Am KV Basel schwelt ein langwieriger Konflikt zwischen Schulleitung und Lehrern. Die Rektorin setzt in dieser angespannten Situation auf heikle Methoden.
Der Konflikt an der Handelsschule KV Basel (HKV) zwischen der Lehrerschaft auf der einen und der Schulleitung auf der anderen Seite ist bestens dokumentiert. Bereits vor einem Jahr berichtete die TagesWoche über die tiefen Gräben, die sich an der HKV aufgetan haben, seit die heutige Rektorin Marianne Schneider ihr Amt angetreten hat. Damals sprachen Lehrer von einem «Klima der Angst», das an der HKV unter Schneider herrschen würde. Arbeitsbedingungen seien sukzessive verschlechtert und ältere Lehrer in die Frühpension gedrängt worden.
Eine Artikelserie in der «bz Basel» diese Woche zeigt nun: Der Streit ist noch längst nicht beigelegt. Angesichts der Eskalation äusserte sich erstmals auch das Erziehungsdepartement und nahm den Verbandsvorstand des KV Basel in die Pflicht.
Repression statt Vertrauen
Rektorin Schneider ist nicht untätig geblieben, seit der Konflikt publik wurde. Doch statt die Gräben zuzuschütten, zieht Schneider die Schraube an. Sie schaut den Lehrern noch genauer auf die Finger.
In sogenannten Klassenbesuchen sucht die Schulleiterin nun den direkten Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern. Dabei sollen einerseits allgemeine Themen zur Sprache kommen, etwa der Stellenwert der kaufmännischen Ausbildung oder die Frage, ob sich die Schüler an der HKV wohlfühlen.
Verfänglicher sind jedoch die weiteren Traktanden. Denn Schneider will von den Schülern auch «Rückmeldungen zu Lernerfolg und Disziplin in der Klasse» abholen, und dies in Abwesenheit der für die Klasse zuständigen Lehrperson. Das belegt das Protokoll einer Konferenz an der HKV, welches der TagesWoche vorliegt.
Dass die Rektorin das Lehrer-Schüler-Verhältnis hinter dem Rücken der betroffenen Lehrperson diskutieren will, verärgert die Lehrerschaft. Diese wendete sich in einem anonymen Schreiben an die TagesWoche. Unter dem etwas plakativen Titel «Zustände wie in der DDR» berichten die «besorgten LehrerInnen» von einem «Klima der Angst und des Misstrauens im KV Basel».
Die Autoren des Schreibens befürchten, dass die Glaubwürdigkeit der Lehrpersonen durch diese Klassenbesuche Schaden nehme und Schüler die Situation dazu missbrauchen könnten, ihre schlechten Noten auf die Lehrperson abzuschieben. Zudem würden die Rückmeldungen aus diesen Gesprächen in die Personaldossiers aufgenommen, ohne dass die betroffenen Lehrer darin Einsicht hätten.
Alleingang der Rektorin
Das Vorgehen von Schneider ist in Basel völlig unüblich, wie eine Rückfrage beim Sprecher des Erziehungsdepartements zeigt. Simon Thiriet: «Innerhalb des Qualitätskonzeptes in den staatlichen Schulen gibt es immer wieder Feedback-Gespräche zwischen Klassen und Schulleitungen.» Dabei würden jedoch Themen besprochen wie die Organisation oder der Unterricht allgemein. «Es geht dabei nicht um den Unterricht oder die Beziehung zur Lehrperson.»
Auch der Präsident der Freiwilligen Schulsynode (FSS), Jean-Michel Héritier, reagiert erstaunt, als er von den «Klassenbesuchen» an der HKV hört. «Mir sind aus meiner Arbeit als Lehrer an den staatlichen Schulen und als Präsident der FSS keine vergleichbaren Klassenbesuche bekannt.» An den Staatsschulen sei es der Lehrer persönlich, der das Feedback seiner Schüler und auch deren Eltern einhole. Diese würden der Schulleitung danach zur Kenntnis gebracht.
«Dass die Schulleitung Klassen aber selber befragt, und dies erst noch in Abwesenheit des Lehrers, würde ich aus pädagogischer Sicht nicht empfehlen», sagt Héritier. Diese Massnahme sei auch nicht förderlich für das Vertrauen zwischen Lehrerschaft und Schulleitung.
Was HKV-Rektorin Marianne Schneider mit den gesammelten Informationen vorhat, bleibt unklar. Auf einen Fragenkatalog der TagesWoche wollte Schneider nicht genauer eingehen. Sie hält lediglich fest: «Selbstverständlich hält sich die HKV an das Arbeitsrecht, welches den Mitarbeitenden das Recht auf vollen Einblick in das Personaldossier zugesteht.»