Geschlossene Restaurants, Geschäftsaufgaben, Küche auf Nachfrage: In Allschwil geht das klassische Beizen-Modell langsam nieder. Von einem veritablen Beizensterben will niemand reden, dennoch ist klar, dass auch in der Baselbieter Grenzgemeinde ein neuer Wind durch die Gastroszene weht.
In der Stadt Basel haben sie Seltenheitswert. In Allschwil gibt es offenbar noch ein paar davon: leer stehende Gebäude. Erfreut zeigen sich einige Allschwiler und Allschwilerinnen deswegen nicht gerade. Besonders viele Leerstände gebe es derzeit bei Beizen und Restaurants, beklagten Einwohner kürzlich auf Facebook. Bereits machte das Wort «Beizensterben» die Runde.
Am auffälligsten ist der Leerstand im ehemaligen Restaurant «Central» an der Baslerstrasse 200. Dieses steht an zentraler Lage seit nun schon fünf Jahren leer, also seit das Wirteehepaar Molterer 2010 in Ruhestand gegangen ist.
Das Gebäude wurde an Leon Van der Merwe verkauft, der in Allschwil bereits ein Fitnessstudio betreibt. Er möchte das Gebäude in ein Zentrum für betreutes Wohnen im Alter umbauen. Die Vorbereitungen dazu ziehen sich allerdings in die Länge.
Bald Startschuss für «Central»-Umbau
Van der Merwe wartet noch immer auf eine Baubewilligung. «Es hat sehr lange gedauert», sagt der Bauherr auf Nachfrage, «aber in den nächsten Wochen sollte die Bewilligung kommen.»
Auch viele andere Restaurants in Allschwil haben in letzter Zeit den Betrieb eingestellt. Das Restaurant und Hotel Schlüssel bietet seit Ende März nur noch Küche auf Nachfrage an. Aus persönlichen Gründen, wie Geschäftsführer Christian Giuri auf der Homepage des Restaurants angibt.
Geschlossen ist auch «Zum Träff», das gleich neben der Migros-Filiale gegenüber des ehemaligen «Central» liegt. Angeblich wegen Betriebsferien seit März. Ob die Betriebsferien in eine Schliessung übergehen, kann man nur spekulieren: «Eine offizielle Mitteilung an die Gemeinde gibt es dazu nicht», sagt der Gemeindeverwalter Dieter Pfister; die Betreiber waren nicht zu erreichen.
Von einem Beizensterben in Allschwil kann keine Rede sein
Trotzdem gibt es in Allschwil immer noch reichlich Beizen und Restaurants. Von einem flächendeckenden Beizensterben in Allschwil – wie es im Facebook-Post bereits beklagt wurde – kann laut Pfister denn auch nicht die Rede sein. «Ich habe nicht den Eindruck, dass hier die Gastronomie stirbt», sagt er. Natürlich müssten immer wieder Beizen schliessen, aus unterschiedlichsten Gründen. Es gingen aber auch immer wieder neue auf. Einen Publikumsmangel oder eine Abwanderung der Kundschaft in die Stadt Basel gibt es seiner Ansicht nach aber nicht.
Sieht auch etwas verlassen aus: «Zum Träff» gleich gegenüber vom «Central». Dort ist seit März geschlossen. Statt Gastrobetrieb stehen vor der Türe die Auslagen der benachbarten Migros-Filiale. (Bild: Daniela Gschweng)
Die vielen geschlossenen Lokale sind viel eher einem gesellschaftlichen Wandel geschuldet: Eine klassische Beiz mit Restaurantbetrieb kann und will sich heute nicht mehr jeder ans Bein binden. Daher stehen Gebäude oft leer, wenn Wirte in den Ruhestand gehen und sich kein Nachfolger findet.
«Nachfolgeprobleme gibt es häufig», sagt Pfister, der allein von Berufs wegen die Übersicht über die Gemeinde haben muss. «Die hohen Präsenzzeiten in der Gastronomie können und wollen viele Beizer heutzutage nicht mehr leisten.» Dazu komme häufig eine veraltete Infrastruktur des Gebäudes, in die investiert werden müsste.
Eine klassische Beiz will sich nicht mehr jeder ans Bein binden
Nicht zuletzt seien die vielen Wechsel auch eine Frage des Konzepts. Wirtschaftlich gesehen, so Pfister, könne sich auf dem Markt eben der halten, dessen Konzept beim Kunden ankomme. Und da müssten die Beizer wohl umdenken.
Die klassische Beiz scheint also eher ein Auslaufmodell zu sein. Gestützt wurde sie bisher oft durch Sportvereine, die regelmässig Gäste brachten. Doch nach dem Training lange zusammen im Restaurant zu sitzen und auch das Abendessen dort einzunehmen, kommt heute nicht mehr so oft vor wie dereinst.
Im «Schlüssel» in Allschwil gibt es feine Küche seit März nur noch auf Nachfrage. Aus persönlichen Gründen. Geschäftsführer Christian Giuri möchte mehr Zeit für die Familie haben. (Bild: Daniela Gschweng)
«Da individualisieren sich die Strukturen», hat auch Pfister beobachtet. Sport betreibe man nicht mehr so oft im Verein, was ebenfalls ein Indikator für den gesellschaftlichen Wandel sei. Ebenso steigt auch die Nachfrage nach neuen Formen der Gastronomie, wie sie zum Beispiel in der Stadt Basel besonders dicht an der Klybeck-Strasse entstehen.
Auf dem Trockenen sitzt Allschwil nicht
Ein Allschwiler Dauerbrenner ist und bleibt da das beliebte Ausflugslokal «Spitzwald», derzeit allerdings ebenfalls geschlossen. Von Geschäftsaufgabe ist dafür sicher nicht die Rede. Das Gebäude wird umgebaut und das Konzept modernisiert, liess die Eigentümerfamilie Broggli die «Basler Zeitung» im vergangenen Jahr wissen.
Das «Spitzwald» will einen dieser neuen Wege einschlagen. Mit mehr regionalen Produkten und mehr Bio. Und einer neuen Glasfassade. Wann das «Spitzwald» wieder öffnen wird, ist allerdings noch nicht bekannt.