Das Berner Kochbuch – ein Küchenklassiker

Eigentlich zur Ausbildung angehender Hausfrauen verfasst, lehrte das Berner Kochbuch auch einige Burschen das Kochen.

Funktional und ohne Schnickschnack: So präsentiert sich das Kochlehmittel aus Bern in der Ausgabe von 1961.

(Bild: Nils Fisch)

Ich komme aus einer Familie, in der man gerne isst. Keine ausgefallenen Sachen: Speck und Bohnen, gefüllte Zucchetti, Kirschenauflauf und am Sonntag ab und zu einen Kaninchenbraten mit Kartoffelstock und einen Kuchen. Besondere Spezialitäten meiner Mutter waren Salzgurken, die sie mit Dill und Knoblauch in Bülacher Gläsern einmachte, sowie saure Krautwickel.
Um uns Letztere vorsetzen zu können, schlug sie zum Kraut im Sauerkrautfass jeweils zusätzlich einen ganzen Kohlkopf ein, dessen Blätter sie, wenn sie sauer waren, mit Reis und Hackfleisch füllte. Die Wickel kamen mit Rahm und Tomatensauce in die Pfanne und zum Schluss mit Kartoffelstock auf den Tisch – einfach herrlich!



So wird eingemacht: für den grafischen Schmuck des Lehrmittels sorgte der Werbegrafiker Heinz Jost.
So wird eingemacht: ganz auf grafischen Schmuck wurde auch in den nüchternen 1960er-Jahren nicht verzichtet. (Bild: Nils Fisch)

«Hausbackene» Aufmachung

1974 ging meine Zeit in diesem mütterlichen Schlaraffenland zu Ende. Im Herbst jenes Jahres zog ich zu Hause aus und wohnte zunächst in Pratteln und dann bald in Basel. Nun hiess es – von sonntäglichen Besuchen bei meinen Eltern einmal abgesehen – selber kochen, wollte ich mich nicht ständig in der Uni-Mensa oder in Wirtshäusern verköstigen.

Hilfreich bei dieser Herausforderung waren für mich mein Studienkollege und WG-Genosse Charlie – und das Berner Kochbuch. Was das Äussere betrifft, kommt das Buch ziemlich «hausbacken» daher. Ein Kartondeckel vorne, einer hinten, dazwischen 226 Seiten mit Rezepten und Kochanweisungen, das Ganze zusammengehalten von einer weissen Drahtspirale.

Herausgegeben wurde das Buch von der Schul- und Büromaterialverwaltung der Stadt Bern im Auftrag der Schuldirektoren der Stadt Bern für den hauswirtschaftlichen Unterricht an Volks- und Fortbildungsschulen. Das Lehrmittel fand weite Verbreitung. Jenes Exemplar, das ich besitze, war Teil der erweiterten, 26. Auflage und wurde 1961 ausgeliefert.

Ansporn für Hausversuche

Erstmals erschienen ist das Berner Schulkochbuch im Jahr 1901; damals war es noch eine Broschüre von 51 Seiten. Das Buch wurde wiederholt überarbeitet. Zu den Neuerungen der 26. Auflage zählten unter anderem «eine Kräutertabelle, eine Tabelle über ausgeglichene Ernährung (Saffa-Tabelle), eine Darstellung des Getreidekorns und eine Zeichnung vom Rind und Schwein (Benennung der Fleischstücke)».

Den gestalterischen Schmuck verdankt das Buch Heinz Jost, der damals leitender Grafiker der Kaffee- und Lebensmittelfirma Merkur war und den Illustrationsauftrag als Sieger eines Wettbewerbs bekam.



Ins Bild gerückt: Richtlinienfür eine ausgeglichene Ernährung.
Ins Bild gerückt: Richtlinienfür eine ausgeglichene Ernährung. (Bild: Nils Fisch)

Das Berner Kochbuch – so lesen wir im Vorwort aus dem Jahr 1961 – «spornt die Schülerinnen, wenn es in ihren Besitz übergeht, an, ihre praktischen Versuche zu Hause fortzusetzen. Aber auch manche Frau und Mutter, manche im Hausdienst tätige Tochter nimmt es gerne zur Hand und sucht darin Rat.» Oder eben auch Charlie und ich in unserer Männer-WG – auch wenn wir von den Kochbuch-Autorinnen gar nicht mitgemeint waren.

Nächster Artikel