Christian Wenker, Zootierarzt

Die Giraffenherde im Zolli erhält Zuwachs: Die Giraffendame Sophie kommt aus Westfrankreich nach Basel. Bevor sie ihr neues Zuhause richtig geniessen kann, wird die ganze Herde von Zollitierarzt Christian Wenker in Quarantäne gesetzt.

Warten auf Sophie: Zootierarzt Christian Wenker und Giraffenmännchen Xamburu. (Bild: Basile Bornand)

Die Giraffenherde im Zolli erhält Zuwachs: Die Giraffendame Sophie kommt aus Westfrankreich nach Basel. Bevor sie ihr neues Zuhause richtig geniessen kann, wird die ganze Herde von Zollitierarzt Christian Wenker in Quarantäne gesetzt.

Sie wird eine lange Fahrt hinter sich haben, wenn sie in Basel ankommt. Die junge Französin wird sich ein paar Stunden Zeit lassen, bevor sie aussteigt und den Absperrungen entlang in ihr neues Zuhause trottet, das Giraffenhaus im Basler Zolli. Die weite Reise verdankt Sophie dem Zuchtprogramm der Zoos, das die junge Giraffendame aus Westfrankreich nach Basel vermittelt hat.

Monatelang gingen Papiere zwischen allen beteiligten Stellen hin und her: Zuchtbuchauszug, Grenz­doku­mente­, Mehrwertsteuerbefreiung (da Zootiere nur zur Ausstellung vorgesehen sind), Gesundheitszeugnisse. Ein Flug blieb Sophie erspart. «Mit ihren drei Metern passt sie schon jetzt in keinen Frachtraum. Dabei ist sie erst mit fünf bis sechs Metern ausgewachsen», erläutert Zootierarzt Christian Wenker.

Handliche Grösse

Mit ihrer für Giraffenverhältnisse handlichen Grösse kann sie noch im ­Anhänger ­einer spezialisierten Spedition reisen. Der hat ein absenkbares Dach, damit er notfalls auch unter niedrigeren Brücken durchpasst, wenn die Giraffe den Hals beugt.

Am Schluss blieb nur noch eine Hürde: das Tierseuchengesetz. Wenker muss nachweisen, dass Sophie keine Brucellose hat. Dafür braucht es einen Bluttest. Nur: Wie kommt man an ein Tier heran, das mit seinem Huf einen Löwenschädel spalten kann? Vollnarkose kommt bei Giraffen nur im äussersten Notfall infrage. Wenn man nicht höchst umsichtig vorgeht, fällt der Hals nach hinten und das Ganze endet mit einem Genickbruch.

Der Trick mit der Wanze

Wenker hätte einen Trick auf Lager. Er hat sich eine grosse Raubwanze besorgt, der er einen Bindfaden ans Hinterbein knotet. Sobald sie vollgesogen ist, lässt sie sich fallen. Wenker muss sie nur am Faden wieder heranholen, ihr das Blut abzapfen und seine Untersuchungen machen. Die Methode hat sich bereits bei Kianga bewährt, dem zweiten Weibchen in der Giraffenherde, das im vergangenen Jahr aus Belgien nach Basel kam.

Diesmal allerdings wird Wenkers Wanze hungrig bleiben. Der Kantonstierarzt hat nun doch auf die Untersuchung verzichtet. Nur die Quarantäne muss der Zootierarzt jetzt noch überwachen: «Vier Wochen lang müssen alle Besucher fünf Meter Abstand zu den Giraffen halten. Die Pfleger dürfen keinen Kontakt zu anderen Klauentieren haben, müssen durch Desinfektionswannen laufen und allen Kot der Tiere separat entsorgen.» Und das nicht nur bei den Giraffen, sondern auch bei den benachbarten Okapis und Kudus. Im engen Zolli wäre der Radius für die Quarantäne anders gar nicht einzuhalten.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 16.11.12

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