Man kann Leggings und Politikern einiges ankreiden. Den engen Hosen fehlt es aber nicht an Transparenz.
Wie die Politik, so ist auch die Mode einem dauernden Wandel unterworfen. Das soll aber nicht heissen, dass manche Ideen über die Jahre hinweg nicht immer wieder aufgegriffen würden. So etwa der Gedanke, dass Atomkraft nicht so gut ist, oder die Ansicht, dass Leggings eine adäquate Strassenbekleidung wären.
Beide Ideen kamen bereits in den Achtzigern gross raus und sind jetzt wieder da. Bei ersterer mag man das begrüssen, bei den Leggings mag man durchaus ein bisschen irritiert sein.
Wären die hautengen Hosen aus Stretch eine politische Partei, dann würden sie unglaublich ziehen – vor allem bei jungen Wählerinnen zwischen 12 und 22 Jahren. Man könnte sie zum Beispiel mit den Piraten vergleichen: neu, frisch, überraschend erfolgreich, aber noch auf der Suche nach Antworten. Was will ich, wohin genau gehöre ich? Bin ich Berufs-, Sport-, Freizeitbekleidung, oder gar nur Homewear?
Jeans übrigens, die vor den Leggings gross rauskamen, sind eher mit den Grünen vergleichbar: In ihren Anfängen galten sie als rebellisch, nun sind sie viel ruhiger geworden und gehören sozusagen zum Establishment. Und Jeggings, also Leggings, die wie Jeans aussehen, kennzeichnen Wählerinnen, die sich nicht festlegen möchten.
Was man den Leggings auf keinen Fall vorwerfen kann, ist mangelnde Transparenz: Ein Kleidungsstück, das blickdicht scheint, wenn man steht, ist dies nur bedingt, wenn man eine Treppe hinaufläuft oder sich bückt. Der Blickwinkel entscheidet eben auch darüber, ob eine Idee funktioniert – oder leider nicht.
Grüner geht es gar nicht: Gerade geschnittene Jeans aus Biobaumwolle von Coop Naturaline, 79.90 Franken, in Coop-City-Filialen; www.coop.ch.
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Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 08.06.12