Zunächst war TagesWoche-Leser T.* verblüfft, als er neulich auf seinem Smartphone folgende WhatsApp-Nachricht aufpoppen sah:
«Hallo, kennst du jmd., der eine neue Herausforderung sucht und in der Sozialhilfe BS arbeiten möchte? Oder bist du gar selber am Suchen? Bei mir im Team ist eine Stelle frei. Falls ja, bitte im Bewerbungsschreiben mich namentlich erwähnen. Gibt Prämie für mich und ein Dankeschön von mir. Gerne gebe ich auch Auskunft. LG»
Die Nachricht schloss mit einem Victory-Zeichen. Sie stammte von einem entfernten Bekannten. Was darin zu lesen war, verärgerte Leser T.: «Da kontrolliert die Sozialhilfe ihre Empfänger mit allen Mitteln, damit auch ja niemand zu viel bekommt, und gleichzeitig verteilt man intern solche Prämien. Das ist doch merkwürdig», findet er. Das seien immerhin Steuergelder, und die könne man in der Sozialhilfe bestimmt besser ausgeben.
Prämie sei «verhältnismässig»
T. geht davon aus, dass er bei Weitem nicht der Einzige gewesen ist, der diese WhatsApp-Nachricht erhalten hat. Sie sei wohl als Massensendung an verschiedene Empfänger abgeschickt worden. Darum fragte er sich: Welcher Vorgesetzter versendet bloss solche Nachrichten? Was für ein Bild entsteht dadurch von einem Amt? Ist die Sozialhilfe dermassen unterbesetzt und unattraktiv als Arbeitgeber, dass sie auf solche Rekrutierungsmethoden zurückgreifen muss?
Die Prämie betrage 1000 Franken, schreibt Amtsleiter Rudolf Illes auf Anfrage. Diese erhielten erfolgreiche Vermittler schon seit Längerem, einen entsprechenden Entscheid habe die Geschäftsleitung 2015 gefällt. Die Auszahlung der Prämie sei an die Bedingung geknüpft, dass die vermittelte Person nach sechs Monaten immer noch für die Sozialhilfe arbeitet und einen unbefristeten Arbeitsvertrag unterschrieben hat. Im laufenden Jahr sei es bisher zu keiner Zahlung gekommen.
Illes sieht kein Problem darin, dass die Personalsuche auch via WhatsApp erfolgt. «Im Zeitalter von Social Media und Messenger-Diensten kann das nicht ausgeschlossen werden», findet er. Und dass bei einer erfolgreichen Vermittlung 1000 Franken ausbezahlt werden, hält er für «verhältnismässig» – auch in einem Amt wie der Sozialhilfe. «Nicht nur die Sozialhilfe Basel, sondern die meisten Sozialdienste bekunden seit Jahren Mühe, erfahrene Sozialarbeitende zu rekrutieren», argumentiert Illes. «Die Arbeit in der gesetzlichen Sozialarbeit gehört nicht zu den bevorzugten Tätigkeitsfeldern von Sozialarbeitern.»
Eine «oftmals unbefriedigende» Arbeit
Das bestätigt die stellvertretende Amtsleiterin Jacqueline Lätsch. Dass die Basler Sozialhilfe für Sozialarbeitende nun nicht gerade eine attraktive Arbeitgeberin ist, liegt ihr zufolge vor allem am «Pflichtkontext», in dem sich Klient und Sozialarbeiter gegenüberstehen: «Unsere Sozialarbeitenden müssen auch mit Klientinnen und Klienten arbeiten, die eigentlich dazu nicht oder nur bedingt bereit sind.»
Diese würden eben nicht freiwillig Hilfe suchen, sondern aufgrund existenzieller Not. Und sie müssten sich den gegebenen Vorgaben beugen. Auf der anderen Seite schreckt wohl auch der hohe Anteil an administrativem Aufwand, der für die Kontrolltätigkeit notwendig ist, Sozialarbeitende von einer Stelle beim Amt ab.
Unterm Strich sei die Arbeit bei der Sozialhilfe gemäss Lätsch «sehr anspruchsvoll und oftmals auch unbefriedigend». Dies vor allem dann, wenn die Klientin oder der Klient weiterhin finanziell abhängig bleibe und keine Verbesserung des Zustands erreicht werden könne.
Laut Lätsch sind aktuell zwölf Stellen in der Sozialhilfe Basel-Stadt vakant. Insgesamt seien dort rund 350 Personen angestellt.
Leser T. versteht die Begründung der Amtsleitung. «Mit Randständigen zu arbeiten, ist nicht einfach, auch ist das Ansehen oft nicht hoch. Es ist dennoch schade, dass sich für diese Arbeit so schwer Personal finden lässt.» Die WhatsApp-Nachricht sei aber nicht der richtige Weg, findet T. Auf jeden Fall nicht so, wie sie geschrieben war: «Die Betonung der Prämie stösst mir sauer auf. Es sind und bleiben Steuergelder.»
* Name der Redaktion bekannt.