Das Bau- und Verkehrsdepartement erhöht die Attraktivität der Innenstadt für Fussgänger. Ab Mitte 2013 gilt innerhalb des City-Rings generell Tempo 30, Velos müssen auf bestimmten Routen fahren und Autos dürfen gar nicht in die Altstadt.
Es ist kuschlig gewesen am Donnerstagnachmittag im Trommelsaal des Restaurant Löwenzorn. Journalisten, Anwohner und Behördenvertreter sassen an der Medienkonferenz zum Thema «Fussgängerfreundliche Innenstadt» so eng beieinander, dass Baudirektor Hans-Peter Wessel es als Sinnbild für die Situation in Basel sah: «Verschiedenste Ansprüche auf engstem Raum vereint.» Aber mehr zur wohlgesinnten Stimmung trug die Einigkeit der verschiedenen Anspruchsgruppen bei.
Der ehemalige Präsident des Quartiervereins «Lääbe in der Innerstadt», Peter Strub, strahlte, «Pro Innerstadt»-Geschäftsführer Mathias F. Böhm lachte, Baudirektor Hans-Peter Wessels war zu Spässen aufgelegt. Ja, man kann sagen: So zufrieden mit einem Projekt waren Anwohner, Gewerbe und Verwaltung gemeinsam schon lange nicht mehr. Das Bau- und Verkehrsdepartement möchte mit «gestalterischen und verkehrsberuhigenden Massnahmen» die Innenstadt attraktiver machen. Und alle Parteien schwärmten von den drei geplanten Bausteinen der neuen, attraktiveren Basler City: weniger Verkehr, schönere Gestaltung und dadurch breitere Nutzung.
Verkehrstechnisch drei Neuerungen:
Innerhalb des City-Rings (blau eingezeichnet auf der Karte in der Slideshow) gilt generell Tempo 30, die Kernzone (gelb auf der Karte) wird komplett zum motorfahrzeugfreien Fussgängerbereich, und die Velos müssen auf «geeignete Routen» ausweichen (Karte 2, braun eingezeichnet). In der Folge entstehen drei Zonen: reine Fussgängerzonen, Begegnungszonen, in denen Fussgänger und Velos unterwegs sind sowie Bereiche mit Öffentlichem Verkehr. Die Trams müssen sich in Zukunft auch an die Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometer halten, geniessen aber Vorfahrt in den sogenannten «Tramachsen».
Schönheitskur für Strassen und Gassen:
Analog zum Spalenberg sollen die Strassen nicht mehr von Trottoirs begrenzt werden, sondern eine Ebene bilden. In Zusammenarbeit mit der IWB gibt es ein neues Beleuchtungskonzept, welche die Gebäude und Gassen auch in der Nacht interessant und «erlebbar» machen (einen Vorher-Nachher-Vergleich sehen Sie in der Slideshow). Überflüssige Verkehrsschilder sollen verschwinden, dafür sollen Grünpunkte entstehen.
Chancen für neue Nutzungen:
Das Verschwinden der Trottoir-Absätze macht einen Boulevardbetrieb der Restaurants möglich, weil sie mehr Fläche zur Verfügung haben. Der Fokus liege aber nicht nur bei der Nutzung durch das Gewerbe, sagte Martina Münch, Abteilungsleiterin Gestaltung Stadtraum Verkehr, es sollen auch Flächen für die Anwohner entstehen. «Die Anwohner sollen den öffentlichen Raum in Beschlag nehmen – etwa für Quartierfeste.»
Das Verkehrskonzept basiert auf dem Projekt «Innenstadt – Qualität im Zentrum» sowie auf den Beschlüssen des Grossen Rats, der die Vorlage im vergangenen Jahr verabschiedet hat, sagte Baudirektor Wessels. Involviert in die Konzeption seien neben der Verwaltung rund 50 Organisationen gewesen. Die geplante Verkehrsordnung wird voraussichtlich Mitte Oktober 2012 publiziert und bis Mitte 2013 umgesetzt – sofern es keine Einsprachen gibt. Betroffen sind circa 140 Strassenteilstücke, wobei zur Verkehrsberuhigung – mit Ausnahme der Poller beim Spalenberg – keine baulichen Massnahmen geplant sind.
Ein Meilenstein für den Quartierverein
Peter Strub vom Quartierverein nannte die Pläne des Bau- und Verkehrsdepartements einen Meilenstein. «Seit bald 20 Jahren kämpfen wir für eine fussgängerfreundliche Innenstadt.» Es sei ein grosser Gewinn an Wohn- und Aufenthaltsqualität. «Es gibt noch ein, zwei Punkte, die wir gerne anders hätten», schränkte Strub ein, «die Trams müssten aus unserer Sicht noch langsamer fahren und die Schifflände müsste vom Bus- und Tramverkehr entlastet werden.»
Obwohl die Autos in Zukunft ausserhalb der Kernzone bleiben müssen, war auch «Pro Innerstadt»-Geschäftsführer Mathias F. Böhm voll des Lobes. Wenn Basel sich behaupten wolle, brauche es eine neue Ambiance. «Und der Spalenberg zeigt, wo es hingeht.» In Zukunft lade die Innenstadt zum Flanieren und Verweilen ein, dabei werde auch mehr Geld ausgegeben. Böhm darf sich auch darüber freuen, dass die Freie Strasse zusammen mit dem Rümelinsplatz, dem Claraplatz und der Rheingasse erste Priorität geniesst im Rahmen der neuen Gestaltungsprojekte. Die Freie Strasse gilt mit der Änderung der Verkehrsordnung als Fussgängerzone, es gibt keine Nachtparkplätze mehr, die Zufahrt ist lediglich im Schritttempo und nur zu bestimmten Zeiten möglich. Die Zufahrt in der autofreien Zone wird auch für die Anwohner und Taxis beschränkt (siehe nachfolgende Box).
Bewilligungsfreie Zufahrten
Zufahrt zum Güterumschlag – Montag bis Freitag: 6 bis 11 Uhr; Samstag 6 bis 9 Uhr. Anwohnende Güterumschlag – Montag bis Donnerstag: 20 bis 11 Uhr des folgenden Tages; Freitag/Samstag: 20 bis 9 Uhr; Samstag bis Montag: Sa. 20 bis Mo. 11 Uhr. Taxis – Jederzeit: Zufahrt zu Gastronomiebetrieben (Bestellfahrten); Täglich: 20 bis 6 Uhr des folgenden Tages.