Aus der Katastrophe das Beste gemacht

Lukas Lauper wollte sein Haus schon länger sanieren. So richtig Schwung gab ihm aber die Nuklearkatastrophe von Fukushima.

Lukas Lauper aus Münchenstein hat vor Kurzem eine Solarstromanlage in Betrieb genommen. Jetzt produziert er knapp doppelt so viel Strom, wie er und seine Frau verbrauchen. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Lukas Lauper wollte sein Haus schon länger sanieren. So richtig Schwung gab ihm aber die Nuklearkatastrophe von Fukushima.

Alles begann mit einer schlechten Nachricht. Er dürfe seine Gas­heizung höchstens noch fünf Jahre benutzen, beschied ein Kontrolleur Lukas Lauper, diese stosse zu viel Stickoxid aus. Das war vor rund drei Jahren. Wenn er die Heizung sowieso ersetzen müsse, dann wolle er gleich auch wissen, wie sich die Energie­bilanz des ganzen Hauses verbessern liesse, sagte sich der Münchensteiner SP-Gemeinderat.

Gemeinsam mit seiner Frau Maria Lezzi beschloss er, eine Gebäudeenergieanalyse erstellen zu lassen. Diese kostet 1600 Franken. Davon zahlt der Kanton Baselland die Hälfte. «Ich habe diese Analyse dank des Zuschusses machen lassen.» Denn es schien klar: Das ehemalige Arbeiterhaus, in dem früher zwei Familien wohnten, kann im Vergleich zu einem Neubau nur schlecht abschneiden.
Umso überraschender war dann das Ergebnis. Trotz Baujahr 1931 stellte der Energiefachmann dem Ehepaar punkto Sparsamkeit eine gute Note aus. Beide sind Raumplaner und beide arbeiten auswärts, er in Aarau, sie in Bern. Das Haus heizen sie deshalb werktags nur am Morgen kurz und dann erst wieder vor ihrem Feierabend. Das zahlt sich aus.

Knacknuss Fassade

Trotzdem zeigte die Analyse, dass eine bessere Isolation von Dach und Fassade sinnvoll wäre. Beim Dach entschied sich das Paar rasch für eine bessere Isolation, bei der Fassade hingegen taten sich die beiden schwer. Sie liessen sich von einem befreundeten Architekten beraten. Ihre ursprüng­liche Idee, die Fassade gleichzeitig zu nutzen, um Energie zu gewinnen, lies­sen sie wieder fallen. «Für Industriegebäude gibt es bereits überzeugende Lösungen, für Private schien es uns noch ein bischen zu früh zu sein», sagt Lauper.

Keiner der zahlreichen Lösungsvorschläge überzeugte die beiden, denn jeder wäre mit einem massiven Eingriff in die bestehende Fassade verbunden gewesen. «Das Haus hätte einen komplett anderen Charakter ­bekommen, und die Struktur der Fassade wäre verloren gegangen. Das gefiel uns nicht», sagt Lauper.

Schliesslich beschlossen die beiden, statt noch mehr Energie ein­zusparen, die Energiebilanz auf der aktiven Seite aufzubessern. Sie planten, eine Solarstromanlage auf ihrem Dach zu installieren. Tatsächlich reichte der Platz dort für eine recht grosse Anlage. Diese soll mit pro­gnostizierten 5400 Kilowattstunden pro Jahr knapp doppelt so viel Strom produzieren, wie die beiden Bewohner verbrauchen. Und dies obwohl das Dach nicht gegen Süden ausgerichtet ist, sondern sich von Ost nach West zieht. Doch deshalb ist die Anlage nur zehn Prozent weniger effizient.

«Ohne Fukushima hätten wir wohl weniger investiert.»

Rund 40 000 Franken kostete die ­Dachisolation, 30 000 Franken die neue Gasheizung inklusive Solar-Warmwasseranlage und noch einmal 40 000 Franken die im Dach integrierte Solarstromanlage. An die bessere Isolation zahlt der Kanton Baselland aus dem mit 50 Millionen Franken dotierten Energiepaket. Wie viel, das weiss Lauper nicht genau. Für den 52-Jährigen war das auch nicht die entscheidende Motivation. Er erlebte den Widerstand gegen das geplante AKW-Kaiseraugst, ihn prägte die Tschernobyl-Katastrophe, und schliesslich kam auch noch Fuku­shima dazu: «Das gab uns noch einmal Schwung. Vielleicht hätten wir ohne Fukushima weniger investiert.»

Dabei kam dem Paar auch zugute, dass es im Einzugsgebiet der Elektra Birseck Münchenstein (EBM) wohnt. Dieser Stromlieferant bietet im Baselbiet als Einziger eine Überbrückungslösung an. Und zwar springt die EBM in die Bresche für all diejenigen, die ihre Solaranlagen beim Bund an­melden und dort zusammen mit 20 000 anderen auf die Warteliste gesetzt werden. Sie bezahlt die sogenannte Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV).

Im Fall von Lukas Lauper bedeutet dies: Die EBM garantiert ihm für rund 20 Jahre einen fixen Preis für seinen Solarstrom, den er ins Netz speist. Zurzeit bekommt er für seinen Solarstrom knapp doppelt so viel, wie er für den CO2-freien Strommix der EBM bezahlen müsste. Damit macht er kein Verlustgeschäft: Seine Anlage sollte er amortisieren können.

Auf politischer Ebene ist für den SP-Gemeinderat klar, dass der Bund jetzt handeln muss. Dieser müsse aufhören, diese KEV-Beiträge zu verknappen, damit all jene, die eine Solarstrom­anlage bauen wollen, nicht künstlich gebremst würden. «Wenn man will, dass die Energiewende kommt, muss die Politik auch dafür sorgen, dass wir dieses Ziel erreichen können.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 26.10.12

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