Die Mobile Jugendarbeit muss künftig ohne ihren Leiter auskommen. Der Kanton Basel-Stadt hat das Gesuch des privaten Trägervereins um Erhöhung der Subventionen abgelehnt.
Nach dem Jubel nun der Kater: Im vergangenen Jahr konnte die Mobile Jugendarbeit Basel (MJA) ihr 10-jähriges Bestehen feiern; es gab viel öffentliches Lob für das, was der private Trägerverein in diesen Jahren bewirkt hat, am Schlussevent im «Union» Ende Oktober erwies sogar Regierungspräsident Guy Morin der MJA die Ehre und forderte die anwesenden Jugendlichen auf, sich weiterhin initiativ zu zeigen und sich ihren Platz in der Allmend zu nehmen.
Jetzt, keine drei Monate später, hat Frust die Freude abgelöst. Michele Salvatore, der Leiter bei MJA, schmeisst – gezwungenermassen – nach acht Jahren den Bettel hin und macht sich selbstständig. Die Stelle wird nicht ersetzt. Der Grund: Der Kanton Basel-Stadt hat das Gesuch des Vereins, die jährlichen Subventionen von jetzt 340’000 Franken um rund 45’000 Franken zu erhöhen, abgelehnt. Der Grosse Rat folgte am Mittwoch dem Ratschlag der Regierung und sprach sich einzig für einen Teuerungsausgleich aus.
Neue Brennpunkte
Die 45’000 wären jedoch nötig, sagt Michele Salvatore, um den Betrieb, so wie er jetzt strukturiert sei – mit vier Mitarbeitern und einem Leiter – aufrecht erhalten zu können. Das Vereinsvermögen sei aufgezehrt, und nur dank Sponsoring habe man sich die letzten Jahre über die Runden gebracht. Im vergangenen Jahr seien so über 100’000 Franken zusammengekommen, «aber längerfristig kann man ohne Planungssicherheit nicht arbeiten.» Geschweige denn erweitern; was nicht nur Salvatore und sein Team für notwendig erachtet, sondern auch Theres Wernli vom Stadtteilsekretariat Kleinbasel: In Anbetracht des geplanten neuen Quartiers am Hafen und dem bereits erstellten im Erlenmatt-Gebiet gebe es neue Brennpunkte, die betreut werden müssten. Umso unverständlicher ist für Wernli der Entscheid der Regierung, die Subventionen für die MJA einzufrieren.
Die MJA habe sich in den letzten Jahren als wichtige Partnerin gezeigt. «Wir waren froh, dass wir bei Konflikten zwischen älteren Anwohnern und Jugendlichen stets auf die MJA als Vermittlerin zurückgreifen konnten.» Die Reibungspunkte sind immer wieder dieselben und allseits bekannt: Lärm, Littering, Vandalismus. Seit es den Jugendtreffpunkt «Barracuda» nicht mehr gebe, sagt Wernli, habe sich die MJA intensiv um neue Angebote für die Jugendlichen im Quartier gekümmert. Freiräume für sie in ihren Wohnquartieren seien dringend notwendig, so könnten sie lernen, sagt Wernli, Verantwortung zu übernehmen – würden sich sozial integrieren. «Wenn wir schon von Prävention reden, sollten wir etwas in sie investieren und auch weitsichtiger denken.»
Leistungsvereinbarung übertroffen
Der Regierungsrat schreibt in seinem Bericht der Mobilen Jugendarbeit zwar eine hohe Bedeutung zu – weil sie Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren die Möglichkeiten biete, zusammen mit Gleichaltrigen die eigene Freizeit zu gestalten. Und vielfach solche erreiche, «die sich in Szenen oder Cliquen bewegen und aus einem sozial benachteiligten Umfeld stammen». Was den Leistungsausweis der MJA betrifft, heisst es, der Verein habe sowohl bei den Einsatzzeiten wie auch bei den Veranstaltungen und Projekten die Vereinbarung mit dem Kanton übertroffen. Dennoch sieht das Erziehungsdepartement «aktuell keine Gründe für einen Leistungsausbau». Die Anzahl Kinder und Jugendlicher sei stabil, und mit dem Ausbau der Tagesstrukturen schaffe der Kanton neue Betreuungsangebote für Kinder und Jugendliche. Ob diese einen Mittagstisch oder einen Hort mit dem gleichsetzen, was ihnen die Mobile Jugendarbeit bietet, ist allerdings fraglich. Bei der Abteilung für offene Kinder-und Jugendarbeit beim Erziehungsdepartement war leider niemand zu erreichen, der darauf eine Antwort hätte geben können.
Es wird noch gerechnet
Via Kommentar liess sich jedoch gestern SP-Grossrätin Doris Gysin, Mitglied der Bildungskommission, vernehmen. Im Kommentar schreibt sie, dass den Kinder- und Jugend-Institutionen insgesamt 100’000 Franken mehr zugesprochen würden und davon erhalte die MJA 32’000 Franken. Michele Salavtore von MJA kann sich nicht erklären, wie Gysin auf diesen Betrag kommt. Seines Wissens erhalte die MJA einzig einen Teuerungsausgleich, maximal 13’000 Franke rückwirkend für die letzten acht Jahre und rund 6000 für die kommenden.
Doris Gysin meldete sich daraufhin erneut zu Wort und räumte ein, sich in der Summe getäuscht zu haben. Sie habe irrtümlich die 20’000 Franken, die dem Projekt Midnight Sports im St. Johann (gemeinsames Projekt von MJA und CMS) zugesprochen wurde, dazu gerechnet. Wie viel von den zusätzlichen 100’000 Franken, die der Grosse Rat letzten Mittwoch auf Antrag der SP (siehe Votum Gysin) beschlossen habe, die einzelnen Institutionen erhalten werden, stehe noch nicht definitiv fest. Die Summe wird auf insgesamt neun Institutionen verteilt werden müssen.
Weitere Details gibt es im Blog der mobilen Kinder- und Jugendarbeit Basel.
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7.06.12: Kaputter Link am Ende des Artikels ersetzt.