Basel als gutes Pflaster für Senioren – mit ein paar Wermutstropfen

Die Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung 55plus von 2015 liegen vor. Daraus geht hervor, dass sich diese Altersgruppe am meisten um den Wohnraum und gesundheitsbedingte Umzüge sorgt. Mit der Infrastruktur sind aber die meisten zufrieden.

In Basel lebt es sich gut als Ü-55. Dies geht aus der Befragung des Statistischen Amts hervor. Dabei werden aber auch Probleme in Sachen Gesundheit und Wohnen genannt.

(Bild: istock/tawo)

Die Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung 55plus von 2015 liegen vor. Daraus geht hervor, dass sich diese Altersgruppe am meisten um den Wohnraum und gesundheitsbedingte Umzüge sorgt. Mit der Infrastruktur sind aber die meisten zufrieden.

Menschen im fortgeschrittenen Alter fühlen sich in Basel wohl: Rund 95 Prozent aller über 55-Jährigen leben eher oder sehr gerne im Stadtkanton. Dies ergab die zweite repräsentative Bevölkerungsbefragung 55plus des Statistischen Amts, die letztes Jahr in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsdepartement durchgeführt wurde.

Bei der generellen Zufriedenheit mit Basel ist somit eine leichte Zunahme im Vergleich zur letzten Befragung von 2011 festzustellen. Dabei gibt es Abstufungen: Je älter, desto positiver die Einschätzung.

Die Stadt Basel wird von der Mehrheit als seniorenfreundlich betrachtet. Am häufigsten wünschen sich Senioren – wenn auch weniger stark als bei der letzten Befragung – mehr günstigen Wohnraum sowie gute und bezahlbare Altersheime. Hier lässt sich eine Verschiebung beim Wunschkonzert betrachten: Vor vier Jahren war die Senkung der Steuern noch die zweithäufigste Forderung, nun liegt dieses Anliegen abgeschlagen auf dem zehnten Platz.

Altersbedingter Umzug als Sorge Nummer 1

Beim Sorgenbarometer hat der Spitzenreiter weiter zugelegt: Die Angst davor, die eigenen vier Wände verlassen zu müssen, wenn sich einmal der Gesundheitszustand verschlechtert, bewegt die Senioren am meisten. Die Mehrheit der Befragten möchte am liebsten auf eigenen Füssen stehen: Zu Hause bleiben und falls nötig Unterstützung beziehen ist die bevorzugte Wohnform. Die jüngeren Befragten könnten sich durchaus auch vorstellen, in einer Senioren-WG oder einem Generationenhaus zu leben.

Wichtig sind den Befragten Einkaufsmöglichkeiten, Sicherheit, die Anbindung an den ÖV, Institutionen und die medizinische Versorgung. Mit der Anbindung sind die meisten denn auch zufrieden: Sie erreichen innerhalb von zehn Minuten zu Fuss eine Haltestelle, einen Park oder eine Apotheke – zumindest in der Stadt, in Riehen und Bettingen sind die Wege länger.

Unterschiedliche Angaben zum Sicherheitsempfinden

Mit der Sicherheitslage in der Wohnumgebung sind hingegen viele Befragte nicht glücklich. Hier muss aber differenziert werden: Konfrontiert mit konkreten Situationen wie etwa «allein zu Hause» oder «unterwegs im Quartier», ist das subjektive Sicherheitsempfinden gestiegen. Madeleine Imhof, Leiterin des Statistischen Amtes, erklärt diesen Widerspruch: Bei der Frage nach Sicherheit im Allgemeinen dominiere das Bauchgefühl, doch bei konkreten Fragen überlegten sich die Leute genauer die Situation.

So lag etwa der Ruf nach einem härteren Durchgreifen 2011 noch an dritter Stelle, nun an neunter. Senioren meiden aber weiterhin am meisten den Claraplatz, andere Gegenden des Kleinbasel und Kleinhüningens sowie die Heuwaage. Zu den beliebtesten Orten gehören hingegen das Rheinufer, der Münsterplatz und die Langen Erlen.

Mit ihrer finanziellen Situation sind die meisten Befragten zufrieden, auch gesundheitlich fühlen sich vier Fünftel auf der Höhe. Das Thema Gesundheit beschäftigt die Altersgruppe generell am meisten, gefolgt von den Bereichen Umwelt und Politik.

Mehr ältere Internet-User

Senioren informieren sich vor allem mit Zeitungen und Zeitschriften über das Weltgeschehen. Nun aber nutzen deutlich mehr von ihnen das Internet. Während vor vier Jahren noch ein Drittel keinen Zugang ins Netz hatte, sind es heute nur noch knapp 18 Prozent. Was sonst noch im Freizeitverhalten auffällt: Rund ein Drittel leistet mindestens einmal im Monat Freiwilligenarbeit. Vor allem Leute zwischen 65 und 74 sind sehr engagiert – je höher das Einkommen, desto mehr.

«Die Ergebnisse zeigen, dass wir mit der kantonalen Alterspolitik gut aufgestellt sind.» 

Lukas Engelberger, Vorsteher Gesundheitsdepartement

Ausgehend von der Befragung sollen im Regierungsrat neue Leitlinien für die Alterspolitik gesetzt werden. Regierungsrat Lukas Engelberger zieht den einen guten Schluss: «Die Ergebnisse zeigen, dass wir mit der kantonalen Alterspolitik gut aufgestellt sind», sagt der Vorsteher des Gesundheitsdepartements. Bei den Pflegeheimplätzen spricht er von einer Verbesserung in den letzten Jahren. Da herrsche momentan kein Engpass. Trotzdem sieht er auch in einigen Bereichen noch Handlungsbedarf: So soll etwa besser über altersspezifische Angebote, die laut Umfrage vielen noch zu wenig bekannt sind, informiert werden.

Demenz, Roboter und Fachkräftemangel als künftige Baustellen

Herausforderungen sieht Engelberger auch bei der Unterstützung bei Wohnungswechseln. Zudem soll die alternde Migrationsbevölkerung verstärkt integriert werden. Demenz, Palliative Care (die Begleitung unheilbar Schwerkranker) und die Hausarztmedizin sind gesundheitspolitische Themen, die nach Einschätzung von Engelberger ebenfalls zu reden geben werden.

Als Möglichkeit sieht er etwa speziell gestaltete Wohnangebote, in denen Residenzen und Pflegestationen kombiniert werden. Auch beim Fachkräftemangel beim Pflegepersonal müsse man den Hebel ansetzen, so etwa mit attraktiven Angeboten für Wiedereinsteigerinnen in dieser Branche nach der Babypause. Auch eine Diskussion um die neue und nicht unumstrittene Automatisierung bei der Seniorenbetreuung – etwa mit Robotern – fehlt nach Einschätzung von Engelberg noch in der Politik.

Ziel bei der Befragung 55plus ist die Überprüfung der Alterspolitik im Kanton. Letztmals wurde das 2011 durchgeführt. Sie ist eine von mehreren Befragungen spezifischer Bevölkerungsgruppen, wie es auch bei Jugendlichen und Familien gemacht wird. Dabei sollen subjektive Einschätzungen als Ergänzung zu den objektiven Fakten erfasst werden. Wie der Projektleiter Mathias Bestgen erklärt, wurden insgesamt 5000 Personen nach dem Zufallsprinzip Fragebogen zugeschickt. Rund ein Drittel schickte das Formular ausgefüllt zurück.

Dass man schon bei 55 ansetzt, hat seine Gründe: Wie Lukas Engelberger betont, wolle man nicht etwa suggerieren, dass man als Mittfünfziger bereits alt sei. Die Zahl sei so gewählt, weil sich manche Leute auch schon früh mit Älterwerden auseinandersetzen. Zudem wolle man auch eine heterogene Gruppe befragen: Sowohl Leute im Arbeitsprozess wie auch Rentner und Pflegebedürftige sollten erreicht werden.

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Der Bericht zur Befragung 55plus kann hier eingesehen werden.

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