Die Uni Basel will sich in Zukunft stärker über Geld von Stiftungen und Firmen finanzieren. Ob das gut geht? Der Umgang mit den Geldgebern sorgt für Fragen und Unstimmigkeiten.
Die Forschung kostet immer mehr Geld. Besonders kostspielig ist sie in Vorzeigedisziplinen wie den Life Sciences. Während die Finanzierung durch Bund und Kantone vielerorts stagniert, richten in zunehmendem Masse Stiftungen und andere private Organisationen ihren Fokus auf die Hochschulförderung.
So war die Freude an der Universität Basel gross, als Interpharma, der Verband der forschenden pharmazeutischen Unternehmen der Schweiz, vor drei Jahren eine Professur für Gesundheitsökonomie spendierte. Die Universität ist auch rückblickend äusserst zufrieden. Man habe «ausgezeichnete Erfahrungen» mit Interpharma gemacht, sagt Uni-Rektor Antonio Loprieno. Dank der Partnerschaft habe sich die Hochschule in einem wissenschaftlichen Bereich an der Schnittstelle von Wirtschaft und universitärer Forschung positionieren können.
Bei Thomas Cueni, dem Geschäftsleiter von Interpharma, klingt es ganz anders. Seitens der Fakultät sei das Interesse gross, und man arbeite professionell. «Die Zusammenarbeit mit der Universität empfanden wir jedoch als eher amateurhaft, zögerlich und unprofessionell.» Rückblickend, sagt Cueni, sei er nicht sicher, ob er seinem Vorstand noch einmal zu einem Sponsoring raten würde.
Uni verhinderte Offenlegung
Die Unstimmigkeiten begannen bereits zu Beginn. Interpharma habe Transparenz schaffen wollen, sagt Cueni. Details wie die jährliche Höhe des Sponsorings und die voraussichtliche Dauer der Partnerschaft wollte er publik machen. Die Universität habe sich dagegen gewehrt. So blieben die zentralen Details des Vertrages der Öffentlichkeit bisher verborgen. Offenbar hatte Cueni genug von diesem Versteckspiel und machte die Zahlen einfach öffentlich. Demnach finanziert Interpharma die Professur mit jährlich einer halben Million Franken.
Für Cueni ist die Diskussion um die Offenlegung des gemeinsamen Vertrages ein typisches Beispiel. Oftmals hätten die Universitäten mehr Mühe mit Transparenz als die Sponsoren. Er spricht von einem Zweiklassensystem: Auf der einen Seite sind die grossen, international renommierten Hochschulen wie die ETH Zürich, die ETH Lausanne und die Uni Zürich, welche das Sponsoring professionell und mit klaren Spielregeln betreiben. Auf der andern Seite bestehe eine konservative Grundhaltung, die Cueni als «Berner Haltung» bezeichnet, welche die Hochschule frei von jeglichen Einflüssen von aussen halten möchte.
Auf die Frage, weshalb sich die Universität gegen eine Offenlegung der Vereinbarung mit Interpharma gewehrt hat, antwortet Rektor Loprieno ausweichend: Eine private Zuwendung betreffe gewissermassen nur die zwei Partner, die Vertraulichkeit bringe zudem die besondere Form der Zuneigung zum Ausdruck.
Es gibt Optimierungsbedarf
Über den Umgang mit privaten Geldgebern scheint bei der Universität wenig Klarheit zu herrschen. Ein entsprechendes Reglement fehlt gänzlich. Die Liste aller privaten Geldgeber hält die Universität unter Verschluss. Beat Münch, bei der Universität zuständig für Sponsoren und Stiftungen, spricht vorsichtig davon, dass die Prozesse noch optimiert werden können.
Dabei mangelt es nicht nur an einem Reglement. Es fehlt an der Uni auch eine klare Definition von Sponsoren und Stiftungen. «Die Grenzen sind fliessend», sagt Münch, eine Unterscheidung ist somit schwierig. In der Regel erwarte ein Sponsor für sein Geld eine Gegenleistung, während eine Stiftung darauf verzichte.
Die Grenzen zwischen Sponsoren und Stiftungen sind fliessend.
Wie verhält es sich beispielsweise bei der Credit Suisse Foundation, die an der Universität Basel jährlich den «Credit Suisse Award for Best Teaching» vergibt? Das sei eben ein typischer Grenzfall, sagt Münch. Die Credit Suisse verlange einzig eine namentliche Nennung. Statt von Sponsoren und Stiftungen spricht er lieber von «gestifteten Mitteln».
Der Anteil der privaten Mittel am Gesamtertrag wirft indes Fragen auf: Münch gibt die Finanzierung durch private Mittel mit knapp fünf Prozent an. Das Bundesamt für Statistik beziffert den Anteil privater Mittel mit knapp 16 Prozent. Auf die Differenz hingewiesen, erklärt Münch nach Abklärungen, die Basis für diese Zahlen sei beim Bund eine andere als bei der Universität.
Sponsoring soll zunehmen
Die zunehmende Finanzierung von Hochschulen durch Dritte ist ein internationaler Trend. Wie der Schweizer Stiftungsreport zeigt, nimmt der Anteil an Stiftungen mit Fokus auf der Hochschulförderung auch hierzulande seit Jahren stetig zu.
Neben den traditionellen Stiftungen gehören immer wie mehr Unternehmenseinrichtungen zu den Geldgebern. Sie heissen «Roche Research Foundation», «Escom Science Foun-dation», «UBS Foundation of Economics in Society» oder «Syngenta Research Foundation». An der Universität Basel finanzieren private Geldgeber eine ganze Reihe von Professuren. Auch Doktorierende, Forschungsprogramme und Institutspreise werden durch Sponsoren und Stiftungen finanziert.
In den nächsten Jahren will die Hochschulleitung den Anteil aus privaten Mitteln weiter erhöhen. Rektor Antonio Loprieno zeigt keinerlei Berührungsängste zu privaten Geldgebern. Angesichts der steigenden Kosten der Wissenschaft, so meint der Rektor, werden andere Formen der Finanzierung unumgänglich. «Wir als Universität müssen einerseits die Interessen der Stiftungen berücksichtigen, andererseits alle Akteure in der Gesellschaft überzeugen, dass die akademische Unabhängigkeit der Universität ein unverhandelbares Anliegen bleibt und bleiben wird.»
Studenten fordern die Offenlegung aller Veträge.
In der Schweizer Wissenschaftsszene ist seit Monaten eine Debatte über die Unabhängigkeit der Universitäten im Gange. Ausgelöst durch das 100-Millionen-Sponsoring einer UBS-Stiftung für die Unversität Zürich, schlossen sich rund 30 führende Professoren zum «Zürcher Appell» zusammen. In Zeitungsinseraten forderten sie die finanzielle Unabhängigkeit der Universitäten und sorgten sich um die Einflussnahme durch die Privatwirtschaft.
Auch der Basler Studierendenrat unterstützt den «Zürcher Appell». Die Studierendenorganisation Skuba forderte in einer Medienmitteilung die Offenlegung aller Verträge mit Dritten. Weiter schreiben die Studierenden, sie seien nicht einverstanden damit, dass Probleme der öffentlichen Finanzierung mit privaten Geldern angegangen würden.
Uni-Rektor Loprieno teilt die Skepsis von Professoren und Studierenden nicht. «Ich denke, dass es prinzipiell keinen qualitativen Unterschied zwischen verschiedenen universitären Finanzierungsquellen gibt.»
Am Basler Stiftungstag vom 15. August wird Loprieno seine Sicht der Dinge im Rahmen einer Rede ein weiteres Mal der Öffentlichkeit präsentieren. Für die Zukunft kann sich der Rektor verschiedene Formen von Partnerschaften vorstellen. Einmal eine Einrichtung nach dem Geldgeber zu benennen, sei dabei nicht ausgeschlossen. Wie mit dieser wachsenden Zahl von Geldgebern umzugehen ist, stellt nicht nur die Universität Basel vor Herausforderungen.
Aus diesem Grund hat sich auch die Schweizer Akademie der Wissenschaften des Themas angenommen. Zurzeit werden dort Richtlinien erarbeitet, an die sich die Hochschulen halten können. Es bestehe Handlungsbedarf, sagt der Öffentlichkeitsverantwortliche Marcel Falk. Man prüfe zurzeit, ob es Empfehlungen brauche. «Die Verunsicherung, wie mit dem Thema umgegangen werden soll, ist gross.»
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 09.08.13