Die drey scheenschte Dääg lassen den Franken rollen und die Räppli stieben: Während viele Gewerbebetriebe vor und während der Fasnacht ihr Geschäft des Jahres machen, müssen die aktiven Fasnächtler und das Publikum tief ins Portemonnaie greifen.
Es sind die Tragödien, die genau so zur Fasnacht gehören wie Waggislarven und Räppliregen. Am Montag, kurz nach vier Uhr in der Früh, reisst bereits beim dritten Fünferruf des «Morgestraich» ein dumpfer Missklang den Tambour aus seiner trommlerischen Glückseligkeit. «Rumms», und im Kalbfell klafft ein weiter Riss!
Sobald der grosse Frust über den abrupten Trommelabbruch überwunden ist, folgt der Ärger darüber, dass das 280 bis 300 Franken teure neue Fell keine zwei Dutzend Schläge überdauern konnte. Das ist Pech und das Risiko, das man eingeht, will man sich als Trommler nicht mit dem Kompromiss des weniger angenehm und klangvoll zu bearbeitenden Kunststoff-Fells abfinden.
Eine gesalzene Rechnung
Gehen wir mal davon aus, dass dieser Trommler sich im nahen Cliquenkeller einen Ersatz besorgen kann. Er könnte sein Instrument auch zu einem der Basler Trommelbauer bringen, aber das kostet dann: 95 Franken für das neue Kunststoff-Fell und etwa noch einmal so viel für die Arbeit des Trommeldoktors.
Also schreibt er die neue Holztrommel, die er vor wenigen Jahren für über 2000 Franken gekauft hatte, für diese eine Fasnacht ab. Schliesslich muss er noch die Aufwendungen für das Zugskostüm (250 Franken), die Larve (200 Franken), die Abendessen (Montag und Dienstag je 35 Franken) sowie natürlich die Getränke, die an den vielen Zwischenhalten bis Donnerstag früh, 4.00 Uhr, anfallen, bezahlen.
Die Kosten für Laterne, Zeedel, Übungsinstruktor, Kellermiete etc. sind nicht eingerechnet, auf der anderen Seite auch nicht die Subventionen durch das Fasnachts-Comité, die Einnahmen durch den Plakettenverkauf oder die Bewirtschaftung des Cliquenkellers. Dazu kommen aber wiederum Aufwendungen für ein spezielles «Zyschtigs-Goschdyym».
Nix für Geizige: der Schottenrock
Da stapelt sich also einiges an Ausgaben. Etwas weniger vielleicht bei der Traditionsclique VKB, deren Mitglieder laut Aussagen von Obmann Robi Cahenzli die Larven selber herstellen und nur eines der Nachtessen (plus Zvierihalte und Bummelbeitrag) selber bezahlen müssen. Es kann aber auch mehr sein, wie bei der Guggemuusig Schotte Clique. Dort kostet die Zugslarve (für den Montags- und Mittwochs-Cortège) laut Obmann Roland Bacher schon mal 250 Franken, das dazugehörige Kostüm vielleicht noch einmal so viel. Bei den «Schotte» kommt aber noch die traditionelle Dienstagsuniform mit Original-Kilt aus Schottland, Uniformjacke und Bärenfellmütze hinzu. Wie viel sie kostet, will Bacher nicht sagen. Wer im Internet nachschaut, stösst allein für die Stoffbahn des Schottenrocks auf Preise von über 300 Pfund.
Wir wollen das alles gar nicht zusammenzählen, das haben Spezialisten bereits getan. Etwa eine Arbeitsgruppe des Departements Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz.
2005 erstellte sie im Auftrag des Fasnachts-Comités eine «Untersuchung über die volkswirtschaftliche Bedeutung der Basler Fasnacht» mit dem gefälligen Titel «D Frau Fasnacht in Frangge und Räppli». Diese Studie errechnete Gesamtausgaben in der Höhe von 27,7 Millionen Franken (die Teuerung mit einberechnet dürfte dies heute einem Wert von 29 Millionen entsprechen). Davon entfallen 9,3 Millionen auf Vorbereitungsausgaben und rund 7,5 Millionen Franken auf Konsumationsausgaben der Aktiven (wobei die Rechnungen für die Nachtessen und die Ausgaben der zahlreichen «wilden», das heisst nicht beim Comité gemeldeten aktiven Fasnächtler seltsamerweise ausgeklammert wurden).
2,61 Millionen für Kostüme
Einer der grössten Budgetposten bei den Vorbereitungsarbeiten sind die Ausgaben für die Kostüme. Die Kosten für Stoff und Schneidern werden in der Untersuchung für ganz Fasnachts-Basel mit 2,61 Millionen Franken beziffert. Für viele Fasnachtscliquen ist es, wie sie selber betonen, Ehrensache, dass sie ihre Kostüme bei lokalen Ateliers oder Einzelpersonen in Auftrag geben.
Bei grossen Cliquen oder Guggen, wie die VKB oder d «Schotte», die bis zu über hundert Aktive einkleiden müssen, ist dies ein Auftrag, der einen hohen Prozentsatz des Jahresumsatzes ausmachen dürfte. Zum Beispiel bei der Schneiderin im St. Johann, die anonym bleiben möchte. Ihre Fasnachtsaufträge – insgesamt sind es rund 50 Kostüme – machen rund einen Drittel ihres Jahresumsatzes aus.
«Die Kosten für die Kostüme schwanken zwischen 250 für einfachere Arbeiten bis über 1000 Franken für aufwendige Einzelanfertigungen», sagt die aus Zürich stammende Schneiderin. Das ist nicht wenig Geld für eine Verkleidung, die man in vielen Fällen nur gerade zwei Fasnachtstage lang trägt. Die besagte Schneiderin muss denn nach eigenen Angaben immer und immer wieder betonen, dass auch ein Zweitageskostüm einiges an Arbeitszeit in Anspruch nimmt: «Die Fasnächtler können ganz schön knausrig sein», sagt sie.
Kostüme aus Billiglohnländern?
Dieser Umstand legt den Verdacht nahe, dass sich die eine oder andere Clique dazu verführen lassen könnte, das Kostüm im billigen Ausland nähen zu lassen. In Rumänien zum Beispiel oder gar in China. Sich diesen Verdacht bestätigen zu lassen, ist nicht so einfach. Wenn man sich in Insiderkreisen umhört, bezweifelt zwar kaum jemand, dass dies nicht selten der Fall sein dürfte, an konkrete Beispiele gelangt man aber nur schwer und selbstverständlich nur dann, wenn man verspricht, die Anonymität zu wahren.
«Wir haben unsere Kostüme einmal aus Spargründen in einem österreichischen Mädchenpensionat fertigen lassen», verrät ein ehemaliges Mitglied einer Traditionsclique – «aber gäll, kei Wort, vo wäm du das ghört hesch!». Und von einer anderen Stammclique ist zu erfahren, dass sie ihre Kostüme – es handelt sich um Strassenanzüge – bei einem deutschen Internetshop bestellt hat – ein Weg zur Aufwandminderung, den nicht wenige Fasnächtler einschlagen und der dazu führt, dass manches «Kostüm» vom Zettelchen «Made in China» befreit werden muss.
Umsatzplus in den Beizen
Zurück aber zum eingangs erwähnten Trommler. Nach einem oder zwei «Rugeli» Bier in der «Hasenburg» (Fr. 4.90) oder einem «gespritzten» Weisswein im «Schlüssel» (7 Franken) dürfte er die Freude an der Fasnacht wiedergewonnen haben.
Eine Freude, die von den Wirten der Innenstadt-Beizen durchaus geteilt wird. Auf 13,1 Millionen Franken schätzt die vom Comité initiierte Untersuchung den Gesamtumsatz der Gastronomie während der Fasnacht – die Ausgaben der Aktiven für die Abendessen nicht eingerechnet. Hier dürften bei 20 000 hungrigen Aktiven, zurückhaltend geschätzt, noch einmal gut 1,2 Millionen Franken dazukommen.
Die meisten zumindest der traditionellen Gastronomiebetriebe verzichten übrigens – entgegen einer weitverbreiteten Ansicht – auf Preisaufschläge. «Das macht man nicht!», betont Josef Schüpfer, Präsident des Basler Wirteverbands und Geschäftsführer des Restaurants Stadthof am Barfüsserplatz.
Aufschlag muss nicht sein
Das war in den letzten Jahren nicht überall so. Die «Hasenburg» etwa verlangte früher, um den hohen Verschleiss an «Rugeli»-Gläsern zu kompensieren, wie die Wirtin Liselotte Schwendiger sagt, 20 Rappen mehr für ein Bier, das normalerweise Fr. 4.90 kostet. «Dieses Jahr bekommen wir die Gläser von der Firma Feldschlösschen aber kostenlos zur Verfügung gestellt, so dass wir auf den Aufschlag verzichten können», sagt sie.
In der «Schlüsselzunft» werden die Preise auf 50-Rappen-Beträge auf- oder abgerundet, wie Geschäftsführer Sascha Brestler sagt. Während eine Cola also mit Fr. 5.50 vorübergehend 20 Rappen teurer wird, kosten das 4-Dezi-«Rugeli» Bier mit Fr. 6.50 oder der Kaffee für Fr. 4.50 jeweils 10 Rappen weniger.
Allerdings fällt vor allem beim Weisswein ein Vergleich zum Normalpreis oftmals nicht so leicht. Dass der «Gespritzte» mit 7 Franken im «Schlüssel» während der Fasnacht 50 Rappen weniger kostet als sonst, sieht nur auf den ersten Blick als grosszügiges Entgegenkommen aus. «Wir verwenden während der Fasnacht einen La Côte der Offenausschank-Qualität, den wir sonst nicht im Sortiment haben», sagt Brestler.
Dass die Basler Beizer ihr Weinsortiment an der Fasnacht auf weniger hochwertige Offenausschanktropfen aus dem Waadtland und dem Wallis eindampfen (oder mit ihnen erweitern) – den halben Liter je nach Marke für Preise zwischen 20 und 29 Franken –, ist übrigens weitverbreitet. Das dürfte auch die dortigen Winzer freuen, die an der Fasnacht einen Teil ihrer Überproduktion abfliessen lassen können.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 15.02.13