Die baslerische Note des Schweizer Fernsehens

Das Schweizer Fernsehen nähert sich mit «SF bi de Lüt» Basel an (Freitagabend 20.05). Das kommt bei den Zuschauern gut an. Doch Niggi Ullrich, Präsident SRG Region Basel, warnt. In den nächsten Monaten gehe es für Basel um mehr, als um ein paar Minuten Sendepräsenz im Schweizer Fernsehen – es gehe um die Zukunft des SRG-Medienstandorts, schreibt er in einem Gastkommentar der TagesWoche.

SF bi de Lüt, SF in Basel und SF bei Kioskfrau Trudi Hartmann. Reicht das der Region Basel? Nein!, sagt Niggi Ullrich, Präsident SRG Region Basel. (Bild: SRF/ Matthias Willi)

Das Schweizer Fernsehen nähert sich mit «SF bi de Lüt» Basel an (Freitagabend 20.05). Das kommt bei den Zuschauern gut an. Doch Niggi Ullrich, Präsident SRG Region Basel, warnt. In den nächsten Monaten gehe es für Basel um mehr, als um ein paar Minuten Sendepräsenz im Schweizer Fernsehen – es gehe um die Zukunft des SRG-Medienstandorts, schreibt er in einem Gastkommentar der TagesWoche.

Das Lamento hat Ritualqualität. Keine Woche vergeht, ohne dass eine Regierungskonferenz, ein Aggloverbund oder eine Bergvereinigung sich nicht lauthals darüber beklagt, das «gebührenfinanzierte Staatsradio respektive -fernsehen» vernachlässige deren Interessen fundamental. Es hagelt Beanstandungen beim Ombudsmann, Klagen bei der UBI und regierungsmässig beim Bundesrat. Der freundeidgenössisch-mediale Haussegen hängt seit Jahren schief. Das Tram zu blau, der Wettertrend zu zürcherisch und der Dialekt erinnert immer nur ans Niederdorf. Wie immer sei früher alles besser gewesen.

Irrtum! Seit der Markteinführung der «Privaten» in den 80er-Jahren hat die Zufriedenheit über die mediale Repräsentanz der Regionen nicht zu-, sondern drastisch abgenommen. Der Befund lautet: Obwohl x mehr Sendeformate und y mehr Inhalte verbreitet werden, kommen die Regionen immer noch nicht vor. Für Basel gilt das natürlich trotz FCB, Fasnacht und Federer auch. Immerhin tröstlich, dass das Defizit um die föderal-mediale Aufmerksamkeitsquote dank «SF bi de Lüt» aus der Basler City nun etwas gemildert wird. Bleibt abzuwarten, ob der Leimentaler Milchverband oder die Liga der Nettozahler aus Liestal sich darob nicht vernachlässigt fühlen und eine Beanstandung verlautbaren.

Es gibt Wichtigeres

Dabei gäbe es aus medienpolitischer Sicht für die Region Wichtigeres. Im Schatten der Turbulenzen um die Printmedien ist in den Hintergrund gerückt, dass die Zukunft des SRG-Standortes auf dem Spiel steht. Das konvergent aufgestellte Unternehmen SRF – mit den Marken SF und DRS – richtet sich auf allen Kanälen auf die Zukunft aus. Das altehrwürdige Studio auf dem Bruderholz erfüllt die Voraussetzungen für einen modernen Medienbetrieb nicht mehr: zu gross, ab vom Schuss, technisch nicht mehr à jour. SRF in Zürich und die SRG in Bern haben sich mehrfach und prominent dafür ausgesprochen, in Basel einen zeitgemässen Medienstandort einzurichten. Basel soll zum neuen Produktionsort mit zahlreichen hochqualifizierten Arbeitsplätzen werden. Die geplante Fokussierung auf Kultur und Wissenschaft kommt den Stärken der Region entgegen. Absehbar ist, dass ein relevanter Teil der SRF-Sendungen in Basel kreiert, programmiert und in die Schweiz verbreitet werden. Damit bekäme das SRG-Programm weit über den Rahmen einer einzelnen Sendung aus dem Gundeli hinaus mehr als nur eine baslerische Note.

In den nächsten Monaten entscheidet sich, wo und wann der neue SRG-Standort gebaut wird. Dazu braucht es aus der Politik und der Verwaltung, aus der Kultur- und Wissenschaft aber auch vom Publikum ein kraftvolles Signal, also ein medienpolitisches Commitment mit überregionaler Bedeutung. Fazit: Dass der nächste Fasnachtsquerschnitt wieder fünf Minuten länger dauert und damit die baslerische Minuspräsenz etwas saldiert, ist wünschenswert, aber für die medienpolitische Repräsentation der Region wenig relevant.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 23.03.12

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