Auf der Zielgeraden zum Erfolg

 Sharen, 16, über Schule und Hausaufgaben, über Freundschaft und Freizeit – und über ihre Ziele.

Für Sharen (15)ist das Wichtigste im Moment die Ausbildung. (Bild: Basile Bornand)

 Sharen, 15, über Schule und Hausaufgaben, über Freundschaft und Freizeit – und über ihre Ziele.

Sharen ist 15, wohnt mit ihren Eltern und ihrer jüngeren Schwester in Augst und geht in Liestal zur Schule. Ins Progym. Nicht, weil sie eine Streberin sei, das hört sie nicht gern. «Es ist einfach die beste Ausgangslage für mich», sagt sie. Denn sie will ans Gym, das steht fest. Sie will studieren, das ist ebenso klar; noch unsicher sei, was. Vielleicht Wirtschaft, vielleicht aber auch Psychologie. Ersteres wäre wohl der sicherere Weg für einen Beruf, meint Sharen, «aber das Verhalten der Menschen interessiert mich eben auch».

Sharen ist ein zielstrebiges Mädchen, spricht so ernsthafte, vernünftige Sätze wie: «Gute Noten sind wichtig, eine gute Basis für das Leben.» Das hat sie von ihren Eltern gelernt. Der Vater stammt aus China, die Mutter aus Vietnam. Beide kamen als politische Flüchtlinge in die Schweiz, die Mutter nach dem Vietnamkrieg vor rund dreissig Jahren, der Vater ein paar Jahre später.

Ihre Eltern, sagt Sharen, seien strenger als die von ihren schweizerischen Kolleginnen. «Die sind schon lockerer, erlauben mehr.» Ihre Eltern wollten stets wissen, wohin sie geht, mit wem und was dort laufe. Auch in Sachen Lernen sind sie strenger als andere. «Mit Nichtstun haben sie Mühe», sagt Sharen. «Wenn ich frei habe, finden sie, ich solle gescheiter etwas für die Schule tun statt einfach rumsitzen.»

Nach den Ferien in Top-Form

Es gibt Momente, da nervt sie sich deswegen. Andererseits versteht sie, weshalb das so ist: «Sie wollen, wie andere Eltern auch, das Beste für ihr Kind; und ich soll einmal einen besseren Job haben als sie.» Der Vater arbeitet als Betriebsleiter in der Industrie, die Mutter hat eine Praxis für Chinesische Medizin und Fussreflexzonen-Massage. Als «Ausländer» – sie sind zwar inzwischen eingebürgert – und als Fremdsprachige hätten sie halt nicht die gleichen Möglichkeiten gehabt wie Einheimische.

Mit dem Progym hat Sharen offenbar den ersten wichtigen Schritt in die bessere Zukunft getan, ihre Eltern seien nicht mehr ganz so streng wie in ihrer Primarschulzeit. Damals, erzählt sie, habe es beispielsweise in den Sommerferien ab der vierten Woche geheissen: Schulstoff repetieren, damit sie vom ersten Tag an wieder drin sei. «Klar hat mir das gestunken, aber es hat wirklich etwas gebracht.» Während die anderen sich nach den Ferien zuerst wieder einleben mussten, war sie in Top-Form.

«Facebook ist Zeitverschwendung»

Ist Sharen eine Musterschülerin und Vorzeigetochter? Jetzt lacht sie, ein bisschen verlegen. Sie schüttelt den Kopf. In der Schule sei sie recht brav, sagt sie, aber zu Hause – zu Hause, da rebelliere sie schon hin und wieder. Meistens bei ihrer Mutter und wegen Alltagskram, sagt sie. Dinge wie Zimmer aufräumen, Hausarbeiten. Auseinandersetzungen halt, wie sie andere in ihrem Alter auch haben.

Wie viele Gleichaltrige geht sie in ihrer Freizeit gerne mit Freundinnen shoppen, chattet mit ihnen via Skype; auch auf Facebook und Festzeit war sie eine Zeit lang unterwegs, löschte aber ihr Profil wieder wegen «Zeitverschwendung». Wenn sie fernsieht, dann Filme, Serien, Sitcoms.

Anders als für manche Gleichaltrige sind Liebeleien für Sharen kein Thema. Sie beteilige sich zwar an den Gesprächen darüber, «ich gebe schon auch meinen Senf dazu, ob der oder der nun gut aussieht oder nicht, aber sonst …» Sie zuckt mit den Schultern, «es gibt momentan Wichtigeres.» Zudem sei es in ihrer Kultur sowieso nicht üblich, so früh schon einen Freund zu haben; wenn sie mit der Ausbildung fertig, reifer sei – dann vielleicht. Sie macht sich auch noch keine Gedanken darüber, ob sie dereinst Kinder haben möchte.

Der Liebling der Familie

Zuerst will sie sich auf den Beruf konzentrieren, irgendwann wahrscheinlich ins Ausland gehen. Nach Asien – Japan oder China – oder nach Amerika. «Hier in der Schweiz sind zwar die Lebensbedingungen gut, alles ist sauber und ordentlich, aber ein bisschen langweilig.» Ihre Cousine macht es vor: «Sie ist zwar nicht genau mein Vorbild, aber eine gewisse Bewunderung habe ich für sie», sagt Sharen: In St. Gallen, an der HSG, Betriebswirtschaft studiert und jetzt bei einer grösseren Bank in Hongkong tätig, um die 30, kinderlos. «Sie ist der Liebling der ganzen Familie – hübsch und erfolgreich.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 06.04.12

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