Mechanische Geräte altern gut – digitale Geräte werden nur zu Elektroschrott. Oder Edelkitsch.
Der Kamerasammler ist ein spezielles Tier, knapp verwandt mit dem Uhrensammler. Beide hätscheln ihre Schmuckstücke und stellen sie mit Handschuhen und Staubpinsel bewaffnet in ihre Glasvitrinen. Praktisch niemand verwendet die Geräte für ihren ursprünglichen Zweck, also als Zeitmesser oder zum Fotografieren. Auf Kameraauktionen erzielen seltene Stücke zuweilen astronomische Preise.
Schaut man sich durch diverse Sammlungen durch, bemerkt man, dass praktisch nur analoge Kameras gesammelt werden. Die ab den Nullerjahren auf den Markt gekommenen Elektrokameras werden links liegen gelassen.
Seit der Digitalisierung der Fotografie ist es schwierig für Kamerafreunde; analoge Geräte genügten noch Jahrzehnte nach ihrer Fertigung den höchsten Ansprüchen. So konnte im Jahr 2000 eine zwanzigjährige gut erhaltene Kamera den Bedürfnissen eines Profis gerecht werden. Digitalkameras aber wollen einfach nicht richtige Sammlerstücke werden, irgendwie sind Elektrogeräte im Alter nicht so sexy wie mechanische Bildfänger. (Uhrenvergleich: Wer sammelt denn schon Quarzuhren?) So enden die digitalen Apparate als Elektroschrott statt in den Vitrinen der Kamerastreichler.
Die Edelmarke Leica, die hauptsächlich Kameras für Liebhaber oder Möchtegern-Cartier-Bressons baut, will die Sammler der Zukunft verwirren. Gemeinsam mit dem Künstler Lenny Kravitz (ja, der!) wurde die Leica M-P «Correspondent» geschaffen, ein Sammlerstück im Stile legendärer Reportagekameras.
Extra von Hand gealtert, mit eingravierten Gebrauchspuren wie nach 20 Jahren hartem Einsatz, wirkt die moderne Digitalkamera wie ein Witz: Der Retrochic mit künstlicher Gebrauchspatina kostet 27’000 Franken und wird bestimmt nur wenige bedeutsame Bilder schiessen. Aber der Besitzer wird das Juwel als Schmuckstück um seinen Hals hängen oder eben in eine Vitrine stellen.
Das Frisieren von Serienmodellen hat eine lange Tradition, so gibt es unzählige Edelmetallversionen bekannter und unbekannter Kameras, die nebst Bling-Bling auch funktionstüchtig sind. Sehr schön: eine goldene «Alpa», made in Switzerland, Baujahr 1980. Oder eine «Rollei Platin» mit Echsenleder.
Alle klassischen Luxusmaterialien werden verarbeitet: Silber, Gold, Platin, Kroko- und Schlangenleder, Urushi-Lack, Elfenbein oder Edelsteine. Polaroid baute in Kooperation mit Cartier vier mit Saphiren besetzte 22-karätige Sofortbildkameras. So gibt es allerlei Kombinationen von Kamera- und Luxusmarken. Leica mit Hermes. Stella McCartney mit Canon. Auch Automarken werden beliebt: Leica mit Audidesign, Hasselblad mit Ferrari.
In der freien Wildbahn sind mir allerdings noch keine gepimpten Kameras begegnet; diese Spezialeditionen sind vielleicht bei Ölscheichs oder Diktatoren als Geschenke beliebt. Oder eben bei heimlichen Sammlern, die ihre Schätze wohlweisslich in Edelstahltresoren verbergen. Das Einzige, was sie vor die Linse bekommen, ist das Unfotogenste überhaupt – absolute Dunkelheit.