Warum offensichtliche Fälschungen manchmal doch besser sind als das Original.
Gemeinhin werden Originale als besser angesehen als Fälschungen, und wenn man mit Blüten, unechten Markensonnenbrillen oder vorgetäuschten Gefühlen erwischt wird, dann gibt es Ärger und Enttäuschungen. Dieses Prinzip gilt aber nicht immer. Manchmal ist eine Kopie oder Interpretation besser als das Original.
Das heisst aber nicht, dass es dann weniger Ärger gibt. Selbst wenn das Ergebnis gefällt, kann es grossen Aufruhr geben: Coverversionen von Songs zum Beispiel erfreuen oft mindestens genauso viele Zuhörer wie die Originale, man denke nur an die Toten Hosen und Heino, dennoch wurden die Erfinder der Lieder ziemlich sauer – verständlicherweise.
Bei Pelz verhält es sich ähnlich. Sein erster Träger hat ihn nicht freiwillig hergegeben, und der nächste kann ihn deshalb auch nicht unbehelligt tragen. Auch falsches Fell kann vor Diskussionen nur bedingt schützen, denn wenn es zu gut nachgemacht wurde, kann man es vom Original nicht mehr unterscheiden.
Wer weise ist, greift deshalb zu einer offensichtlichen Fälschung, um seine wilde Seite zu betonen, in diesem Fall wäre dies «Animalprint». Mittels Druck gefahrlos die Wirklichkeit nachzubilden hat schliesslich eine lange Tradition, sei es mit Fotos oder mit Worten. Manchmal, je nach Branche sogar sehr oft, sehen solche Produkte dann sogar besser aus als die Wirklichkeit, schliesslich kann man das eine oder andere Schöne hinzudichten und Störendes einfach wegretuschieren.
Ein grüner Tiger, ein glitzernder Leopard? Kein Problem. Und es gibt wohl kein Tier, das ob eines Pelz-Plagiats eine Klage einreichen würde.
Grauer Leopard, zum Beispiel als Bluse, 39 Franken, bei C & A, Freie Strasse 56, Basel; www.cunda.ch
Artikelgeschichte
Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 08.11.13