Der Araber ist das Arschloch

Teppichhändler, Kameltreiber und Drogendealer: Der Tatort von Sonntagabend liess kaum ein Klischee unberührt. Das schürt die Vorbehalte gegen Muslime, auch in der Schweiz. Zeit für eigene Erfahrungen.

Teppichhändler, Kameltreiber und Drogendealer: Der Tatort von Sonntagabend liess kaum ein Klischee unberührt. Das schürt die Vorbehalte gegen Muslime, auch in der Schweiz. Zeit für eigene Erfahrungen.

Wir drücken auf die Stop-Taste und spulen kurz zurück. War das wirklich ein Kamel, das da eben durch den Garten einer Münchner Villa spaziert ist? Einmal mehr schlägt dem Tatort-Zuschauer am Sonntagabend die Klischeekeule ins Gesicht.

Im Mittelpunkt des Krimis steht Nasir (Yasin el Harrouk), seines Zeichens Prinz von Kumar. Während er sich mit Partys, schnellen Wagen und leichten Mädchen die Zeit vertreibt, benutzt ihn sein Vater für Waffengeschäfte und hinterlässt dabei eine blutige Spur. Ein stark gespielter Tatort, in rasantem Tempo erzählt, in dem kaum ein Araber-Klischee auf der Strecke bleibt.

Bereits nach der ersten Minute macht Nasir deutlich, wie wenig er von Frauen hält. «Mit der Schlampe sprech ich nicht», sagt er mit Blick auf die Staatsanwältin. Und in ähnlichem Stil geht es weiter.

Man möchte lachen

«In meinem Land gehört die Waffe zum Mann wie sein Bart» erklärt er den beiden Kommissaren. Seinem Vater, stolzer Halter von über hundert Araberhengsten, will er zum Geburtstag einen Panzer schenken. Ist Nasir wütend, schlägt er dem Nächstbesten die Faust ins Gesicht. Wenn er verzweifelt ist, sitzt er in den Keller seines Teppichladens und singt mit viel Pathos ein arabisches Lied, den Takt dazu klopft er auf dem Tee-Tablett. Und arabische Frauen, das am Rand, treten auch auf. Selbstverständlich im Ganzkörperschleier.

Alles in allem eine satirische Überzeichnung, über die man herzlich lachen möchte. Doch spätestens am nächsten Tag in den Kommentarspalten der Online-Medien wird klar: Was sich die Autoren hier als vergnügliche Überzeichnung ausgedacht haben, prägt das Bild der Araber in der Öffentlichkeit. Und das nicht zu deren Vorteil.

Känguru statt Kamel

«Auch wenn es NUR ein Tatort war, es ist die Realität!» schreibt ein Kommentator bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. «Wüstensöhne mit Waffen laufen hier genug rum, da brauche ich nur vor die Tür gehen und muss keinen Tatort sehen», schreibt ein Leser bei der «Bild». Und auch Zuschauer aus der Schweiz fühlen sich in ihren Vorurteilen bestätigt. «Nach den täglich IS-Schreckensmeldungen habe ich langsam aber sicher die Nase voll, steht’s nur noch von der islamischen Welt berieselt zu werden. Ich lebe hier in Europa, in einer christlich geprägten Kultur», schreibt ein Leser bei «Tages-Anzeiger online».

Wir überlassen die Deutungshoheit über die Gesellschaft in der wir leben immer wie mehr den Medien. Eigene Erfahrungen vermischen sich zu einer untrennbaren Masse mit medial vermittelter Wirklichkeit. Das verpflichtet die Autoren von Krimiserien wie uns selber.

An der Zeit, einmal bei unserem arabischen Nachbarn einen Kaffe trinken zu gehen. Dann sehen wir möglicherweise in seinem Vorgarten nicht ein Kamel spazieren sondern eine Katze, ein Känguru oder ein Krokodil. Die Wirklichkeit schlägt jedes Klischee. Immer.

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