Zwar pflegten die Basler schon vor der Blocher-Ära eine Hassliebe zur «Basler Zeitung» – aber sie war ein Marktplatz der Region, der nun von Rechtsbürgerlichen besetzt ist
Seit letzter Woche ist klar: Es sind Kräfte aus SVP und dem ganz rechten Flügel der FDP, die die «Basler Zeitung» besitzen und lenken. Mit Markus Somm bestimmt ein Chefredaktor den Kurs der BaZ, welcher über sich sagt, er stehe Christoph Blocher nahe. Und Blocher selbst mischt im Hintergrund immer noch mit. Die BaZ war schon lange vor der Blocher-Ära für viele Leser eine Hassliebe.
Man hatte sich an ihr gerieben, die einen von links, die anderen von rechts. Manche hatten die Zeitung ganz abgeschrieben. Viele zweifelten an der Qualität. Es galt als chic, die BaZ nicht zu lesen (und man hat sie trotzdem gelesen). Aber sie war halt so etwas wie der Marktplatz der Region, ein Platz für öffentliche Auseinandersetzungen. Jetzt ist dieser Marktplatz von rechtsbürgerlichen Kräften besetzt und zum Spielfeld für ihre politische Agenda umfunktioniert worden. Die Region hat «ihre» Zeitung verloren. Ausgerechnet dem liberalen, weltoffenen, links-grünen Basel wird ein rechtsbürgerliches Blatt aufgezwungen.
Viele Leute haben letzte Woche auf unterschiedliche Art gegen diese Entwicklung bei der BaZ protestiert. Gut so – ich meine, der Protest dürfte sogar stärker sein! Viele haben resigniert, das Thema BaZ ist für sie erledigt.
Das dagegen beunruhigt mich. Denn immer noch ist die grösste Zeitung Basels ein wichtiger Faktor für die Information und die Meinungsbildung. Und die Zeitung ist zu einem politischen Machtfaktor geworden. Da darf man nicht daran vorbeischauen. Im Gegenteil: Was eigentlich Aufgabe der Medien ist, nämlich Machtmissbrauch durch Staat, Institutionen etc. zu kontrollieren, muss jetzt umgekehrt gegenüber der BaZ geleistet werden. Wir müssen ihr genau auf die Finger schauen!
Zwar wird von der BaZ-Leitung schon wieder eine Forumszeitung mit breitem Meinungsspektrum versprochen. Und die Redaktion sagt, sie fühle sich mitverantwortlich, dass die «Basler Zeitung» für eine «eigenständige, unabhängige, überparteiliche und kritische Berichterstattung» stehe. Es fällt allerdings schwer, daran zu glauben, nachdem man den Kurs von Markus Somm ein Jahr lang beobachten konnte.
Die BaZ muss gerade wegen der neuen Entwicklung im Beobachtungsfeld bleiben: Protestieren wir, wenn verzerrt, ausgeblendet, verschwiegen und beleidigt wird. Wenn mit «Forum» nur gerade einige Alibi-Kolumnen gemeint sind. Wenn mit «unabhängig» gemeint ist, «wir fahren den Blocher-Kurs freiwillig». Reagieren wir, wenn – wie Beispiele belegen – Leserbriefe entstellt, Inserate zensuriert werden. Wenn der Kurs der Zeitung immer rechtskonservativer wird.
Sorgen wir für Transparenz bei der BaZ, zwingen wir sie, sich öffentlich zu erklären. «Bildblog» macht in Deutschland vor, wie das funktionieren kann: Lügen und Hetze der «Bild»-Zeitung werden blossgestellt. Eine solche kritische Begleitung sollte auch in Basel umgesetzt werden.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 23/12/11