken und Enden. Es gab Wienerli, Pizza, Käskiechli – Bier, Wein, Cola. Alles gratis. Ein riesiges Zelt wurde eigens für die Generalversammlung vor das Restaurant in den Langen Erlen transportiert («falls es Petrus nicht gut meint»). Zahlreiche mobile «Pissoars» standen da bereit. Eine Big-Band wurde engagiert. Und Plakate mit der Aufschrift «Niemand muss müssen, aber alle, die wollen, sollen können dürfen» warben für einen Verein, der eigentlich gar nicht zu werben braucht: Im vergangenen Jahr wurden 134’600 Jahres-Mitgliederkarten und 60’400 Monatskarten (exklusive Gratis-Karten während der Fasnacht) verkauft, 180 von den rund 900 Gastronomie-Betrieben im Kanton Basel-Stadt gehören inzwischen dem Verein an.

Ein Erfolg, mit dem niemand gerechnet hätte. Und den es aufrecht zu erhalten gilt, wie an der GV deutlich wurde: Durch die kämpferischen Worte von Vereinspräsident Mario Nanni und Sekretär Thierry Julliard. Und durch den Applaus des Publikums, bestehend aus Wirten und Passivmitgliedern, also Rauchern (und allenfalls Nichtrauchern), die ein Fümoar-Kärtli in ihrem Portemonnaie haben und ab und zu (oder oft) in entsprechenden Lokalen einkehren. Über 200 Personen waren dabei, als es über Statutenänderungen und Spenden abzustimmen galt – und um zu zeigen: Wir geben nicht auf! Wir kämpfen weiter!

Gefälschte Karten im Umlauf

Es gab einige Appelle an dem Abend. Etwa den von Mario Nanni, am 23. September an die Urne zu gehen – sofern man verhindern wolle, dass es den Rauchern endgültig an den Kragen gehe. Denn genau das wolle sie, die Lungenliga, indem sie das Volk über den «Schutz vor Passivrauchen» abstimmen lasse. «Sie rauchen dann unter Umständen nirgends mehr», mahnte Nanni – Applaus im Raucherzelt. Ein weiterer Appell ging an die Fümoar-Kärtli-Besitzer, zu kontrollieren, ob die Ecken der Karte schön oder weniger schön abgerundet sind. Schön, also geschmeidig ohne Kanten, bedeute: Die Karte ist gefälscht! Und zwar gut gefälscht. Das Lachen des Publikums wurde durch die ernsten Worte Mario Nannis unterbrochen: «Uns ist das Lachen vergangen.» Den Fälschern soll das Handwerk gelegt werden, sagte er, bisher fehle von ihnen aber jede Spur. Jeder Hinweis sei wichtig.

Auch sonst muss im Verein alles mit rechten Dingen zugehen, darum schickte dieser 2011 eigene Kontrolleure los, die überprüfen mussten, ob die Wirte tatsächlich jeden Gast nach ihrer Fümoar-Karte fragen und diese kontrollieren. Von den 335 Kontrollen verliefen 40 nicht wie erwünscht, darum: Mahnungen an die Wirte. Der Betreiber des Latin-Clubs «D’Rumba» wurde gar ausgeschlossen, weil er die Rechnung nicht bezahlte, erhielt an der GV aber die Möglichkeit, sich zu erklären. Die Stimmberechtigten mussten darüber befinden, ob man ihm eine zweite Chance geben soll. Sie sagten: Man soll. Applaus.

Auch sonst: Sämtliche Abstimmungen gingen durch, alle einstimmig, selbst dann, wenn es um viel Geld ging. Ein Barockmusikfestival wird nun mit dem überschüssigen Geld unterstützt – sowie der Tierpark bei der Psychiatrischen Klinik in Liestal. «Es fällt uns kein Zacken aus der Krone, auch das arme Baselbiet zu unterstützen», sagte Nanni – seines Zeichens LDP-Mitglied – in gewohnter polterischer Manier. Applaus, Lachen. Die Mitglieder verstanden auch, dass es administrativ praktisch unmöglich wäre, sämtliche Mitglieder persönlich zu den Generalversammlungen einzuladen – und akzeptierten die entsprechende Statutenänderung, Passivmitglieder mittels Inseraten und Website auf die Vereins-Zusammenkunft aufmerksam zu machen.

Zweite Runde für «Fall Fümoar»

Wirklich wichtig für den Verein ist aber der kommende Montag: Dann geht der «Fall Fümoar» am Appellationsgericht in die zweite Runde . Und zwar «betreffend Schutz der Arbeitnehmenden vor Passivrauchen; Herstellung des rechtmässigen Zustandes». Thierry Julliard vertritt die Wirte am Prozess, was nicht alle schätzen: Ein namentlich nicht genannter Anwalt liess die Stimmberechtigten darüber abstimmen, ob sie diese Doppelfunktion von Sekretär und Prozessanwalt weiter tolerieren wollen. Resultat: Ja! 

Die Chancen auf einen Erfolg sind gering am Montag, bereits vor einem halben Jahr kündigte Julliard den Gang vors Bundesgericht an. An der GV setzte er noch einen drauf, indem er sagte: «Wenn uns das Bundesgericht nicht recht gibt, gehen wir vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nach Strassburg.» Klatschen. Die Anwesenden – viele sahen sich zum ersten Mal – zelebrierten gemeinsam den Kampfgeist. Dies im Wissen: Auf dem Fümoar-Konto liegt genug Geld für alle Prozesse.

Quellen

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