Biomill: Seit zehn Jahren läuft was in Laufen

Heute Samstag feiert Laufen mit harten Riffs: Vor zehn Jahren wurde die Biomill eröffnet, das Herzstück der Laufentaler Rockszene. Gründungsmitglied Mamfi Lindenberger blickt zurück auf die Anfänge, verrät, welche Band er nie mehr buchen würde und welche internationalen Stars er auf dem Radar hat.

Laufen in Feierlaune: Zum Beispiel 2012, beim Gastspiel von Mambo Kurt. (Bild: schwarzeliste.ch)

Laufen feiert mit harten Riffs: Vor zehn Jahren wurde die Biomill eröffnet, das Herzstück der Laufentaler Rockszene. Gründungsmitglied Mamfi Lindenberger blickt zurück auf die Anfänge, verrät, welche Band er nie mehr buchen würde und welche internationalen Stars er auf dem Radar hat.

Vor zehn Jahren wurde im Laufental der Grundstein gelegt für eine Musikszene, die sich seither auf wundersame Weise entfaltet hat: In einem Schattenloch an der Birs, nach dem Ortsausgang von Laufen, öffnete die Biomill ihre Türen. Weit und breit der einzige veritable Rockclub.

Flankiert wurde das Konzertlokal von 20 Proberäumen, was zu einer fruchtbaren Symbiose führte: Zwischen Basel und dem Jura bildete sich eine Szene, die weit über die eigene Region hinaus Aufmerksam erregte. Durch Bands wie Lamps of Delta, Mosaïc oder Navel, die hier sozialisiert wurden. Und durch internationale Gastspiele in der Biomill, wo die lokale Szene amerikanischen und deutschen Profis auf die Finger schauen konnte.

Eine Erfolgsgeschichte, die auch der Kulturpolitik nicht entgangen ist: 2011 würdigte der Kanton Baselland das Engagement des achtköpfigen Biomill-Teams und verlieh ihm den Kulturförderpreis.

Von Anfang an dabei: Manfred «Mamfi» Lindenberger, der heuer selber einen runden Geburtstag feiern kann, seinen Vierzigsten. Er spielte jahrelang Bass bei Custommade Noise (der Name war Programm!) und gehört bis heute zum Kernteam, das in der ehemaligen Futterfabrik Konzerte durchführt. Wir haben ihn, der mittlerweile in Basel lebt und nur noch für Konzerte nach Laufen zurückkehrt, zum Interview getroffen.

Mamfi Lindenberger, die Biomill gibts seit zehn Jahren. Heute Samstag wird gefeiert. Wie?

Mit einem Abend, der genau dasselbe Programm beeinhaltet wie damals: Gurd, Lamps Of Delta und The Weeds geben Konzerte. Dazwischen und danach legen Strauss und ich als DJs Musik auf. Wir haben uns vorgenommen, nur Songs zu spielen, die vor 2004 erschienen sind.

Wie war das damals im 2004, als die Biomill eröffnet wurde?

Chaos pur. Aber auch aufregend. Die Konzertszene war am Boden, in der ganzen Region Basel. Ich fuhr an den Wochenenden meistens nach Zürich, wo dank Clubs wie dem Abart noch Rock zu hören war. Als wir die Möglichkeit hatten, in Laufen ein Lokal zu eröffnen, wurden wir regelrecht überrannt. Beweis dafür, dass ein riesiges Vakuum herrschte.

Was führte dazu, dass Laufen plötzlich zu einem Rockmekka wurde?

Urs Bieli, ein lokaler Transportunternehmer, hatte die alte Futterfabrik gekauft – und durch seinen Sohn, der in unserem Alter war, ein offenes Ohr für die Anliegen der Jungen. Bieli vernahm, dass es viel zu wenig Proberäume gibt. Also richtete er in der alten Futterfabrik 20 Proberäume ein und vermietete sie an die Laufentaler Bands. Er unterstützte uns auch beim Konzertlokal, indem er in den ersten fünf Jahren auf einen Mietzins verzichtete. Ohne seinen Goodwill gäbe es die Biomill vermutlich gar nicht mehr.

Warum meinen Sie?

Naja, wir stürzten uns recht abenteuerlich in die ganze Sache, machten einfach mal das Loch auf und schauten, was passiert. Mit dem Erfolg nach dem ersten Jahr kamen auch behördliche Vorlagen, die wir baulich erfüllen mussten: WC-Anlagen, Lüftungen, Schallschutz, Fumoir, Ruheraum. In jeder Sommerpause haben wir zwischen 20’000 und 50’000 Franken in den Ausbau des Clubs gesteckt.

Sie sind also noch nicht reich geworden mit der Biomill?

Wo denken Sie hin! Ich arbeite bis heute ehrenamtlich. Die Gewinne haben wir immer ins Lokal investiert. Für uns – wir sind heute ein neunköpfiges Team – ist das Betreiben des Clubs ein Hobby. So wie sich andere in einem Sportverein engagieren.

Wie schwierig ist es, von Agenturen ernst genommen zu werden, wenn das Angebot nicht aus Zürich oder Basel kommt, sondern aus Laufen?

Das variiert stark. Als Bonaparte bekannt wurden, wollten wir sie auch in die Biomill holen. Doch ihr Agent winkte ab, Laufen war für sie zu unbedeutend.

Ärgerlich?

Schade halt, aber das gehört zum Geschäft. In einem Jahr wären sie vielleicht froh, in Laufen zu spielen – dann kann es aber sein, dass sie für uns kein Thema mehr sind. Am meisten scheitern unsere Wünsche aber an den Terminen. Wir veranstalten maximal 15 Konzerte pro Jahr – und das immer am Wochenende, weil wir alle arbeiten. Einer ist mittlerweile Arzt, zwei arbeiten auf der Bank, ich betreibe eine Plotdruckerei in Basel. Wir machen das also wirklich nebenbei aus purer Leidenschaft, richten uns selber ein und wischen am Tag danach den Boden. Aus diesen Gründen müssen wir uns aber auf die Samstage beschränken, was sich nicht immer mit den Tourplänen vereinbaren lässt. Dieses Jahr wollte ich für Ostern Dog Eat Dog (eine amerikanische Crossover-Band, die Red.) verpflichten und drumrum einen 90er-Abend veranstalten. Die Gage hätten wir uns geleistet. Aber es scheiterte am Datum.

Hat die Biomill immer rosige Zeiten erlebt?

Nein, es gab vor fünf Jahren eine Phase, in der das Publikum weniger wurde. Wir stellten fest, dass Rock alleine nicht mehr reichte und erweiterten unser Spektrum, nahmen seither gelegentlich auch Elektronik und Hip-Hop ins Programm. Daraufhin zog es wieder an. Aber das Konzertgeschäft ist unberechenbarer geworden. 2011 sah ich die britische Band I like Trains in der Roten Fabrik in Zürich. Sensationell. Und obschon sie an einem Dienstag spielten, war das Konzert ausverkauft. Als ich die Band ein halbes Jahr später nach Laufen brachte, an einem Samstag, kamen nur 100 Leute. Das war ziemlich ernüchternd.

Es ist schwierig, das interessierte Publikum aus den Städten nach Laufen zu locken?

Weniger als auch schon. Im Vergleich zu den Anfangsjahren haben wir immer mehr Zulauf von auswärts. Seit die SBB die Nachtzüge eingeführt haben, kommt man auch morgens um vier noch nach Basel zurück. Als wir im Januar die Berner Kultband The Monsters veranstalteten, kam das Publikum wirklich von überall her. Drei Besucher waren sogar eigens aus Barcelona angereist. Sie hatten vor dem Konzert extra angefragt, ob es sicher stattfinde, ehe sie ins Auto stiegen und 12 Stunden lang Richtung Norden fuhren. 

Für The Monsters reisten drei Konzertesucher eigens aus Barcelona an?

Ja. Die Band tritt nicht mehr so oft auf, hat aber noch immer eine beachtliche Fanbasis.

Und welches war die grösste Fehlentscheidung, die Sie als Booker gefällt haben?

Die Verpflichtung von Klimt 1918, einer italienischen Alternative-Rockband. Ihr Album wurde in den Musikmagazinen gefeiert, es klang auch wirklich gut, ähnlich wie Interpol. Sie reisten aus Rom an, im Schnee, waren total angepisst und fragten gleich zuerst, ob sie nicht als erste spielen könnten. Die waren so schlecht gelaunt, dass sich das auf das ganze Team und das Publikum übertrug. Und ich fragte mich, warum sie denn überhaupt gekommen waren, wenn sie gar keine Lust hatten. Die fand ich extrem Scheisse. Sonst aber kann ich hinter allem stehen.

Was war Ihr Highlight in diesen zehn Jahren?

Als Blackmail bei uns spielten, eine meiner Lieblingsbands. Unvergesslich war auch das zweite Konzert der finnischen Gruppe Disco Ensemble. So geladen wie bei ihrem Auftritt war die Stimmung noch nie. Allerdings habe ich danach den Fehler gemacht, sie noch ein drittes Mal zu verpflichten. Das sollte man nie, meiner Erfahrung nach. Denn meist lässt sich ein legendärer Abend nicht wiederholen, man sollte ihn einfach so stehen lassen.

Sie sind seit Anfang an dabei und haben das Booking fest im Griff. Wie lange noch?

Im Moment denke ich noch nicht ans Aufhören. In diesem Jahr kommen wir erstmals in unserer Geschichte ohne Bauarbeiten aus, können uns voll auf die Veranstaltungen konzentrieren und haben mehr Geld für Gagen zur Verfügung. Das möchte ich jetzt auch ausnützen.

Welche grössere Band haben Sie denn auf dem Radar?

Ich hoffe sehr, dass wir … Trail Of Dead nach Laufen holen können. Ursprünglich war ihre Europatour im Frühling geplant, jetzt ziehen sie die USA vor und kommen erst im Herbst. Ich hoffe sehr, dass es dann klappt.

Und abgesehen davon, was ist Ihr grösster Wunsch?

Dass die Biomill auch das 20-Jahr-Jubiläum erleben wird… dann aber mit mir als Gast.

Nächster Artikel