Die Stadtreinigung setzt diesen Winter auf Sole und eine neue Wetter-App

Neben der Kehrichtabfuhr und der Reinigung des öffentlichen Raumes kümmern sich Peter Schär, Chef der Stadtreinigung Basel, und sein Team auch um den Winterdienst. Dank besserer Prognosetools und der Verwendung von Sole brauchts ab dieser Saison weniger Salz, dafür mehr Köpfchen.

Hier wird Sole gespritzt.

(Bild: Jeremias Schulthess)

Neben der Kehrichtabfuhr und der Reinigung des öffentlichen Raums kümmern sich Peter Schär, Chef der Stadtreinigung Basel, und sein Team auch um den Winterdienst. Dank besserer Prognosetools und der Verwendung von Sole brauchts ab dieser Saison weniger Salz, dafür mehr Köpfchen.

Minustemperaturen und Bodennebel – diese Wettersituation herrscht häufig bei Wintereinbruch. «In anderen Jahren wären wir regelmässig zum Salzen ausgerückt. Doch seit dieser Saison bleiben unsere Fahrzeuge häufiger in der Garage und die Pikettmannschaft im Bett», sagt Peter Schär, Leiter der Stadtreinigung Basel. Grund für die Zurückhaltung ist eine neue Wetter-App, die sich die Behörde in den letzten Monaten massschneidern liess.

Das Programm verarbeitet zahlreiche Messdaten regionaler Wetterstationen, modelliert die voraussichtliche Wetterentwicklung der nächsten 24 Stunden mit bisher unerreichter Präzision und ermöglicht es damit, quartiergenau vorauszusagen, wie sich Lufttemperatur, Strassenzustand und gegebenenfalls Schneehöhe entwickeln werden. «Statt wie früher auf verschiedene, zum Teil widersprüchliche Wetterdienste abzustellen, verfügen wir seit diesem Winter über eine integrierte Vorhersage.» Die Vereinheitlichung hat den Vorteil, dass die Prognose nicht nur feinmaschiger, sondern auch mit eindeutigen Begriffen funktioniert.

Trockenübung im Oktober

Peter Schär, Leiter der Stadtreinigung.

Seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren schlägt sich Schär somit nicht nur mit Debatten um Unterflurcontainer und das sommerliche Littering am Rheinbord und auf dem Barfüsserplatz herum, sondern er hat auch gemeinsam mit externen Fachleuten ein umfassendes neues Winterdienstkonzept erarbeitet. Das zentrale Ergebnis ist ein Routenplan für jedes der vier Stadtgebiete Unteres und Oberes Kleinbasel sowie Grossbasel West und Ost. Die Fahrstrecken sind auf Karten in Schärs Büro im 4. Stock an der Brüssel-Strasse 25 am Dreispitz eingezeichnet: Knallgelb sind die Notfall- und Hauptachsen hervorgehoben, die prioritär von Eis und Schnee befreit werden müssen. Orange Strecken bezeichnen Nebenachsen. Und grün markiert sind Quartierstrassen, wo sich der Winterdienst noch mehr Zeit lassen kann.

Ergänzt wird der Routenplan durch einen feinteiligen Einsatzplan, auf dem zum Beispiel notiert ist, in welcher Fahrtrichtung die Räumfahrzeuge zu verkehren haben. «Die Teams haben ihre Routen bereits im Oktober abgefahren, um die Praxistauglichkeit der Planung zu testen.»

Noch präzisere Prognosen

Die Stadtreinigung überlegt sich, die erwähnte Wetter-App mittelfristig weiter zu verfeinern, und zwar mit einem sogenannten Thermal Mapping. Dabei fährt ein mit Sensoren ausgerüstetes Auto das gesamte Basler Strassennetz ab und vermisst das thermische Profil der Strassen. Für unverfälschte Messwerte ist eine klare, windstille Nacht Voraussetzung. Um den Einfluss der fortschreitenden nächtlichen Abkühlung zu korrigieren, wird jede Strasse ein zweites Mal in der Gegenrichtung abgefahren.

Diese Infrarotmessung soll besonders kalte Stellen aufdecken, wo die Platzierung einer Strassenwetterstation Sinn macht: Lösen diese Messgeräte – vorderhand sind in Basel noch keine installiert – keinen Alarm aus, sind auch alle weniger heiklen Teile des Streckennetzes in Sachen Glätte unproblematisch. All dies soll helfen, den Einfluss des Wetters auf den Strassenzustand noch besser zu verstehen und die aufwendigen Kontrollfahrten, die früher im Winter fast alltäglich waren, auf ein Minimum zu beschränken.

Weniger Salz freut die Umwelt

Neben neuer IT braucht es aber auch die passende Hardware – und hier ist in Basel ebenfalls eine Neuerung im Gang. Seit letztem Winter testet die Stadtreinigung als Auftaumittel sogenannte Sole, eine 22-prozentige Salzlösung. Anders als festes Salz lässt sich die Flüssigkeit präziser und feiner dosieren.

Während für Strassen und Trottoirs neben den 34 konventionellen Salzstreuern vier spezielle Tankfahrzeuge in Betrieb sind, experimentiert Schärs 219-köpfige Winterdienstcrew bei nicht befahrbaren Gehwegen und Treppen mit Handpumpen. Die trägt der Mitarbeiter in einem 15 Liter Sole fassenden Tankrucksack auf dem Rücken, der für 500 Quadratmeter Fläche reicht. Der tiefere Salzverbrauch spart Kosten, zudem wird weniger Salz in Rabatten geschwemmt, was Bäume, Sträucher und Hundepfoten freut.

Prävention reduziert den Stress

«Schnee fällt am Rheinknie zwar selten, aber Reifglätte und Glatteis gibt es auch bei uns – das sind ideale Bedingungen für Sole», erklärt Schär. Besonders wirksam ist das neue Taumittel in Kombination mit der verbesserten Wetterprognose: Zeigt die Vorhersage, dass sich am frühen Morgen Glatteis bilden könnte, fährt die Stadtreinigung die gefährdete Strecke bereits am späten Abend ab und überzieht die Fahrbahn mit einem feinen Solefilm. Damit wird die Eisbildung wirksam verhindert, und zwar zu einem Zeitpunkt, wo die Strassen noch nicht vom Morgenverkehr verstopft sind.

Dieser präventive Winterdienst kommt somit nicht nur den Pendlern zugute, die nicht mehr genervt hinter den orangen Fahrzeugen der Stadtreinigung herschleichen müssen. Die neue Strategie ermöglicht es auch der Belegschaft, ihren Einsatzplan in der normalen Arbeitszeit abzufahren – und die Nacht anschliessend im warmen Bett statt auf der Strasse zu verbringen.

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