Am Samstagabend füllte der vielleicht erfolgreichste Stand-Up Comedian der Welt Eddie Izzard das Zürcher Hallenstadion. Ein Abend zwischen Recycling und Grössenwahn – und dabei bis zuletzt unterhaltsam.
Das Erste, das man sich diesem Abend im Hallenstadion fragen muss, ist: Wie kann ein Mann allein eine so grosse Bühne füllen? Natürlich, Eddie Izzard ist ein Profi. Vielleicht der grösste Profi überhaupt unter den Stand-Up Comedians. Der als erster Solokomiker in der Hollywood Bowl – einem der grössten Amphiteater der Welt – auftreten durfte. Der schon mal zehn Tage hintereinander die Wembley Arena in London füllt. Zugegeben – im Vergleich dazu mag das Hallenstadion schon fast wohnzimmermässig wirken.
Falls sie Eddie Izzard nicht kennen, haben sie nicht gelebt. Gut, der Satz mag übertrieben wirken, aber dennoch: Wir sprechen vom wahrscheinlich erfolgreichsten Bühnenkomiker aller Zeiten. Ein Hetero-Transvestit, der nebenbei Marathon läuft und 2020 Bürgermeister von London werden will. Ein Schnelldenker, der seine Leseschwäche in eine Stärke zur Improvisation verwandelt hat. Ein Maniac, der gerade auf einer zweijährigen Welttournee ist – diesen Begriff muss man sich bei einer Kunstform, welche systembedingt an den Sprachgrenzen scheitern muss, kurz auf der Zunge zergehen lassen. Können Sie sich Michael Mittermeier in Russland vorstellen? Eben. Wobei – dass es ausgerechnet dieser Mittermeier ist, der für Izzard in London und nun auch in Zürich (konsequenterweise auf Englisch) das Vorprogramm machen darf, spricht dafür, dass auch der nervöse deutsche Fernsehimitator inzwischen in der Profiliga der Comedians angekommen ist.
Von «Herr der Ringe» bis Maggie Thatcher
Zurück zum «funniest man alive», wie ihn Mittermeier ankündigt: Izzard füllt das bestuhlte Hallenstadion ohne Probleme – sowohl den Zuschauerraum wie auch die Bühne. Klar hilft es, dass er während seines Programms auch noch in zehn Metern Grösse hinter sich auf Bildschirme projiziert wird. Aber obwohl er sich nur wenig bewegt – nicht dieses ruhelose hin- und herlatschen, wie man es von anderen Comedians kennt – gehört ihm jedes Augenpaar, jedes Ohr im Raum und das während neunzig Minuten: Er fasst die «Herr der Ringe»-Trilogie als Pfeifenraucherliteratur zusammen, fragt sich anlässlich der Tour de France, wieso Vampire noch nie auf die Idee mit dem Blutdoping gekommen sind oder stellt sich vor, wie überfordert die Hölle wohl sein muss, wenn Maggie Thatcher dort ankommt.
Letztere hat es ihm dermassen angetan, dass er für einmal ungewöhnlich ernst wird an diesem Abend: Im einzigen wirklich politischen Moment des ganzen «Force Majeure»-Programms erinnert er daran, dass sie mit dem chilenischen Diktator und Massenmörder Pinochet eng befreundet war, während sie gleichzeitig Nelson Mandela einen Terroristen nannte.
Zum Abschluss ein Ideen-Recycling
Den Abschluss macht Izzard mit einer Cut-Up Collage aus seinen bekanntesten Sketches: Darth Vader in der Kantine des Todessterns sowie die britische Version der Inquisition mit «Tea and Cake or Death». Klar, unken die Die-hard-Fans nach der Show, das sei billig. Izzards Masche, während der Show Fährten zu legen (zum Beispiel Cäsars Einflüsterer Marcus Antonius als gackerndes Huhn), die er später wieder aufnimmt, egal ob es gerade passt oder nicht, habe sich ausgelaufen. Mag sein, dass Izzards eigener Erfolg dazu geführt hat, dass er sich – gerade auf einer Welttournee, bei der er häufig vor einem Publikum auftreten wird, das ihn noch nie gesehen hat – recyceln muss, um das Publikum nicht zu enttäuschen.
Es zeigt aber auch die etwas doppelmoralischen Erwartungen an einen Stand-Up Comedian: Die Rolling Stones spielen schon seit 50 Jahren die gleichen Songs auf der Bühne – und das stört niemanden. Eddie Izzard steht zwar erst seit 25 Jahren auf der Bühne. «Aber ich hole langsam auf,» wie er letzthin im «Telegraph» bemerkte.