Basel ist eine Marronihochburg – wir verraten Ihnen, wo es die besten Marroni gibt

Seit Generationen sind sie die kulinarischen Boten des Herbstes und ihr Duft in der Luft versüsst derzeit jeden Stadtbummel. Wir haben getestet, wo in Basel Marroni besonders schmecken. Buon appetito!

Besucher des Christchindlimarkts kaufen am Samstag, 2. Dezember 2006 Marroni im Klosterviertel von St. Gallen. An rund 150 Staenden werden Handarbeiten von Hobbykuenstlern, Adventskraenze, Metallarbeiten, Schmuck und vieles mehr feilgeboten. (KEYSTONE/Regina Kuehne) (Bild: REGINA KUEHNE)

Seit Generationen sind sie die kulinarischen Boten des Herbstes und ihr Duft in der Luft versüsst derzeit jeden Stadtbummel. Wir haben getestet, wo in Basel Marroni besonders schmecken. Buon appetito!

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Heisse Marroni sind auf jedem Stadtbummel eine willkommene Stärkung. Ihre unverkennbare Duftmarke lässt selbst eiserne Genussverweigerer schwach werden. Dabei gibt es keinen Grund, sich diesem Sog zu erwehren: Marroni sind ausserordentlich gesunde Gelegenheitssnacks. Fett- und kalorienarm, verfügen sie gleichzeitig über wertvolle Nährstoffe.

Vom Mittelalter bis Mitte des 19. Jahrhunderts dienten die Nussfrüchte als Hauptnahrungsmittel der Bevölkerung in den Bergregionen Südeuropas. Erst später gelangten die Marroni über die Alpen in nördlichere Hemisphären, wo sie seither auch in Städten gern gegessen werden. 

«Trüffel des armen Mannes», nannte der Schriftsteller Joseph Roth Marroni in seinem Roman «Kapuzinergruft».

In Basel erinnern vor allem noch die Verkäuferinnen und Verkäufer an die südländische Herkunft der Marroni. Gewisse Stände stehen schon seit Generationen da, wo sie heute noch sind. 

Der Betreiber des Marronistandes am Barfüsserplatz, Renato Brombin, erinnert sich: «Lange gab es in Basel ungefähr drei Stände, plötzlich schossen die Buden aber wie Pilze aus dem Boden.» Er führt seinen Stand bereits in der vierten Generation, seine Stammkunden bezeichnen seinen Wagen als Institution. 

«Unser Stand hat in dieser Stadt Tradition», sagt auch Rosario Puglisi, der mit seinem Stand vor der Hauptpost die untere Freie Strasse bedient. «Schon mein Vater hat hier Marroni verkauft, wir stehen hier seit über 40 Jahren.»

Mit der steigenden Zahl Verkäufer ist auch der Preis für die Marroni stetig gestiegen. Und mit ihm die Ansprüche der Kunden: Beim heutigen Preis von 3.40 Franken pro 100 Gramm verzeiht die Kundschaft wurmstichige Exemplare längst nicht mehr.

Holzkohle versus Gas – wie werden Marroni am besten geröstet?

Brombin prüft seine Marroni gewissenhaft, aber dass sich eine verdorbene Nuss einschleicht, könne trotzdem passieren. «Wem die Marroni nicht schmecken, der gibt sie zurück und bekommt dafür neue», sagt Brombin.

So versucht jeder Stand auf seine Art zu überzeugen. Einige schwören zum Rösten noch immer auf Holzkohle, andere vertrauen heute auf Gas. Der Unterschied? «Ich kann die Hitze präzise regulieren» sagt Musli Kuci, der mit seinem Wagen vor dem Basler Zolli steht, «mit Holzkohle geht das nicht so gut.»

Der Qualitäts-Test

Stadtflaneure kaufen Marroni meistens dort, wo sie die Nase gerade hinführt. Wo aber weht in Basel ein besonders guter Wind? Welche Marroni haben Suchtpotenzial? Und welche schmecken eher so lala?

In einem nicht repräsentativen Test hat die TagesWoche fleissig Marroni begutachtet, geschält und gegessen, vom Stand beim Zolli über Stände bis zum Claraplatz.




Die Stichproben sind parat für den Test: Wo steckt am meisten Süden drin? (Bild: Daniel Faulhaber)

Konsistenz, Geschmack und Schälbarkeit: Diese drei Qualitäten einer Marroni wurden von einer fachmännischen Jury aus Redaktionsmitgliedern auf einer Skala von 1 (miserabel) bis 5 (exzellent) bewertet. So viel vorweg: Die Basler Marroniqualität hievt Basel ohne Zweifel in den Rang einer südländischen Exklave.

Steinenvorstadt: Der Marroniverkäufer will lieber nicht namentlich genannt werden, aus Angst er komme vor lauter Kundschaft gar nicht mehr zum Rösten. Er arbeitet mit Holzkohlen und röstet Marroni aus der Umgebung von Rom. Speziell: Als einziger der besuchten Stände ritzt er seine Marroni mit Hilfe einer kleinen Maschine selbst.




Er sieht zwar aus wie ein Blitzkasten, aber an diesem Marronistand werden nur genussaffine Passanten aus dem Verkehr gezogen. (Bild: Daniel Faulhaber)

Bewertung: Der Geschmack der Marroni überzeugt absolut: süss und nussig. Die Konsistenz: dicht und cremig. Abstriche gibt es einzig bei der Schälbarkeit. Einige Marroni liessen sich nur mit Aufwand von der Schale trennen. Dafür gibt es eine gute Note 4.

Zolli: Musli Kuci kommt ursprünglich aus Kosovo. In Basel lebt er seit 27 Jahren und steht mit seinem Marronistand seit 25 Jahren vor dem Basler Zolli. Als einziger der besuchten Stände vertraut er auf Gas beim Marronirösten. Praktisches Extra: An der Marronitüte ist ein weiteres Säckli befestigt für den Abfall.



Musli Kuci steht seit 25 Jahren vor dem Basler Zolli, er röstet seine Marroni mit Gas.

Musli Kuci steht seit 25 Jahren vor dem Basler Zolli, er röstet seine Marroni mit Gas. (Bild: Daniel Faulhaber)

Bewertung: Man braucht diese Marroni nur in die Hand zu nehmen, schon fällt die Schale fast von alleine ab, ohne Rückstände zu hinterlassen. Der ausgezeichnete Geschmack kann leider nicht ganz über die zu weiche Konsistenz hinwegtäuschen. Abzüge gibts also nur für die mangelhafte Oberflächenspannung der Zollimarroni. Trotzdem: schmackhaft und «pflegeleicht», dafür gibt es die Note 4,5.

Freie Strasse: Zahlreiche aufgehängte Zeitungsartikel im Wagen von Rosario Puglisi künden von dessen Präsenz in Basels höchstfrequentierter Shopping-Meile. Er bezieht seine Marroni aus dem Piemont und heizt mit Holzkohle. Von seinem Vater habe er ein gutes Händchen fürs Rösten geerbt, sagt er: «Ich weiss genau, wann die Marroni von der Pfanne wegmüssen.»



Der Alteingesessene: Der Stand von Rosario Puglisi ist fester Bestandteil der Freien Strasse.

Der Alteingesessene: Der Stand von Rosario Puglisi ist fester Bestandteil der Freien Strasse. (Bild: Daniel Faulhaber)

Bewertung: Grossartige Bissfestigkeit! Die Marroni leistet feinen Widerstand, bevor sie ihre milde Süsse preisgibt. So macht Marroni essen Freude – einzig auf dem Weg zum Genuss muss man sich etwas gedulden: Die Schale geht zwar gut ab, aber der Pelz lässt sich hie und da nur mit zusätzlichem Aufwand entfernen. Dennoch: Geschmack und Konsistenz rechtfertigen die überzeugende Note 4,5.

Claraplatz: Hier stehen gleich zwei Marronistände, wir haben uns denjenigen vor der UBS ausgesucht. Die Betreiber kommen aus Venezuela und rösten Marroni aus Süditalien. Woher genau die Marroni kommen, wissen sie aber nicht. Auch hier wird mit Holzkohle geheizt, der Wagen ist in unserer Übersicht das kleinste Exemplar seiner Gattung.




Die Betreiber des Marronistands am Claraplatz wollten lieber nicht abgelichtet werden, hier sind werden die Marroni besonders heiss geröstet. (Bild: Daniel Faulhaber)

Bewertung: Möglicherweise ist es das vielzitierte südamerikanische Feuer, das diese Marroni an den Rand ihrer Belastbarkeit bringt. Viele Nüsse waren überbraten, an einigen Stellen hatte sich der Pelz ins Nussfleisch gebrannt. Wers knackig und urchig mag, ist hier auf jeden Fall richtig. Der Geschmack verdient das Attribut «geräuchert», ob das nicht lieber dem Schinken vorbehalten bleiben soll? Geschmacksache. Im Wissen dass auch mal die Tagesform nicht stimmen kann, gibts dafür eine durchschnittliche Note 3.

Barfüsserplatz: Renato Brambin heizt mit Holzkohlen und das schon lange. Seine Marroni kommen aus Kalabrien und aus dem Piemont, er wird zweimal wöchentlich beliefert und prüft seine Ware gewissenhaft. Die lange Schlange vor seinem Stand lässt nicht viele Fragen zu, also lassen wir die Marroni sprechen.



Der Testsieger: Die Marroni von Renato Brambin sind ein Gedicht.

(Bild: Daniel Faulhaber)

Bewertung: Als hätte sie nur darauf gewartet, ihren Inhalt preiszugeben, löst sich die Schale wie von selbst. Beim Hineinbeissen bereut man, diese vollkommene Haut durchtrennen zu müssen, so sanft umschliesst die Hülle diese dampfende Marroni. Selbst wer nie im Tessin oder Italien war, wird vom Geschmack dieser Marroni über die Alpen und auf die abendliche Piazza eines Bergdörfchens getragen. Mammamia, welch ein Gedicht! Dafür kann es nur die Note 5 geben.

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Der Test beruht auf Stichproben und ist nicht repräsentativ angelegt. Die Beurteilung basiert auf Meinungen der Redaktion.

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