Die Magaziner verabschieden sich

Mit ihrem Blog «Die Magazin» haben sechs Basler jahrelang Licht ins Dunkel der Nachtkultur gebracht. Jetzt nehmen sie die Website runter. Vor dem endgültigen Abschied: Eine Würdigung in Form eines letzten Interviews.

Für die Ewigkeit: So sah er aus, der Basler Blog «Die Magazin» (2006-2013). (Bild: Screenshot)

Mit «Die Magazin» haben sechs Basler Blogger jahrelang Licht ins Dunkel der Nachtkultur gebracht. Hier wurde über Musik, über Clubszene, Drogen oder auch Kulturpolitik debattiert. Jetzt nehmen sie die Website runter. Vor dem endgültigen Abschied: ein letztes Interview mit «Die Magazinern».

Der letzte Blogeintrag hat schon Staub angesetzt: Am 23. Mai 2011 setzte sich Autor «tomh» kritisch mit dem Genrebegriff «Chillwave» auseinander. Er war neben «bot», «bom shiva», «raketenthom», «noq ludwigsdorf» und «das werkzeug» einer von sechs Autoren, die auf «Die Magazin» regelmässig in die Tasten gehauen haben. «Die Magazin»? Genau. Der Name «Das Magazin» war schon besetzt, vergeben an die Tamedia. Was die machen, können wir anders, dürften sich die jungen Männer gesagt haben. Und schrieben in ihrem Blog aus Basler Sicht über Kulturpolitik, über das Nachtleben, über Medien, Hypes, Philosophisches – und über Musik. Viel Musik. «Für Du von Wir» versprachen sie, worin sich bei aller Ernsthaftigkeit und Leidenschaft auch ihr Sinn für Humor manifestierte.

Was 2005 unter dem Namen toolate begann, führte im Laufe der Zeit zu 1300 Blogposts und knapp 7000 Kommentaren. Es waren Stimmen aus der Nacht, die Licht ins Dunkel brachten. Und Macher, die unsere Region oft auch selber mit Klängen durchflutet haben. Jetzt, wo das Ende naht, pochen sie auf ihre Anonymität in der Blogosphäre. Ein Wunsch, dem wir gerne entsprechen, werter Thom N… «raketenthom»!

Aber warum haben sie die Lust am Bloggen verloren? Nun, die Prioritäten haben sich verlagert. Dort wurde ein Kind gezeugt. Da richtig viel Arbeit erledigt. Hüben viel gereist. Und drüben gern gefaulenzt. Zudem wiederholt sich vieles, auch in der Musik. Weshalb die Website dieser Stunden offline gehen wird. Schade natürlich, denn wir haben «Die Magazin» gern gelesen. Weshalb wir den Kollegen an dieser Stelle danken – und ihnen zum Ende noch letzte Fragen stellen möchten. Ein Abschiedsgruss für die Nachwelt, quasi.

Warum werft ihr den Bettel hin?

Oh, wie traurig! Nun, da «Die Magazin» Geschichte ist, könnt ihr es ja verraten: Wer verbarg sich hinter Pseudonymen wie «raketenthom» oder «noq ludwigsdorf»?

Jahrelang habt ihr die Basler Nachtkultur aus nächster Nähe mitverfolgt. Was zeichnet diese aus?

Die Schönheit der Menschen und ihre Nähe zur Provinz. Oder mit den Worten von Clifford Geertz: Dass diese Kultur ein Kerker ist.

Und jetzt, seid ihr zu alt dafür?

Nein, zu hässig …

Anders gesagt: Nach einigen aufregenden Jahren drehte sich plötzlich alles im Kreis und das Interesse hat nachgelassen, diese Kreisbewegung zu kommentieren. Kanäle wie Twitter und Facebook haben den Rest dazu beigetragen.

Was hat sich aus eurer Sicht am stärksten verändert im Basler Nachtleben?

Die internationalen Line-Ups sind inflationär geworden. Es wurde alles etablierter und damit auch langweiliger, berechenbarer. Dafür gibt es vielerorts bessere Soundsystems. Generell hat Live-Musik in der Akzeptanz gelitten, dafür wurde sie zu Innovationen gezwungen und viele Bands haben ihren Horizont erweitert. Es wird wohl irgendwann wieder zurückpendeln.

Welcher DJ hat es mit seinem Basler Gastspiel bei Die Magazinern in die Bestenliste geschafft? Und warum?

Joy Orbison. Wegen seiner Vielseitigkeit, Konsequenz, Innovation.
Ricardo Villalobos. Wegen Ricardo Villalobos.
Klangkarrussel. Wegen der unglaublichen Leere ihrer Performance.
The Magician. Wegen seinem Bart.

Und welcher Rock’n’Roller wäre es eigentlich wert, in einem eigenen Blog geehrt zu werden?

Anthony Thomas von den Lombego Surfers.

Welche Themen wurden am eifrigsten debattiert?

Mithras. Drogen. Homophobe Dancehall-Boys. Black Tiger an der Bscene und illegale Partys.

Was war der schärfste Kommentar, den ihr erhalten habt?

Die schärfsten kann die TagesWoche nicht abdrucken, ähm, anzeigen. (Anmerkung der Redaktion: Latürnich könnten wir das!) Aber ein herzhaftes «Fuck You» sorgte immer wieder für ein sanftes Lächeln auf unseren Lippen.

Und was war das schönste Kompliment?

Reflektierte, absurd lustige Kommentare, die auf die Schönheit, die Anmut und das hohe Mass an Intelligenz unserer hochgeschätzten Leserschaft schliessen liessen.

Wo sollen die Leute jetzt hin, die sich via Die Magazin über die Nachtkultur in Basel und der Welt informiert haben – ähm, abgesehen von der TagesWoche, natürlich?

Lokal: www.denkmal.org
Global: www.reddit.com

Werdet ihr einen neuen Blog aufziehen?

Was möchtet ihr zuletzt unbedingt noch loswerden?

Es war schön, es ist schön. Oder auch:

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