Nirgendwo sonst in der Schweiz gibt es so viele Konfessionslose wie in Basel. Das liegt unter anderem daran, dass in Basel nicht der Staat die Kirchensteuer eintreibt, sondern die Kirchen das selber tun müssen.
Die traditionellen Landeskirchen verlieren Mitglieder. Das ist von Basel bis Chiasso und von St. Gallen bis Genf der Fall. Aber in keinem Kanton ist der Anteil an Konfessionslosen so gross wie im Kanton Basel-Stadt. Weil hier ein ländliches Umfeld fehlt, verwundert das nicht weiter. Doch auch im Städtevergleich nimmt Basel eine einsame Spitzenposition ein.
Laut einer Strukturerhebung des Bundesamts für Statistik für das Jahr 2014 zählen 45 Prozent der Baslerinnen und Basler über dem 15. Altersjahr zu den Konfessionslosen. In absoluten Zahlen sind dies 65’622 Menschen. Mit 38,6 und 32 Prozent weisen die Städte Genf und Zürich weniger Konfessionslose aus. Und noch tiefer liegen diese Zahlen in der Stadt Bern (26 Prozent) sowie in Luzern und Winterthur mit jeweils 23 Prozent.
Starke Verluste in beiden Landeskirchen
Die beiden Landeskirchen verlieren in Basel Jahr für Jahr zahlreiche Mitglieder. So verlor die Evangelisch-reformierte Kirche innert zehn Jahren über 8000 Schäfchen: Zwischen 2005 und 2015 sank ihr Mitgliederbestand von 36’872 auf 28’581 Gläubige. Bei der Römisch-katholischen Kirche sieht es kaum besser aus, hier sank der Mitgliederbestand im selben Zeitraum von 32’715 auf 27’481.
Roger Thiriet, Informationsbeauftragter der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt, führt den hohen Anteil an Konfessionslosen vor allem darauf zurück, dass Basel-Stadt ein Stadtkanton ist: «Wenn Städte ein ländliches Hinterland haben, in dem die Kirchenzugehörigkeit noch stärker verankert ist, senkt das im kantonalen Schnitt die Zahl der Konfessionslosen», sagt er.
Das Fehlen des Umlands sorgt laut Thiriet auch für wirtschaftliche Problemlagen: «Die reformierte Kirche Basel-Stadt muss höhere Kirchensteuern einfordern als die Kirche in einem landgestützten Kanton, was dann auch vermehrt zu Austritten führt», sagt er.
Folge der Trennung von Kirche und Staat
Bei der Römisch-katholischen Kirche sind die Kirchensteuern nach Auskunft des Informationsbeauftragten Matthias Schmitz im schweizerischen Vergleich niedrig. Trotzdem hat auch die Römisch-katholische Kirche viele Austritte zu verzeichnen. «Ein Grund dafür könnte sein, dass die Kirchensteuern in Basel deutlicher ins Auge fallen als anderswo in der Schweiz», sagt Schmitz. «Basel-Stadt ist nämlich einer der wenigen Schweizer Kantone, in dem die Kirchensteuer durch die Kirchen selber und nicht im Rahmen der normalen Steuerrechnung von den kantonalen oder kommunalen Behörden erhoben werden.»
Auch Thiriet glaubt, dass der Kirchenaustritt in Basel dadurch rein äusserlich leichter fällt als in anderen Kantonen: «Seit der Trennung von Kirche und Staat im Kanton Basel-Stadt im Jahr 1911 dürfen die öffentlich-rechtlichen Kirchen zwar Steuern einziehen, aber mit separater Rechnung, über der sich jeder und jede überlegen kann, ob er mit diesem Betrag nicht doch lieber 14 Tage Badeferien in Teneriffa machen will», sagt er.
Konfessionslos ist nicht gottlos
Der hohe Anteil an Konfessionslosen bedeutet aber nicht, dass diese Menschen nicht an Gott glauben oder überhaupt keine religiöse Orientierungen hätten. Das Nationale Forschungsprogramm «Religiöse Gemeinschaften, Staat und Gesellschaft» kam 2011 zum Schluss, dass es in der Schweiz nicht viele sogenannte säkulare Personen gibt, also Menschen, die mit Religion gar nichts am Hut haben.
Dafür aber sei der Anteil der Menschen am Anwachsen, die ein distanziertes Verhältnis zur Religion haben. «Ob katholisch, reformiert oder konfessionslos: Für diese Distanzierten, wie sie die Forschenden nennen, ist die Religion zwar meist ein Teil des Lebens, spielt aber keine wichtige Rolle», heisst es im Themenheft zur «Religiosität der Christen in der Schweiz».