Axpo: Gewinn privat, Verlust dem Staat

Im alten Stromgeschäft erleidet die Axpo Milliarden-Verluste. Das profitable Geschäft will sie jetzt privaten Investoren öffnen.

Neue Pläne der Axpo: Der Teil des Kuchens, der nicht schmeckt, soll der Steuerzahler essen.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Im traditionellen Stromgeschäft erleidet die Axpo Milliarden-Verluste. Das profitable Geschäft mit subventionierter Windenergie will der Staatskonzern jetzt ausgliedern und privaten Investoren öffnen.

Die Öffnung des Strommarkts und das Überangebot an Kraftwerken in Europa bescherten der staatseigenen Stromfirma Axpo in den letzten drei Jahren wachsende Verluste (siehe Grafik). Denn die Marktpreise fielen unter die vollen Kosten ihrer Atom-, Gas- und Wasserkraftwerke. Darum musste die Axpo allein im letzten Geschäftsjahr den Wert ihrer Kraftwerke und Kraftwerk-Beteiligungen im In- und Ausland um 1,6 Milliarden Franken nach unten korrigieren.

Verlust hier, Gewinn dort

Der reine Verlust im jüngsten Geschäftsjahr betrug aber «nur» 1,25 Milliarden Franken, zeigen die am Mittwoch publizierten Geschäftszahlen. Grund für die Differenz: Es gibt auch Geschäftsbereiche, in denen die Axpo Gewinn macht. Dazu gehört die Stromproduktion in ausländischen Windkraftwerken, welche die einzelnen Staaten mit Einspeisevergütungen massiv subventionieren.

Ebenfalls Profit bringen Dienstleistungen für grosse Stromkunden sowie der reine Stromhandel. Fachmagazine haben die Axpo schon zweimal als «weltweit erfolgreichste Stromhändlerin» ausgezeichnet.

In diesen neuen und lukrativen Geschäftsfeldern wolle die Axpo expandieren und wachsen, erklärte ihr Chef Andrew Walo am Mittwoch an der Bilanz-Medienkonferenz. Dazu benötigt sie – neben den Nordostschweizer Kantonen als bisherige Eigentümer – neue Investoren.

Diesem Wunsch steht aber die Unlust von potenziellen Geldgebern entgegen, alte und oft stillstehende Atom- sowie unrentable Wasser- und Gaskraftwerke mit zu übernehmen. Ein weiteres Hindernis bildet der hundertjährige Aktionärs-Gründungsvertrag, der den Einstieg von privaten Investoren in die heutige Axpo verhindert.

Aufteilung in Kraft und Lösungen

In dieser Situation entwickelte die Axpo folgende neue Strategie: Sie will unter dem Dach der Axpo-Holding eine neue Firma namens «Axpo Solutions» gründen. In diese Tochter sollen die rentablen Geschäftsfelder ausgegliedert werden. Nämlich: der reine Handel, Dienstleistungen für Kunden sowie die Sparte erneuerbare Energie. Dazu gehören im Wesentlichen die subventionierten Axpo-Windkraftwerke im Ausland plus ein Teil der inländischen Wasserkraftwerke.

In diese «Solutions» (deutsch: Lösungen) können Private, aber auch die an der Axpo bereits beteiligten Kantone neues Geld investieren. Die Mehrheit soll aber bei der Axpo-Holding und damit bei den Kantonen bleiben.

Die traditionellen Geschäftsfelder bleiben zu 100 Prozent im Besitz der Kantone und werden in der «Axpo Power» neu gebündelt: Dazu gehören die Atomkraftwerke und AKW-Beteiligungen der Axpo im Inland sowie in Frankreich, ihre Gaskraftwerke im Ausland und ein Teil der Wasserkraftwerke, darunter das teure Pumpspeicherwerk in Linthal.

Änderungen sind auch in der Führung vorgesehen. So will die Axpo ihren Verwaltungsrat (VR) von heute dreizehn auf neun Mitglieder verkleinern und entpolitisieren. Dazu sollen Regierungsräte aus den Eigentümer-Kantonen durch Fachleute ersetzt und Doppelmandate in der Axpo und kantonalen Verteilwerken verboten werden.

Viele offene Fragen

Mit der neuen Wachstums-Strategie möchte die Axpo ihr Eigenkapital, dessen Anteil an der Bilanzsumme auf 25 Prozent geschrumpft ist, wieder erhöhen. Damit unterscheidet sie sich von der Schrumpfungs-Strategie der Alpiq, die ihre Verschuldung primär mit dem Verkauf von Kraftwerken und andern Beteiligungen abbaut. Allerdings steht die Axpo mit ihren Plänen erst am Anfang.

Viele Fragen sind noch offen. Ungewiss ist zum Beispiel, wie viele und welche Wasserkraftwerke in die «Solutions» ausgegliedert werden oder wie hoch der Kapitalanteil von privaten Investoren sein soll.

Schwer abzuschätzen sind auch die Risiken für die Kantone und damit für die Steuerzahler. Das grösste ökonomische Risiko stellen die in der «Axpo Power» verbleibenden Atomkraftwerke dar: Das KKW Beznau 1 steht seit bald zwei Jahren still, das KKW Leibstadt – an dem die Axpo mit mehr als 50 Prozent beteiligt ist – seit August 2016.

Jeder Tag, an dem «Leibstadt» nicht dampft, koste die Axpo eine halbe Million Franken, antwortete am Mittwoch Axpo-Chef Walo. Damit summieren sich die Verluste bis Mitte Februar, wenn das KKW im besten Fall und mit verminderter Leistung wieder Strom erzeugen kann, auf über 80 Millionen Franken. 

Kleiner ist heute wohl das Risiko eines weiteren Preiszerfalls im Strommarkt. Denn in den letzten Monaten stiegen die Preise für Bandstrom auf dem Schweizer Spotmarkt (Swissix) kontinuierlich und waren im November und Dezember mit annähernd sieben Rappen pro Kilowattstunde dreimal so hoch wie noch im Mai 2016.

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