Der Optiker mit dem richtigen Näschen

Die Billigkonkurrenz macht den lokalen Optikern zu schaffen. Einem geht es trotzdem blendend. Ramstein Optik baut sein Geschäft an der Sattelgasse aus.

Unkonventionell: Materialien wie Holz und Büffelhorn machen jede Brille zum Einzelstück. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Billigkonkurrenz macht den lokalen Optikern zu schaffen. Einem geht es trotzdem blendend. Ramstein Optik baut sein Geschäft an der Sattelgasse aus.

Richard Wherlock, Claudia Güdel, Adrian Sieber und natürlich -minu: Sie alle haben schon für die ­legendäre Kampagne von Ramstein Optik posiert. Massgeblichen Anteil am E­rfolg hat der Fotograf Christian Vogt, von dem die Porträts stammen. Bei der Wahl der Porträtierten hat Ramstein schon des Öfteren das richtige Näschen bewiesen. Die Designerin Claudia Güdel etwa war längst nicht so bekannt wie heute, als sie von Ramstein zum Shooting geladen wurde.

Typisch für die Ramstein-Werbung: Die Promis sind auf den Plakaten immer ohne Brille abgelichtet. Das ist seit zwanzig Jahren so. «Am Anfang hielten uns alle für verrückt», sagt Ramstein-Inhaber Andreas Bichweiler. Heute ist die brillenfreie Optiker-Werbung längst zum Markenzeichen von Ramstein geworden. Das Sujet der aktuellen Kampagne kommt sogar ohne Promis aus: «Schönheit sehen» lautet der Slogan. Zu sehen sind Motive, die uns vor Augen führen, was für eine herrliche Sache das Sehen ist, auch wenn wir uns dessen im Alltag kaum bewusst sind: farbenprächtige Blüten in Grossaufnahme.

Tinguely als Dekorateur

Weitherum bekannt ist das Geschäft an der Sattelgasse auch für seine Schaufenster. Zwischen 1948 und 1952 gestaltete Jean Tinguely die Auslage, und die Tradition wird bis heute hochgehalten. Alle vier Wochen gibt es eine neue Dekoration. Eine wohl­tuende Abwechslung zum Einheitsbrei der Shops in der Freien Strasse, wo die Schaufenster so aussehen wie in jeder anderen europäischen Stadt.

Das wohl bekannteste Optikergeschäft Basels wurde 1899 gegründet und gehört heute fast so zu Basels Inventar wie das Münster und die Mittlere Brücke. Seither hat sich der Markt radikal verändert. Das lokale Gewerbe wurde von national und international tätigen Ketten wie Visilab, McOptik und Fielmann überrannt. Allein Visilab, zu der auch Koch Optik gehört und die in Basel sehr präsent ist, hält in der Schweiz 25 Prozent Marktanteil. Immer mehr lokale Anbieter sind dem Druck der Billigkonkurrenz nicht gewachsen und geben auf.

Nicht nur zum Sehen

Nicht so Ramstein, der sich in einem anderen Segment positioniert hat. «Wer zu uns kommt, will die Brille nicht nur zum Sehen», sagt Bichweiler. Ebenso wichtig ist das Aussehen. «Die zentrale Frage bei der Wahl einer Brille lautet: Wer willst du sein?» Nichts prägt einen mehr als das, was man mitten im Gesicht trägt.

Die Strategie bewährt sich: Rund 30 Leute arbeiten in dem Geschäft, das Andreas Bichweiler vor 25 Jahren übernommen und seither unter dem Namen Ramstein weiterführt. Zum Personal gehören vier bis fünf Lernende. «Wir haben mindestens einen Auszubildenden pro Jahrgang», sagt Bichweiler, der selbst schon bei Ramstein die Lehre absolviert hat. Wie er bleiben viele der Auszubildenden nach der Lehre bei Ramstein. Für die Kunden hat das den Vorteil, dass sie über Jahre zum gleichen Berater gehen können, der nicht einfach ein Verkäufer ist, sondern sie und ihre Bedürfnisse kennt. «Neben der Beziehung ist die Zeit der entscheidende Faktor. Und die nehmen wir uns», sagt Bichweiler.

Exklusiv ist Trumpf

Der Preis ist bei Ramstein nicht das zentrale Kriterium für den Kaufentscheid. Zwar wird hier auch fündig, wer aufs Geld schauen muss. Den Grossteil seines Geschäfts macht Bichweiler mit Brillen im höherpreisigen Segment. 70 bis 80 Prozent der Brillen im Sortiment gibt es in Basel exklusiv bei Ramstein. Besonders gefragt sind derzeit Modelle aus Materialien wie Holz oder Carbon. Bekannt ist Ramstein für seine Büffelhorn-Brillen. Zehn Modelle wurden von den haus­eigenen Optikern entworfen. Das spezielle Material macht jede Brille zum Unikat. Ob exklusiv oder preisgünstig: Alle Gläser werden in der eigenen Werkstatt geschliffen. Auch das ist heute nicht mehr selbstverständlich.

Jetzt baut Ramstein aus: «Wir hatten das grosse Glück, das Lokal ­nebenan übernehmen zu können.» In dem ehemaligen Schuhgeschäft bietet Ramstein neu Sport- und Sonnenbrillen an. «Bislang hatten wir die Sportbrillen im ­2. Stock, wo sie von Passanten nicht wahrgenommen wurden», erklärt Bichweiler. Von der prominenteren Lage und der angenehmen Atmosphäre im neuen Verkaufsraum verspricht sich der Ramstein-Inhaber einiges. «Sportbrillen sind wie Sportschuhe. Zum Joggen trägt man eine andere als zum Biken oder im Schnee.» Drum braucht, wer etwas auf sich hält, für jede Gelegenheit die passende.

Welches Sujet die nächste Ramstein-Werbung zieren wird, ist noch nicht bekannt. Fest steht, dass das Tram mit dem -minu-Plakat am Heck weiter durch die Stadt kurvt. «Wenn es nach uns geht», so Werbeleiter Theo Schäfer, «bis zum Jahr 2030.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 23.11.12

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