Seit zehn Jahren lassen sich Basels coolste Hipsterli im K-Pony die Haare schneiden. Inhaberin Seraina Kraushaar gehört zu den ersten, die die Klybeckstrasse trendig machten. Dabei will sie schlicht anders sein.
Die menschliche Zufriedenheit hängt von genau zwei Faktoren ab. Erstens von der Psyche, zweitens, natürlich, von den Haaren. Oft hängen die beiden zusammen, das durfte ich erst letzte Woche erfahren, als ich sehr zufrieden mit frischer Haarfarbe vom Coiffeur kam.
Doch das Glück währte nicht lange, meine Mutter sagte, ich hätte mir das Haupt zu dunkel färben lassen für meinen Hauttyp. Jetzt bin ich natürlich zwiegespalten, wie frau das so ist, wenn Mutter so etwas sagt. Einerseits ist man biz hässig, schliesslich muss Mama einen immer wunderschön finden, IMMER. Andererseits sind so frisurtechnische Differenzen gar nicht mal so schlecht, man will sich ja abnabeln, so langsam, mit 34 Jahren.
Sie erspürt die wahren Wünsche
Sind halt sensible Gebiete, Mütter und Haare. Leidet man unter ersteren, weiss C.G. Jung Rat, bei letzteren wendet man sich besser an Kraushaar, Seraina Kraushaar, Haarversteherin, Kleinbaselliebhaberin, 37 Jahre alt und: K-Pony-Inhaberin.
Sie sitzt gradhaarig auf der Bank in der Fensternische ihres «Ladens»: «Ich hasse es, mir die Haare schneiden zu lassen.» Am liebsten würde sie sie selber schneiden, die Kontrolle behalten. Vielleicht macht das Kraushaar so erfolgreich, sie weiss, wie weh falsch geschnittene Haare tun.
«Ich hasse es, mir die Haare schneiden zu lassen.»
«Viele Kundinnen und Kunden können nicht gut erklären, was sie genau wollen. Du musst spüren, was sie wollen.» Zum Beispiel die frisch Verlassene, die nach einem radikalen Wechsel verlangt. «Nein, das ist kein Klischee.» Nur: «Wenn die Frau dafür nicht wirklich ready ist, mache ich alles nur noch schlimmer.»
Kraushaar erspürt die verborgenen Wünsche und meist spürt sie richtig. Kürzlich traf sie eine Kundin im Ausgang, der sie erst gerade die Haare geschnitten hatte. Diese sagte Kraushaar ins Gesicht: «Zuerst habe ich in den Spiegel geschaut und gedacht: ‹Du blöde Kuh›. Doch nach zwei Tagen fand ich es super, endlich die Haare aus dem Gesicht zu haben.»
Das ist kein Gschpührschmi-Fühlschmi, sondern Qualitätsmerkmal: «Zu verstehen, was die Leute wollen und zu sehen, was zu ihnen passt, gehört einfach zum Service. Das muss man eigentlich nicht extra betonen und schon gar nicht auf die Internetseite schreiben.» So, wie das andere Coiffeusen tun.
Einmal anders, bitte
So wie andere Salons will Kraushaar ihren Laden nicht haben. Nicht so clean, nicht so steril, sie will alles anders. «Also nicht anders, um des Anderen willen, sondern so, wie ich es haben will.» Vor zehn Jahren machte sie deshalb das K-Pony auf, nachdem sie ihr Glück zuerst mit einem Kollegen im Grossbasel versucht hatte. «Das hat nicht funktioniert und ich wollte sowieso lieber ins Kleinbasel. Ich lebe schon lange hier.»
In der Klybeckstrasse waren die Mieten tief und die ersten Designer und alternativen Boutiquen erst gerade im Kommen. Die Strasse war noch nicht die hippe «Landebahn zum Kleinbasel», die sie heute ist.
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Hip ist auch das K-Pony, immer noch. Boulevardmedien erzählen gerne, dass Kraushaar den Lovebugs die Haare schneidet und fragen sie nach den Frisurentrends der Saison. Und bei denen, die hier wohnen aber gen Berlin schauen, gilt das Pony als Hipstercoiffeur des Vertrauens.
So sieht der Salon auch aus, als hätte sich Kraushaar im Stilmekka Kopenhagen inspirieren lassen. Die Wände sind aubergine gestrichen, grosse Kristallleuchter glitzern von der Decke, der Boden ist ein wenig abgeschrammt, wenn man sich aufs Ledersofa setzt, um sich die Haare waschen zu lassen, blickt man auf Schwarz-Weiss-Porträts.
Ins Brocki gehen kann jeder
Doch Kraushaar will nicht Hipster sein. «Diese Porträts haben wir nicht im Brocki geholt. Ins Brocki gehen und irgendwelche Fotos von älteren Leuten kaufen kann jeder. Das machen wir nicht, die Porträts sind echt, sie zeigen unsere Urgrosseltern.» Und sowieso: Das K-Pony ist nicht im Trend, «wir sind dem Trend voraus.»
Was auch ein bisschen daran liegt, dass Basel «hintendrein, aber für seine Grösse gar nicht sooo hintendrein ist». Ihre Kunden trugen das Haar schon kürzer als schulterlang, als das restliche Basel noch länger als schulterlang trug. Oder dann das mit den Kakteen. «Bei uns stehen schon länger überall Kaktüssli im Laden, und jetzt ist auch die Manor voll davon.»
Das K-Pony ist nicht im Trend, «wir sind dem Trend voraus.»
Oft realisieren die Passanten gar nicht, dass es sich beim K-Pony um einen Coiffeursalon handelt. Wenn die Stylisten draussen stehen und die Sonne auf ihre Tätowierungen scheinen lassen, werden sie gefragt, ob man sich bei ihnen stechen lassen kann.
Kann man eigentlich nicht, aber manchmal schon, zum Beispiel letzten Freitag. Dann war ein befreundeter Tätowierer zu Besuch, Kraushaar informierte ihre Kunden auf Facebook über das Spezialangebot. Solche Aktionen liebt sie. Zu Anfangszeiten lud sie immer wieder DJs ein, veranstaltete Konzerte oder verkaufte ausgesuchte Kleidungsstücke. In letzter Zeit fehlte für solche Dinge etwas die Zeit.
Das Pony tanzt wieder
Doch jetzt könnte sich das ändern. Kraushaar hat vor einiger Zeit ihr Konzept umgestellt: Neu sind die anderen Stylisten im Team nicht mehr angestellt, sondern arbeiten selbstständig. So konnte sie das Team auf sieben Personen vergrössern, jeder kann sich die Arbeit selber einteilen.
«Ich will nicht Chefin sein und den anderen sagen, was sie zu tun haben», sagt Kraushaar, «wer kreativ sein soll, muss seine Kunden selber auswählen und selber bestimmen können, wie er arbeitet.» Ums Geld geht es ihr dabei nicht, wie sie betont: «Alle zahlen gleich viel Miete und verdienen nicht schlechter als vorher.»
Das neue System macht sich anderweitig bezahlt: «Wir haben wieder ganz neuen Drive und ein super Team, das auf Augenhöhe arbeitet.» Es fühlt sich ein bisschen an wie zu Gründerzeiten. Und so soll auch das zehnjährige Jubiläum gefeiert werden, am Samstag Abend, mit DJs im Terrorsamba. Im K-Pony-Stil halt.
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Samstag, 29.4. ab 22 Uhr: 10 Jahre K-Pony mit Kalles Kaviar und Johnny Bravo. Terrorsamba, Feldbergstrasse 71.