Ein anständiges Völkchen

Sie kommen rein, singen – und verschwinden wieder. Im Cliquenkeller Fèèchtibutze aber, wo die TagesWoche ihr Filmstudio hatte, war es anders: Sie kamen – und blieben ein Weilchen, die Schnitzelbänggler. Und siehe da: Unter der Larve steckt viel Charme.

Ein Fünftel aller Schnitzelbängge folgte dem Aufruf der TagesWoche und kam ins Film-Studio ans Gerbergässlein – so auch der Bangg «Schlyffstai». (Bild: Alexander Preobrajenski)

Sie kommen rein, singen – und verschwinden wieder. Normalerweise. Im Cliquenkeller Fèèchtibutze aber, wo die TagesWoche ihr Filmstudio hatte, war es anders: Sie kamen – und blieben, die Schnitzelbänggler. Und siehe da: Unter der Larve steckt viel Charme.

Das Chambre Séparée liegt im zweiten Stock eines engen Altstadthauses im Gerbergässlein. Im Parterre befindet sich der Cliquenkeller «Fèèchtibutze». Die Gäste der ersten beiden Fasnachtsabende wussten nicht, was sich oben abspielt, während sie unten einen «Waggis» tranken. Doch sie werden es erfahren – in diesem Text und später per Videoclips, ebenfalls auf dieser Seite.

Eigentlich ist es rasch erzählt: Die TagesWoche rief kurz vor der Fasnacht alle Schnitzelbänggler auf, am Montag- und Dienstagabend ins TagesWoche-Studio zu kommen und sich filmen zu lassen. Die Idee: Die Verse werden im Internet verewigt und können jederzeit abgerufen werden – auch im Hochsommer, wenn einem plötzlich eine Fasnachtssehnsucht überfällt. Oder unter dem Weihnachtsbaum, wenn die «Stille Nacht» zu nerven beginnt. Nun gut.

Aus dem Nähkästchen

Der TagesWoche war natürlich bewusst, dass die Schnitzelbänggler ein enges Programm haben, teilweise sogar im Stress sind, ob all den Beizen, die sie abklappern müssen. Entsprechend war davon auszugehen, dass nicht alle hundert Schnitzelbangg-Gruppen im Studio erscheinen werden. Wieviele es tatsächlich sein werden, war allerdings nicht abzusehen. Zur Freude aller Beteiligten kam am Ende gut ein Fünftel aller Bängge ins enge Studio und liess sich von Filmer Martin Schaffner aufnehmen.

Das Resultat sehen Sie zum Teil jetzt schon (Stand: Mittwoch Mittag) auf dieser Seite, die restlichen Clips werden Anfang Nachmittag und am frühen Abend Online gestellt. Was sich aber hinter den Kulissen abspielte, gehört unter die Kategorie «ewiges Geheimnis». Da an der Fasnacht aber viel erlaubt ist, was sonst verpönt ist (etwa, alle zu duzen und Fremde zu küssen), erlauben wir uns ausnahmsweise, aus dem Nähkästchen zu schreiben – und zu sagen, wie es wirklich ist, wenn die Bänggler los sind.

Selbstkritischer SVPler

Vorweg sei verraten: Schnitzelbänggler sind ein durch und durch anständiges Völkchen. In ihren Versen können sie zwar knallhart sein, sobald sie aber die Larve ablegen, sind sie – nun ja, fast schon charmant. Aber nicht, dass Sie jetzt denken, Schnitzelbänggler seien alle gleich. Um Gottes Willen, nein! Es ist eine Gruppe, die heterogener nicht sein könnte: Alle Altersklassen, alle Bildungsschichten, Männlein und Weiblein. Und sogar Politiker, was wiederum sehr überraschend sein kann für den Ahnungslosen.

Da gab es zum Beispiel eine Gruppe, die erst seit zwei Jahren unterwegs ist. Die widmete – wie viele andere auch – einen Vers der SVP. Und das nicht gerade auf schmeichlerische Art. Da Selbstkritik eine seltene Tugend darstellt, erwartet der Ahnungslose unter den Larven eines solchen Banggs alles – ausser einen SVPler. Aber: Weit gefehlt! Da nahm einer der drei Herren nach dem Auftritt die Larve ab und entpuppte sich als waschechten SVPler, als Aktiver, sozusagen. Jetzt ist es aber so, dass man keine Namen verraten darf, da die Fasnacht von der Anonymität lebt, darum nur soviel: Der Mann heisst gleich wie die Autorin dieses Textes.

Kelly-Family-Feeling

Ein Schnitzelbänggler darf vieles sein oder nicht sein, eines aber darf er nicht: «Uff d’Schnurre keit si». Was wiederum nicht heissen muss, dass einer, der auf der Bühne wild um sich schlägt, auch ohne Larve ein Ungebändigter sein muss. Auch dann nicht, wenn die Gruppe «D Rambasse» heisst und ihrem Namen alle Ehre macht und aus dem städtischen Umland stammt. Eben diese Rambasse nämlich sind das perfekte Beispiel dafür, dass sich unter den Bänggler-Larven sehr Charmantes verbergen kann.

Zum Schluss noch zum Nachwuchs: Wer meint, Schnitzelbänggler seien vorwiegend ältere Zeitgenossen, der irrt. Da gibt es Gruppen, bei denen Kinder zum festen Bestandteil gehören. Im engen TagesWoche-Studio hatten etwa «D Schwarzmooler» kaum Platz und ob der Grossfamilie entstand ein kleines Kelly-Family-Feeling – doch eins ist seit diesem Auftritt garantiert: Schnitzelbängge werden so schnell nicht aussterben, sofern die Kleinen auch als Grosse noch Freude am Verseschreiben haben.

Fantasie braucht es ja nur beim Texten, denn das Schöne an den Schnitzelbänggen ist: Die Themen, die liegen auf der Strasse. Zum Teil sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Aber sehen Sie selber.

 

 

Quellen

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