«Beim FCB motzt auch keiner, wenn einer den Schweizer Pass nicht hat»

Ausländer auf dem Wohnungsmarkt und im Joggeli, Angriffe gegen Juden und Muslime – sechs Basler Persönlichkeiten schreiben, warum sie Haltung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zeigen.

(Bild: Hans-Joerg Walter)

Ausländer auf dem Wohnungsmarkt und im Joggeli, Angriffe gegen Juden und Muslime – sechs Basler Persönlichkeiten schreiben, warum sie Haltung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zeigen.

Am Donnerstag fand die Medienkonferenz zum Auftakt der Kampagne «Basel zeigt Haltung» statt. Dabei präsentierten Persönlichkeiten aus Politik, Religion und Wirtschaft ihre Gedanken zum Umgang mit Fremden und Rassismus. Freundlicherweise haben sie uns ihre Statements zur Verfügung gestellt. Wir präsentieren sie Ihnen hier in gekürzter Form.

 

Michel Molinari, Präsident Schweiz. Verband der Immoblienwirtschaft beider Basel

Die Verknappung des Wohnraums ist kein Ausländerproblem

Basel-Stadt ist ein attraktiver Lebens- und Arbeitsort. Wohnen in der Stadt liegt im Trend – vor allem bei jungen Menschen. Und diese verlassen zudem die Stadt nach der Gründung einer Familie weniger oft als früher. Auf diese Entwicklung können wir stolz sein.

Unser Siedlungsraum ist infolge der geografischen Lage und der geringen Landreserven limitiert. Deshalb sind wir gezwungen, in den bestehenden Grenzen zu wachsen. Das birgt Konfliktpotenzial und weckt Widerstand.

Wer trägt die Schuld an der Austrocknung des Wohnungsmarktes? Wer behauptet, es seien die Expats, welche die Mietpreise anheizen, oder die Flüchtlinge, welche den Schweizern den günstigen Wohnraum wegnehmen, ist auf dem Holzweg. Nebst dem Bevölkerungswachstum sind es in erster Linie der gestiegene Wohnflächenverbrauch pro Kopf und die sinkende Belegungszahl pro Wohnung, die den stetig ansteigenden Wohnraumbedarf erklären.

Darum: Bitte um Offenheit und Fairness bei der Einschätzung der Entwicklungen am Wohnungsmarkt! 
Michel Molinari, Präsident Schweiz. Verband der Immoblienwirtschaft beider Basel 

 

(Bild: Hans-Joerg Walter)

Die Würde des Menschen ist unantastbar

Anstand hat keine Hautfarbe, kein Geschlecht und keine Religion.

Beim FCB motzt auch niemand, wenn einer den Schweizer Pass nicht hat: Entscheidend sind nicht rote Pässe, sondern gute Spieler.
Anita Fetz, Ständerätin Basel


Cem Lütfi Karatekin, Präsident des Dachverbandes Basler Muslimkommission

Bismillahi ar Rahmani ar Rahim – Im Namen Allahs, des allen Gnädigen, des Barmherzigen

Auch wir von der Basler Muslimkommission stellen mit grosser Sorge fest, dass Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Islamophobie in einem erschreckenden Mass zugenommen haben. Die Attentate und Massenmorde  in Norwegen und Deutschland, das Brennen der Moscheen in Deutschland sind nur die Spitze des Eisberges. Auch in der Schweiz stellen wir Fälle von gruppenbezogenem Menschenhass fest. Etwa wenn in Grenchen auf dem Baugrundstück einer Moschee vier Schweineköpfe vergraben aufgefunden wurden oder als sich ein Politiker über Twitter eine Kristallnacht für Moscheen wünschte.

Besonders bedenklich ist, dass diskriminierende und rassistische Äusserungen offenbar salonfähig geworden sind und sogar durch diverse Medien – auch durch solche, die in Basel ansässig sind – Auftrieb erhalten.

Als Dachverband fühlen wir uns der gesamten schweizerischen Gesellschaft verpflichtet. So, wie wir als Betroffene die Islamophobie verurteilen, genauso verurteilen wir auch Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung aller Art. Wir setzen uns für eine offene, pluralistische Gesellschaft ein. Die Muslime schätzen die kulturelle Vielfalt auf dem Platz Basel und treten für ein demokratisches, gerechtes Miteinander ein.
Cem Lütfi Karatekin, Präsident des Dachverbandes Basler Muslimkommission

Guy Morin, Regierungspraesident und Vorsteher des Praesidialdepartementes Basel-Stadt, posiert in seinem Buero im Rathaus in Basel am Freitag, 16. September 2011. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)

Haltung einnehmen

«Wir wollen Haltung einnehmen für die Offenheit, für die Basel so bekannt ist. Haltung einnehmen für durchlässige Grenzen und gegen Abschottung. Haltung einnehmen für das Wohl und die Fürsorge von Menschen, die in grösster Not aus kriegsversehrten Ländern hierher zu uns kommen.»
Guy Morin, Regierungspräsident

 

Guy Rueff, Präsident der Israelitischen Gemeinde Basel

Lasst Rassismus und Antisemitismus nicht zu

Die jüdischen Mitbürger in Basel wie in der ganzen Schweiz haben mit Bestürzung die in den letzten Monaten in sozialen Medien geschriebenen antisemitischen Äusserungen und anderen Aktionen registriert. Die teilweise ausgebliebene Reaktionen von Presse, Organisationen und Regierungen auf solche in dieser Form seit Jahren, ja Jahrzehnten nicht mehr gesehenen Taten hat die jüdische Bevölkerung weiter verunsichert.

Wir in Basel durften aber einige Schreiben von christlichen Kirchenvertretern entgegennehmen, die uns ihre Solidarität bekundet haben. Wir nehmen jetzt auch mit grosser Genugtuung zur Kenntnis, dass die Regierung von Basel-Stadt mit der Aktion «Basel zeigt Haltung» versucht, diese für unsere ganze Gesellschaft schädliche Tendenz zu unterbinden und somit einen Appell an alle Menschen in unserer Stadt und darüber hinaus richtet, der lautet: Lasst Rassismus und Antisemitismus, in welcher Form auch immer, nicht zu.
Guy Rueff, Präsident der Israelitischen Gemeinde Basel 

Patrick Hafner ist SVP-Bürgerrat der Stadt Basel und in verschiedenen kirchlichen und gesellschaftlichen Gruppierungen und Organisationen aktiv.

Fruchtbares Miteinander, kein Extremismus

Ich gehöre zu einer Partei, die national auch mal laut auftritt, bekenne mich aber klar zur Offenheit Basels. Ich schätze unsere guten Verbindungen zu den Nachbarn und bin stolz auf die Leistungen unserer Wirtschaft, die nur mit der Unterstützung durch Fachkräfte aus über 100 Ländern möglich ist.

Wenn im offenen demokratischen Prozess Migration auf eine neue Art geregelt wird, ist das ein zu akzeptierender Entscheid des Volkes, der weise umgesetzt werden muss; wenn aber Wachstums- und Umweltprobleme pauschal den Ausländern angelastet werden oder wenn gar gegen einzelne Gruppen gehetzt wird, ist das unfair und inakzeptabel.

Als kirchlich Engagierter sage ich klar: Es darf nicht gegen Gemeinschaften gehetzt und die Globalpolitik mit den hier lebenden Religionsgemeinschaften vermischt werden. Ich fordere die Regierung auf, Aktivitäten von Extremisten, die Gewalt verherrlichen und den Genozid im Irak und in Syrien ideell und konkret unterstützen, zu unterbinden und dafür zu sorgen, dass diese auch nicht im Verborgenen stattfinden können.
Patrick Hafner ist SVP-Bürgerrat der Stadt Basel und in verschiedenen kirchlichen und gesellschaftlichen Gruppierungen und Organisationen aktiv. 

(Bild: Hans-Joerg Walter)

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind nicht einfach genetisch oder gesellschaftlich bedingt. In Schwachen und Fremden lehnen Menschen immer auch ihre Sterblichkeit ab, können «den Tod» dadurch aber auch nicht besiegen. Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind so gesehen massgeblich ein überflüssiges Scheingefecht. Matthias Bertschinger ist Jurist und Grüner Ex-Gemeinderat.

 

 

 

 

Zeigen auch Sie Haltung! Leserinnen und Leser aus unserer Community haben sich bereits an der TagesWoche-Fotoaktion zur Kampagne «Basel zeigt Haltung» beteiligt. Machen auch Sie mit!


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