Ein bisschen Liebe auf den zweiten Blick

Mit seinem Buch «Basel» führt der Schriftsteller Alain Claude Sulzer seine Leser auf einen entspannten und anregenden Rundgang durch die Stadt, die er trotz Anflügen an skeptischer Distanziertheit auf liebevolle und originelle Weise beschreibt.

Alain Claude Sulzer wirft einen liebevoll-distanzierten Blick auf «seine» Stadt Basel. (Bild: Julia Baier)

«Basel» von Alain Claude Sulzer ist eine sehr persönliche und wohltuend unsentimentale Sympathiekundgebung an die Stadt, die er nach längeren Auslandaufenthalten neu kennen- und schätzen gelernt hat. 128 Seiten, durch die man sich viel zu rasch durchgelesen hat.

«Liebe ich Basel?», fragt sich Alain Claude Sulzer im Titel des zweitletzten Kapitels des Buchs, das er über die Stadt geschrieben hat, die seine war als Jugendlicher und in die er Jahre später nach längeren Aufenthalten im Ausland zurückgekehrt ist. Ein klares Ja oder Nein bekommt man nicht als Antwort. Eher ein die skeptische Distanz durchdringendes «letztlich eigentlich schon noch irgendwie». Die Stadt sei hin und wieder auch für Überraschungen gut, schreibt Sulzer. «Dann staune ich über meine Vorurteile und freue mich darüber, im Altbekannten Unbekanntes zu entdecken.»

«Im Altbekannten Unbekanntes zu entdecken» gibt es einiges in Sulzers Annäherung an Basel, die er für die Reihe von Städte- und Länderporträts des Verlags Hoffmann und Campe verfasst hat. Einem eleganten Tänzer gleich durchstreift der Autor von international erfolgreichen Romanen (zuletzt wusste er mit  «Aus den Fugen» zu überzeugen) die Stadt. Behände tänzelt er durch ein Themenspektrum, das Erwartbares, wie die Fasnacht, den «Daig», das Rheinschwimmen, die Pharmaindustrie, den FC Basel und dergleichen mehr enthält – die typischen Klischeebilder, die Sulzer aber auf eine erfrischend unprätentiöse Art zu sezieren weiss. Er führt uns Leserinnen und Leser aber auch an Orte und Begebenheiten, die einem nicht so unmittelbar in den Sinn kommen, wenn wir unser eigenes Basel-Bild zusammenstellen.

Annäherung von der Peripherie her

Sulzers Bild von Basel ist geprägt von seiner Biografie. Nach einer als unspektakulär beschriebenen Kindheit in Riehen zog Sulzer als 19-Jähriger in die Stadt – «Die Stadt war das, wohin ich wollte» –, die er wenige Jahre später wieder verliess. Nicht ganz, denn mit einem Bauernhaus im Elsass blieb eine Art Zufluchtsort, der ihn die ganzen Jahre bis zu seiner Rückkehr stets eine Art Verbindung zu Basel aufrecht erhalten liess. Diese Umstände erlauben es dem Autor, einen Blick auf die Stadt zu werfen, der durch die Wahrung einer gewissen Distanz nicht durch eine allzu emotionale Bildung getrübt wird. «Genau wie ich hat sich natürlich auch Basel verändert, mein Blick auf die Stadt, ihr Blick auf mich. Ich könnte sie noch einmal besichtigen.»

Sulzers «Basel» ist in den Kapiteln am stärksten, die er aus einer ganz persönlichen Sicht heraus schreibt. Zum Beispiel seine Ausführungen über das Elsass, genauer den Sundgau, den der Autor von seinem Zweitwohnsitz (oder ist es vielleicht doch eher der Erstwohnsitz?) in Vieux-Ferrrette aus mit kritischer Hingabe trefflich zu beschreiben weiss (und dies in dieser Zeitung auch schon getan hat). Oder aber auf seinem Spaziergang durch den östlichen Teil der Kleinbasler Altstadt, wo sich Sulzers Stadtwohnung befindet – eine Gegend, die nach seinen Worten «noch immer einen zweifelhaften Ruf geniesst, der eher auf langlebigen Vorurteilen als auf der Realität beruht». Dieses ebenso liebevoll wie präzise und detailreich gezeichnete Kapitel sollte zur Pflichtlektüre für all jene erklärt werden, die noch immer stur an den «langlebigen Vorurteilen» festhalten.

Elegante und leichtfüssige Sprache

Wenig substanziell Neues ist zumindest für Menschen, die Basel etwas kennen, in den Kapiteln zu erfahren, in denen das typisch Baslerische angesprochen wird. Hier sind denn auch hin und wieder ein paar Ungenauigkeiten zu entdecken, hier kann man sich vielleicht über Auslassungen wundern – über die Kunststadt Basel verliert Sulzer kaum ein Wort – über die man, so elegant und leichtfüssig, wie sie beschrieben werden, gerne hinwegschaut. Sulzer, das ist eine der grossen Qualitäten des Basel-Buchs, ist ein Sprachkünstler, der ohne aufgesetzte Künstlichkeiten auskommt, der uns aber immer wieder mit originellen Wendungen und Übergängen überrascht. «Dieses Buch ist ein Leckerli!», schreibt der Verlag Hoffmann und Campe auf seiner Website. Solche trivialen Vergleiche findet man in Sulzers «Basel» zum Glück nicht.

«Basel»
Von Alain Claude Sulzer
Verlag Hoffmann und Campe, 128 Seiten, Fr. 26.50
Buchvernissage: Mittwoch, 20. März, 20 Uhr, Buchhandlung Thalia, Freie Strasse 36.

Nächster Artikel