Die Versorgungssicherheit der Basler Bevölkerung durch Feuerwehr und Sanität sei klar gewährleistet, betonte Justiz- und Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass an einer eilig einberufenen Medienkonferenz am Donnerstag. Gegenteilige Behauptungen aus einer SVP-Interpellation wies er dezidiert als „inakzeptabel“ zurück und erhielt hierbei Schützenhilfe aus der SVP selbst.
So energisch im Auftreten und im Ausdruck hat man den Basler Justiz- und Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass kaum je erlebt: «Es ist ausgesprochen ärgerlich, wenn gewisse Situationen im Rettungswesen dazu missbraucht werden, in der Bevölkerung Ängste zu schüren», sagte er am frühen Donnerstag Nachmittag an einer Medienkonferenz. Stein des Anstosses ist eine Interpellation des Riehener SVP-Grossrats Eduard Rutschmann, der die Anhäufung von Überstunden in der Berufsfeuerwehr und bei der Rettungssanität zum Anlass nahm, scharfes Geschütz gegen den zuständigen Departementsvorsteher aufzufahren. Darin suggeriert Rutschmann, dass eine wachsende Unzufriedenheit beim Personal die Versorgungssicherheit durch das Rettungswesen in Gefahr bringe, was in die suggestive Frage mündet, ob es nicht sinnvoll wäre, «um wieder Ruhe und Zufriedenheit in die Staatsanwaltschaft, die Polizei, die Sanität und die Feuerwehr zu bringen, wenn diese Bereiche bis zu den Wahlen ein anderer Regierungsrat übernehmen würde».
«Gruusig und inakzeptabel»
Für Gass sind diese Anwürfe «schlichtweg gruusig und inakzeptabel», wie er an der Medienkonferenz im Beisein des obersten Kaders der betroffenen Bereiche sagte. Wenn sie so agiere, habe die SVP ein Glaubwürdigkeitsproblem. Diese Ansicht ist offensichtlich auch in der SVP selbst verbreitet. An der Seite des Justiz- und Sicherheitsdirektors distanzierte sich SVP-Grossrat Lorenz Nägelin, selber bei der Rettungssanität tätig, im Namen seiner Partei von der Forderung des Interpellanten, dass Gass sein Departement abzugeben habe. Auch sieht er die Versorgungssicherheit im Rettungswesen keineswegs gefährdet: «Für die SVP steht klar fest, dass in Basel jedes Feuer gelöscht und jeder Patient gerettet wird», sagte Nägelin.
Nichtsdestotrotz herrscht in den Reihen der Berufsfeuerwehr und der Rettungssanität gegenwärtig eine angespannte Situation, die vor allem auf die wachsende Zahl an Überstunden und die damit verbundene gestiegene Arbeitsbelastung zurückzuführen ist. Die Basler Berufsfeuerwehr hatte sich am Mittwoch mit einer «Protestpause» zudem gegen das neue Arbeitszeitreglement gewandt, das laut Personalkommission und Gewerkschafsvertretern eine weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen nach sich zöge. Konkret forderten sie eine Aufstockung des Stellenbestands, der bei der letzten Sparrunde – das war noch vor Amtsantritt von Gass – abgebaut wurde.
Arbeitszeitreglement muss revidiert werden
Gass zeigte nur bedingt Verständnis für den Protestanlass der Feuerwehrleute. Weil dem Kantonspersonal neu fünf Wochen Ferien im Jahr zustünde, müsse das Arbeitszeitreglement bei der Feuerwehr zwingend revidiert werden, betonte er. Der Personalausschuss und die Gewerkschaften seien zur Vernehmlassung eingeladen worden, im Moment sei man dabei auszuloten, ob rechtlich und finanziell noch Spielraum für Nachbesserungen vorhanden sei, sagte Gass. Ein entsprechendes Rechtsgutachten sei in Arbeit. «Sobald dieses vorliegt, werde ich mit den Personalvertretern noch einmal sprechen», sagte Gass. Von Gewerkschaftsseite wird moniert, dass auf dem Buckel des Personals die Flexibilität ausgebaut werde.
Keinen Revisionsbedarf gibt es beim Arbeitszeitreglement der Rettungssanität. Hier zielen die Vorwürfe, die der SVP-Interpellant an die Öffentlichkeit trug, auf ein schlechtes Arbeitsklima, das von Mobbing durch Vorgesetzte und Zusammenbrüchen in den Reihen des Personals geprägt sei. Dominik Walliser, Bereichsleiter Rettung Basel-Stadt, betonte, dass ihm selbst und seines Wissens auch den übergeordneten zentralen Personaldiensten keine konkreten Fälle von unzumutbaren Situationen am Arbeitsplatz bekannt seien. Auch für den Leiter der Sanität, Hans Peter Altermatt, sind die Vorwürfe nach eigenen Angaben „nicht erklärbar“. Walliser berichtete, dass er das Personal der Rettungssanität am Donnerstag beim Schichtwechsel darauf aufmerksam gemacht habe, dass es sich bei konkreten Fällen an die entsprechenden Stellen wenden könne.
Überstunden noch nicht im Griff
Gass und Walliser gaben vor den Medien aber zu, dass es trotz einiger Bemühungen bislang nicht gelungen sei, die angelaufenen und und noch immer anlaufenden Überstunden abzubauen. «Die Anzahl der Überstunden ist pro Kopf und Jahr um vierzig Stunden angewachsen», sagte Walliser. Grund für die Überstunden sei eine Zunahme an Krankheits- und Unfällen, die aber nicht explizit auf die gestiegene Arbeitsbelastung zurückzuführen sei. Erschwerend komme hinzu, dass sich das Personal im Rettungsesen heute erst mit 63 Jahren pensionieren lassen könne und nicht mehr mit 58 bis 60 Jahren wie früher. «Ältere Feuerwehrleute haben nicht mehr die physische Leistungsfähigkeit ihrer jüngeren Kollegen», sagte Feuerwehrkommandant Roland Bopp dazu.
Es seien aber verschiedene Massnahmen in Angriff genommen worden, um der Situation Herr zu werden, sagte Walliser. So wurde der Stellenbestand bei der Sanität um vier auf 71 Stellen aufgestockt. «Leider konnten wir bislang noch nicht alle neuen Stellen besetzen», sagte Walliser. Ausserdem habe man, um dem ausgetrockneten Markt zu begegnen, die Ausbildungskapazitäten bei der Sanität erhöht und gewisse Leistungen, wie etwa Leichentransporte, gestrichen.
An der Medienkonferenz anwesend war auch VPOD-Sekretär Matthias Scheurer. Auch wenn er dem neuen Arbeitszeitreglement nach wie vor sehr kritisch gegenüberstehe, an der Versogungssicherheit durch Feuerwehr und Sanität hegt der keine Zweifel: «Hier bin ich für einmal mit Lorenz Nägelin einer Meinung» sagte er gegenüber der TagesWoche.