Eigentlich hätte Schweden die Weltmeisterschaft der Curler durchführen sollen. Weil keine geeignete Halle zur Verfügung stand, kommt Basel vom 2. bis 10. April zum Handkuss. Auf dem unebenen Boden der St. Jakobshalle werden perfekte Eisflächen präpariert – da müssen sogar die Bagger für neun Tage ruhen.
Allzu gerne würden es Skip Sven Michel und sein Team ihren Landsfrauen gleichtun. An der Weltmeisterschaft der Curlerinnen in Kanada holten die Schweizerinnen Gold. Es ist bereits der vierte Titel für ein Schweizer Frauenteam in den letzten fünf Jahren. Dass diese von drei verschiedenen Teams gewonnen wurden, zeigt die Breite an Schweizer Spitzen-Curlerinnen.
Die Schweiz ist eine Curling-Nation: Auch bei den Männern gibt es mehr als ein Team, das mit den Besten der Welt mithalten kann. So kommt es, dass an der Weltmeisterschaft vom 2. bis 10. April nicht die Genfer um Peter De Cruz in der Basler St. Jakobshalle antreten, obwohl sie vor fünf Monaten noch Silber an der Europameisterschaft holten.
An der Schweizermeisterschaft mussten sie sich im Final gegenüber Sven Michel und seinen Mitstreitern aus Adelboden geschlagen geben. Und zur Weltmeisterschaft fährt der Schweizermeister – so will es die Tradition.
Sven Michel (rechts) und sein Team wurden Schweizermeister und qualifizierten sich damit für die WM im April in Basel. (Bild: Facebook, Curling-WM 2016 in Basel)
Dass Basel nach nur vier Jahren erneut das jährliche Treffen der Weltbesten austragen darf, ist eine Ausnahme. Als Austragungsort war Schweden vorgesehen. Da das Heimatland des amtierenden Welt- und Europameisters Niklas Edin aber zum festgelegten Termin keine geeignete Eishalle zur Verfügung stellen konnte, wurde das Turnier neu ausgeschrieben.
Die Herausforderung: perfektes Eis auf unebenem Hallenboden
Bruno Schallberger, OK-Präsident des Basler Turniers, hatte nach der erfolgreichen Austragung 2012 angekündigt, die WM 2022 wieder nach Basel holen zu wollen. Als die anstehende Austragung ausgeschrieben wurde, reichte er dennoch sofort eine Bewerbung ein, die sich gegen Mitbewerber aus Amerika durchsetzte.
Schallberger hat eine Vergangenheit sowohl im Schweizer Verband als auch im Weltverband. Neben seinen Kontakten hätten vor allem die erfolgreiche Austragung vor vier Jahren sowie günstige Übernachtungsmöglichkeiten und die zentrale Lage Basels mit dem Euro-Airport überzeugt, sagt der Präsident.
Die Organisatoren bieten Teilnehmern, Medienschaffenden und Zuschauern «Packages» an, in denen Übernachtungen, Transport und der Eintritt zum Anlass inbegriffen sind. Diese «Packages» konnten, so der OK-Präsident, aufgrund der moderaten Hotel-Preise in Basel günstig angeboten werden.
Fiel vor vier Jahren nicht nur wegen der extravaganten Hosen auf, sondern auch mit dem dritten Platz nach der Vorrunde: Norweger-Skip Thomas Ulsrud. Er wird auch dieses Jahr in Basel spielen. (Bild: OK Curling-WM 2016)
Die Organisatoren schauen auf eine Zeit mit viel Arbeit zurück. Die Infrastruktur des Basler Eisstadions, der St.-Jakobs-Arena, genügt für den Medienrummel einer Weltmeisterschaft nicht. Deshalb müssen die Curling-Rinks in der St. Jakobshalle eingerichtet werden, wo sonst Pferde, Tennisspieler, Volleyballerinnen oder Musiker ihre Show bieten.
Die Sanierung der Halle wird für die WM gestoppt – weil die Arbeiten das Eis zerstören könnten
Der Hallenboden ist für die Präzisionssportart Curling jedoch zu uneben. Um perfektes Eis zu gewährleisten, wurden 30 Tonnen Fliessbeton auf den Hallenboden verteilt. «Dieses Material muss nach der WM wieder raus», sagt Schallberger und betont den Aufwand, der für den Grossanlass betrieben wird.
Zusätzliche Schwierigkeiten drohen von ausserhalb. Die St. Jakobshalle wird saniert, die Arbeit der Bagger könnte das Eis zum Brechen bringen. Deshalb hat Schallberger einen Baustopp erwirkt. Bis zum 10. April stehen die Bagger still.
» Die Sanierung der St. Jakobshalle soll bis 2018 fertig gestellt sein
Trotz aller Erschwernisse rechnet der OK-Präsident mit einem erfolgreichen Turnier und vielen Zuschauern. Eine Tageskarte entlang der Rinks, der Eisbahn also, gibt es für 30 Franken in der Vorrunde und für 40 Franken in den Playoffs und im Halbfinal. Der Finaltag kostet 50 Franken. Die bessere Kategorie am Kopf der Bahnen ist jeweils 20 Franken teurer. «Die Kategorie 1 ist für den Finaltag bereits ausverkauft, für die anderen Tage gibt es noch Tickets», sagt Schallberger.
Schweizer hoffen auf Medaille
2012 besuchten nach Angaben der Turnierleitung rekordverdächtige 47’000 Zuschauer WM-Spiele, obwohl das Heimteam nicht sonderlich erfolgreich war und auf dem neunten Tabellenrang abschloss. Das OK rechnet nun mit noch mehr Zuschauern. «Der Vorverkauf läuft aktuell noch besser als vor vier Jahren», sagt Schallberger.
Die Schweizer um Jan Hauser (kniend im Haus) belegten an der WM 2012 den enttäuschenden neunten Rang. Kann ein erfolgreicheres Schweizer Team noch mehr Zuschauer anlocken? (Bild: OK Curling-WM 2012)
Am meisten interessiert die Zuschauer selbstredend das Heimteam. Spielen Sven Michel und sein Team erfolgreich und sind am Finalwochenende noch dabei, finden möglicherweise schon die Playoff-Partien und der Halbfinal vor ausverkauften Rängen statt.
Der Schweizer Skip hat Respekt vor den anderen Teams. Etwa sechs Medaillenanwärter macht er im Teilnehmerfeld aus. Dennoch ist er optimistisch: «Wir wollen auf alle Fälle in die Playoffs und hoffen natürlich, dass wir eine Medaille holen können.»
In der Vorrunde (2. bis 7. April) treffen alle zwölf Mannschaften einmal aufeinander. Um die Playoffs zu erreichen, müssen die Schweizer nach der Vorrunde mindestens den vierten Rang belegen. Platz 1 und 2 duellieren sich anschliessend in den Playoffs um den direkten Finaleinzug. Wer verliert, trifft im einzigen Halbfinale auf den Sieger des Playoff-Spiels zwischen dem Dritten und dem Vierten.
Am Sonntag (10. April) finden schliesslich das kleine (10.00 Uhr) und das grosse Finale (15.00 Uhr) statt.