Seit über drei Jahren betreibt Gregory Staeuble mit seinen Geschwistern das «Nordbahnhof» im St. Johann. Das Thai-Restaurant trumpft mit Quartierbeiz-Charme statt asiatischem Ambiente. Das kommt gut an.
«Bester Thai in Basel», klingt es von allen Seiten, wenn vom «Nordbahnhof» die Rede ist. Das gemütliche Restaurant im hinteren St. Johann gehört zu den liebsten Lokalen des Santihansler. Das merkt auch, wer über Mittag oder abends vorbeiläuft und einen Blick durch die eher unscheinbaren Fenster wirft: Das «Nordbahnhof» ist stets gut gefüllt mit bunt gemischten Gästen, die wohlig seufzend ein Curry oder die gebratene Ente verspeisen.
Das «Nordbahnhof» ist der beliebteste Thai-Laden der Stadt und das, obwohl die Beiz auf den ersten Blick ihrer Kulinarik so gar nicht gerecht wird: Es fehlen die üblichen Dekorationselemente, die Plastikblumen und vergoldeten Ornamente. Stattdessen stehen da massive Holztische, die Wände sind halb getäfelt, halb in unaufdringlichem Hellgelb gestrichen, ein paar Bilder hängen bescheiden über dem dunklen Boden. Nur die kleine goldene Winkekatze direkt vor dem Eingang wirkt irgendwie asiatisch.
Begrüssung auf Japanisch
«Dabei ist die nicht mal Thai!», lacht Gregory Stäuble, der mit seiner Schwester und seinem Halbbruder seit 2010 die frühere Quartierbeiz führt. Die Katze sei ursprünglich japanisch und winke den Erfolg hinein, eine Glückskatze, wenn man so wolle.
Die Katze scheint Stäuble und seinen Geschwistern freundlich gesinnt zu sein: Nach erfolgreichen Stationen im «Siam» in der Erlenstrasse und dem «K.MU:N» auf dem nt/Areal, wo Stäuble zusammen mit seiner Schwester Sirin die Nachtschwärmer mit Currys versorgte, stiessen sie auf das Lokal im St. Johann. Und beschlossen, gutes Thai-Essen zu erschwinglichen Preisen in die urchige Quartierbeiz zu bringen.
Einen Thai-Laden in der eingeschworenen Blase einer ehemaligen Quartierbeiz zu eröffnen – ist das nicht ein waghalsiges Unterfangen? Stäuble überlegt kurz und schüttelt dann den Kopf. «Die Menschen, die seit 30 Jahren an denselben Stammtisch kamen, waren verständlicherweise schon etwas skeptisch. Und wir kamen ja aus dem Kleinbasel, da mussten wir erst einmal das Quartier kennenlernen.» Aber nach ein paar Tagen sei das kein Problem mehr gewesen. Heute kommt jeden Donnerstag die Fasnachtsclique vom Keller nebenan und viele Stammgäste lassen sich ebenfalls weiterhin regelmässig blicken.
Der Mix machts
Es ist das Sowohl als Auch, welches das «Nordbahnhof» auszeichnet. Die Verbindung von urchiger Beiz und exotischem Essen ist in dieser Form einzigartig in Basel. Der Laden sieht immer noch ähnlich aus wie bei der Übernahme, die Geschwister Stäuble streichen hier und da ein paar Wände, machen kleine Änderungen und kümmern sich um den Buddha, der oberhalb der Eingangstür sitzt und über das Restaurant wacht. Sie gehen die Dinge mit einer ungezwungenen Gelassenheit an, die auch vor den Gästen nicht halt macht. «Bei uns werden alle gleich behandelt und gleich bedient», sagt Gregory Stäuble, und jeder, der schon einmal im «Nordbahnhof» gegessen hat, weiss: Er meint es ernst.
In einem Punkt allerdings unterscheidet sich das «Nordbahnhof» nicht von anderen thailändischen Restaurants: Einmal im Jahr kommen Mönche aus dem solothurnischen Gretzenbach und weihen den Laden. «Das gehört dazu», meint Stäuble.
Trotz Thai-Ritual sieht man eher selten thailändische Gäste im Restaurant. Das sei einerseits schade, andererseits soll jeder da hingehen, wo es ihm gefällt. «Wir machen ja auch unser eigenes Ding, so, wie es für uns gut ist.» Vielleicht liegt genau in dieser Einstellung das Geheimnis des «Nordbahnhof»: Authentisch und unkompliziert, ganz einfach ein Restaurant, in dem man gerne ist und sehr gut isst.